8 Feiger Todesser

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  Während Malfoy aus der Klasse rannte, lachten viele Gryffindors und zeigten sogar auf ihn. Auch Harry lachte und Seamus rief, „Feiger Todesser!" „Hört auf!", hallte Professor Proudfoot's Stimme durch das Zimmer und die Schüler verstummten. „Übt weiter!" und dann wandte er sich Hermine zu. „Miss Granger, könnte ich Sie bitte kurz sprechen?" Hermine nickte und folgte ihm zum Lehrerpult nach vorne. „Können Sie mir erklären, warum Mr. Malfoy aus dem Zimmer gestürmt ist?" Fragend schaute er sie an. „Nein, ich hab keine Ahnung..", log Hermine und blickte Professor Proudfoot geradewegs in die Augen. Natürlich ahnte sie, dass Malfoy wieder von seinem schlechten Gewissen gepackt wurde, aber sie wollte nicht mit Professor Proudfoot darüber sprechen. „Gehen sie und üben sie doch abwechselnd mit Mister Potter und Miss Greengrass." Hermine nickte und gesellte sich zu ihnen. Die Stimmung war den ganzen Unterricht über angespannt, da die Slytherins grosse Defizite in der Verteidigung hatten, allerdings war sie bei weitem nicht mehr so feindselig, wie sie noch vor dem Krieg war.

Malfoy rannte unterdessen geradewegs in den fünften Sock zum Vertrauensschülerbad. Er rechnete damit, dass er dort eine Weile allein sein konnte. Er ging an der Statue von Boris dem Bekloppten vorbei und sagte zur grossen hölzernen Tür „Schaumbad" und die Tür schwang auf. Erleichtert dass niemand da war setzte er sich auf eine steinerne Bank am Rande des Schwimmbeckens und vergrub sein Gesicht in den Händen.
Immer wieder tauchte vor ihm Hermine auf, wie sie schreiend und zappelnd vor Schmerz auf dem Boden vor ihm lag. Er wünschte er könnte dieses Bild einfach aus seinem Gedächtnis löschen, doch seit jenem Tag begleitete es ihn ständig und jedes Mal wenn er sie ansah, schmerzte es ihn. Natürlich hatte er Hermine seit der ersten Klasse mit abwertendem Blick angesehen und sie des Öfteren als wertloses Schlammblut bezeichnet, aber seit der Krieg vorbei war, fragte er sich immer wieder, warum er so viel Wert auf reines Blut gelegt hatte, denn wenn er darüber nachdachte, hatte er eigentlich nichts gegen Hermine oder gegen andere Muggelgeborene. Das war die Meinung seines Vaters, die er ihm von klein auf anerzogen hatte. Aber nun war sein Vater in Askaban und er durfte sich doch zu Recht eine eigene Meinung bilden oder nicht? Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, dann bewunderte er Hermine für ihre Intelligenz und auch ihr unglaubliches Talent für perfekt ausgeführte Zaubereien. Aber immer wenn er solche Gedanken hegte, kam ihm in den Sinn was sein Vater dazu sagen würde. Er hatte das Gefühl, dass der Hass auf Schlammblüter so tief in ihm verankert war, dass er daran zweifelte, sich je ganz davon befreien zu können. Er fühlte sich so wahnsinnig verwirrt. Wer war er? Was dachte er selbst, ohne die Erziehung seines Vaters zu berücksichtigen?
Er stand auf und ging zu einem Spiegel hinüber. Er betrachtete sich einen Moment lang und sah sich mit hängenden Schultern und verweinten Augen dastehen. So wollte er auf keinen Fall wieder aus dem Badezimmer rausgehen und eigentlich wollte er auch Zauberkunst am späteren Nachmittag nicht verpassen. Er entschied sich ein Bad zu nehmen. Er ging hinüber zu den Wasserhähnen des Beckens und drehte verschiedene auf. Dann zog er sich aus und stieg ins Becken. Er genoss wie das warme Wasser immer mehr von seinem Körper bedeckte und schloss die Augen. Als seiner Meinung nach genug Wasser im Becken war, nahm er seinen Zauberstab vom Beckenrand, zielte auf die Hähne und sprach „Finite." Das Wasser hörte augenblicklich auf aus den Hähnen zu schiessen. Dann tauchte er ab und genoss die Wärme des Wassers und zum ersten Mal seit er wieder in Hogwarts war, fühlte er sich wohl.

Die Gryffindors hatten nach Verteidigung gegen die dunklen Künste, den Rest des Tages frei, da nur die Slytherins und Neville Hausaufgaben bekommen hatten. Sie sollten den Protego Zauber üben. Harry und Hermine gingen zusammen in den Gemeinschaftsraum. Auf dem Weg fragte Harry was denn genau passiert sei, dass Malfoy einfach rausgerannt war. Hermine überlegte kurz wie viel sie ihm sagen wollte und erwiderte dann „Ich glaube, er brachte es nicht über sich seinen Zauberstab gegen mich zu erheben.." „Das hat ihm früher doch auch nichts ausgemacht, es geht hier um Malfoy, hast du das vergessen?" „Ich glaube er ist gar nicht so übel. Er hat doch nur getan zu was er gezwungen wurde.. Er tut mir ein bisschen leid, jetzt wo alle so fies zu ihm sind...". Harry sah sie irritiert an und meinte „Sag mir jetzt bloss nicht, dass du echtes Mitleid mit dem hast. Es ist Malfoy!
Gerade DU solltest nach all den Jahren in denen er dich wie Dreck behandelt hat, genug über ihn wissen und ich denke dass es nur fair ist, dass er auch mal spürt wie es ist, wenn man von allen schikaniert wird!" „Alraune.", sagte Hermine und die fette Dame öffnete dein Eingang zum Gemeinschaftsraum. Insgeheim hatte auch Harry etwas Mitleid mit Malfoy, das würde er jedoch niemals zugeben.

Hermine verbrachte den Nachmittag in der Bibliothek und repetierte den Stoff des heutigen Tages.
Nach einiger Zeit fühlte sie sich beobachtet. Sie blickte hoch und sah sich um und dann entdeckte sie Malfoys blasses Gesicht hinter einem Bücherregal. Sie schauten sich kurz an, dann machte er kehrt und verliess schnellen Schrittes die Bibliothek. Als er sich davonmachte dachte er „Sie haben Recht! Ich bin ein feiger Todesser!" Hermine blieb sitzen und fragte sich, was das sollte. Dann warf sie einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es schon bald Zeit fürs Abendessen war. Sie packte ihre Bücher zusammen, stopfte sie in ihre Tasche und brachte sie schnell hoch in den Gemeinschaftsraum.
Dann ging sie mit Harry und Ginny zum Abendessen in die grosse Halle.

Am Gryffindortisch angekommen hielt Hermine sofort Ausschau nach Malfoy. Sie hatte das Gefühl, dass er vorhin nicht zufällig in der Bibliothek war. Dann kam auch er in die grosse Halle. Er sah sich nicht um, ging geradewegs zum Slytherintisch und setzte sich hin. Hermine fiel auf, dass er im Vergleich zum Morgen viel besser aussah. Er wirkte nicht mehr ganz so bleich und sein feines blondes Haar schien glänzender als noch am Morgen. Ginny sah Hermine vielsagend an und flüsterte „Harry hat mir erzählt, dass er heute aus dem Unterricht gerannt ist. Ich denke du hast Recht mit dem schlechten Gewissen." „Er war vorhin in der Bibliothek und hat mich beobachtet und als ich ihn angesehen habe, hat er sich weggedreht und ist gegangen. Meinst du, er wollte was von mir?" „Naja, wenn er nicht wegen dir da war, warum ist er dann gegangen, als du ihn angesehen hast?", beantwortete Ginny ihre Frage.
Während dem Essen fasste Hermine einen Entschluss. Sie würde Malfoy auf sein Verhalten ansprechen. Sie wusste nur noch nicht wie oder wann.

Nach dem Essen plauderten die Gryffindors gelassen im Gemeinschaftsraum, spielten Zauberschach oder lasen vertieft in Büchern.
Neville war noch nicht da. Er unternahm mit Luna einen Spaziergang auf den Ländereien. Es war schon fast dunkel, als sie sich wieder in Richtung Schloss bewegten. Die beiden genossen die gemeinsame Zeit, da diese sehr knapp war, weil sie aus verschieden Häusern kamen. Sie gingen händchenhaltend zusammen in den fünften Stock bis vor die Wendeltreppe, die zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum führte. Dort zog Neville Luna zu sich hin, fuhr mit den Fingern durch ihre langen, wildgelockten Haare und küsste sie. Luna erwiderte den Kuss und fuhr mit einer Hand über seine Brust. Sie mochte seinen leicht muskulösen Oberkörper. Dann wurden sie jäh aus ihrem Kuss zurück in die Realität geholt, als einige Ravenclaw Zweitklässler kichernd an ihnen vorbei zur Wendeltreppe gingen. „Gute Nacht.", flüsterte Luna in sein Ohr. „Träum schön." flüsterte Neville zurück und strich ihr eine lange Strähne blonden Haares aus dem Gesicht und steckte sie hinter ihrem Ohr fest. Luna drehte sich um und ging die Wendeltreppe hoch. Ziemlich erregt und sein Glück kaum fassend machte sich Neville auf den Weg zu seinem Gemeinschaftsraum.
Als er rein kam, wurde er sofort von Harry und Seamus abgeklatscht, die seinem Grinsen nach den Schluss zogen, dass er einen schönen Abend gehabt haben musste. Sie sassen alle noch eine Weile zusammen und plauderten während sich der Gemeinschaftsraum nach und nach leerte. Irgendwann, ziemlich spät, gingen sie dann auch in ihre Betten.  

Die Rückkehr nach dem KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt