Am nächsten Morgen hatte Hermine zwei Freistunden, da sie das Fach Wahrsagen bereits in der dritten Klasse sausen liess. Als sie in der grossen Halle zum Frühstück erschien, suchte sie etwas verlegen nach Malfoys Blick. Sie wusste, dass sein Protego-Zauber immer noch nicht richtig sass. Als sie seinen Blick auffing, sah sie ganz kurz fragend in Richtung Ausgang und er nickte fast unmerklich.
Er war vor ihr fertig mit dem Frühstück und verliess die grosse Halle. Ihr Blick folgte ihm und sie freute sich innerlich schon darauf ihm zu folgen.
Kurze Zeit später trafen sie sich im erneut im Schulsprecherbüro. Auch heute war sein Schild, wenn er überhaupt erschien, ziemlich klein und schwächlich. Nach einiger Zeit entdeckte Hermine woran das liegen könnte, ging ohne viel federlesen zu ihm hinüber und zog ihn an den Schultern mit leichtem Druck etwas nach hinten. „Du beugst dich zu weit nach vorne.", erklärte sie schnell ihr Eingreifen, da er sie mit klopfenden Herzen erschrocken anstarrte. Er hatte beinahe Angst, dass sie sein Herzklopfen hören konnte, weil es ihm so laut vorkam. Hermine ging es allerdings nicht anders, auch sie war äusserst nervös. Sie war so nervös, dass ihre Hände auf seinen Schultern leicht zitterten, was Malfoy natürlich spürten konnte. Mit dem Wissen, dass er sie nervös machte, kam auch sein Selbstvertrauen augenblicklich zurück.
Immer noch mit Hermines bebenden Händen auf seinen Schultern erhob er den Zauberstab und sprach laut „Protego" und es gelang ihm ein starker, grosser Schild. Hermine freute sich so sehr, dass sie ihn um ihn herumwirbelte und ihm um den Hals fiel. Sie liess ihn jedoch sofort wieder los, weil er erschrocken zurückwich. Darauf war er überhaupt nicht gefasst gewesen.
Erschrocken über sich selbst packte sie schnell ihre Sachen zusammen und nuschelte mit errötetem Gesicht „Ich muss los, hab gleich Zauberkunst.", dann verliess sie den Raum und liess Malfoy einfach stehen.
„Idiot!", schimpfte er sich selbst. Hätte er doch nur was gesagt und sie nicht nur stumm, wie ein Fisch angestarrt! Er hatte nichts gegen die Umarmung, er war nur nicht darauf gefasst gewesen. Vor allem erschrak er jedes Mal, wenn sie ihn berührte, über sich selbst. Er genoss es, wenn sie sich berührten, und hatte jedes Mal dieses schreckliche, anerzogene schlechte Gewissen, weil er es nicht geniessen durfte von jemandem wie ihr angefasst zu werden. Das war zumindest das, was er sein ganzes Leben lang eingebläut bekommen hatte. Er wollte nicht mehr so denken, aber er konnte nicht verhindern, dass sich solche Gedanken in seinen Kopf einschlichen.
Er versuchte sich wieder zu konzentrieren und übte einfach weiter und langsam hatte er den Dreh raus. Er erschien nicht einmal zum Mittagessen, da er vor lauter Konzentration nicht hungrig war.
Hermine fiel natürlich auf, dass Malfoy nicht zum Essen erschienen war und zu gerne hätte sie ihm etwas zu Essen vorbei gebracht, jedoch fiel ihr keine Ausrede für Harry ein, also liess sie es bleiben.
Am Nachmittag hatten sie dann Verteidigung gegen die dunklen Künste und Hermine freute sich besonders darauf, was ihren Mitschülern ein Rätsel war, denn immer noch galten die Slytherins nicht als Lieblinge der Gryffindors. „Bildet bitte wieder die gleichen Paare wie beim letzten Mal und wiederholt die Übung. Ich gehe von Paar zu Paar und gebe dann weitere Anweisungen", kaum hatte Professor Proudfoot geendet war der Raum erfüllt von lautem Stühlerücken.
Hermine und Malfoy standen sich gegenüber und sahen sich direkt in die Augen. Hermine dachte wieder daran wie ungewöhnlich die seinen waren, als es ihr den Zauberstab aus der Hand riss. Entsetzt blickte sie ihn an. Mit einem Lachen rief er ihr zu „Bist du jetzt wieder hier oder träumst du immer noch?" Es war ihr ein bisschen peinlich, da sie nicht einmal mitbekommen hatte, dass er den Zauberspruch aussprach, so versunken war sie in seinen Anblick.
Sie begannen mit der Übung und zu Hermines Freude, beherrschte er den Protego-Zauber nun ziemlich gut. Abwechslungsweise versuchten sie sich zu entwaffnen und mit dem Schildzauber zu schützen, was ihnen ohne weiteres gut gelang. Die Übung machte ihnen richtig viel Spass. Sie vergassen sogar den Rest der Klasse um sich herum und bemerkten nicht einmal, wie sie immer wieder verwirrte und vor allem verachtende Blicke ernteten. Auch Harry entging nicht, wie sie sich gegenseitig anlächelten und wie viel Spass die Beiden hatten.
Als Professor Proudfoot bei jedem Paar vorbeigekommen war, erklärte er die Übung für beendet. „Das war wirklich gut, ihr habt geübt. Das sieht man. Nun denke ich, sollten wir uns weiter vor wagen und versuchen es mit dem Schockzauber und dem Rennervate, bis zum Ende des Unterrichts. Lest mir bis nächste Woche bitte im Buch „Praktische, Defensive Magie Band 4" das Kapitel über den Desillusionierungszaubers durch, da wir mit diesem Fortfahren werden."
Die Klasse zauberte noch etwa eine halbe Stunde wie wild herum, bis Professor Proudfoot den Unterricht für beendet erkläre.
Hermine suchte schon wieder nach Malfoys Blick, da sie nachher gerne noch mit ihm sprechen würde, als Harry sich vor sie stellte. „Möchtest du nachher wieder Hausaufgaben erledigen oder gönnst du dir mal ne Pause?", fragte er sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Ja ich hab noch ziemlich viel zu tun..", log Hermine. „Gut, dann komm ich mit. Ich hab auch noch einiges zu erledigen!", erwiderte Harry und so gingen sie zusammen in Richtung Bibliothek.
Auf dem Flur, vor dem Klassenzimmer blickte Hermine nochmal zurück, sah Malfoy an und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Er winkte ab und lächelte ganz kurz. Harry entging auch das nicht und er beschleunigte seine Schritte, als könne er davor weglaufen. „Warum so eilig?", stiess Hermine erstaunt hervor, während sie versuchte mit ihm Schritt zu halten. Harry wusste nicht, was er darauf antworten sollte, also schwieg er.
Eigentlich wollte er Hermine zur Rede stellen. Er hatte allerdings Panik beim Gedanken daran, was er vielleicht zu hören bekommen würde. Was wenn da etwas zwischen ihr und Malfoy lief? Das fragte er sich immer wieder. Aber eigentlich konnte das ja nicht sein, Malfoy hasste die Muggelgeborenen, das hatte er in der Vergangenheit auch mehr als deutlich gemacht und Hermine wusste das auch. Doch was wäre, wenn auch er sich durch den Krieg verändert hatte? Dann dachte er an Ron und wie sehr ihn das verletzen würde, wenn er wüsste, wie Hermine und Malfoy zurzeit miteinander umgingen. Harrys Kopf schien vor so vielen Gedanken fast überzulaufen.
Hermine war inzwischen schon vertieft in das Kapitel über Desillusionierungszauber, als Harry sich ein Herz fasste, sich zu ihr drehte und sich räusperte. „Ähm Hermine... Ich möchte dich gerne was fragen..", „Dann frag!", gab Hermine etwas genervt zurück, da sie schon ahnte was kommen würde. „Also mir ist aufgefallen, dass Malfoy und du ziemlich freundlich zu einander seid..." Eigentlich wollte er das Wort „vertraut" benutzen, brachte es allerdings nicht über sich, diesen Begriff in diesem Zusammenhang auszusprechen. „Also ich für meinen Teil finde es nicht schlimm, dass er mich nicht mehr als Schlammblut beschimpft, daher verstehe ich nicht, was dein Problem ist!" „Jaa schon, aber ihr seht euch ja auch die ganze Zeit über an.. Man könnte meinen, ihr wärt Freunde!" Damit lehnte sich Harry ganz schön weit aus dem Fenster und bekam auch gleich die Quittung dafür. „Bitte was?!", schrie Hermine schon fast. „Das glaubst du doch nur zu sehen, weil ich dir gesagt habe, dass es zwischen Ron und mir nicht mehr so gut läuft! Du hast sie doch nicht mehr alle!"
Madam Pince kam sofort wütend auf sie zu gerannt und schrie empört „Wenn ich um Ruhe bitten darf! Das hier ist eine Bibliothek, also benehmen sie sich gefälligst auch so Miss Granger!" „Tschuldigung", gab Hermine nun kleinlaut von sich, senkte ihren Blick wieder auf das Buch und las weiter, als wäre nichts gewesen. Harry kannte Hermine inzwischen jedoch gut genug um zu wissen, dass sie sich niemals so reinsteigern würde, wenn nichts dran wäre, daher war er jetzt erst Recht besorgt.
Hermine war eigentlich auch gar nicht mehr am Lesen. Ihre Gedanken kreisten um Malfoy und Ron. Sie fragte sich, ob sie die Nähe zu Malfoy auch dann zuliesse, wenn zwischen ihr und Ron alles in Ordnung wäre, doch sie konnte sich diese Frage nicht beantworten. Immer wieder ging ihr der Satz „Man könnte meinen, ihr wärt Freunde!" durch den Kopf und sie fragte sich, ob das denn so schlimm wäre. Sie kam zum Schluss, dass sie und Malfoy keine Freunde waren! Sie und Harry waren Freunde oder auch sie und Neville waren Freunde, jedoch wurde sie bei keinem von beiden nervös, wenn sie sich berührten oder ansahen. Diese Erkenntnis machte ihr nun doch ein wenig Angst.
Als Harry seine Aufgaben erledigt hatte und sie wieder hoch in den Gryffindorturm gingen, nahm er sich vor, Hermine nicht mehr aus den Augen zu lassen. Er wollte ihr keine Chance mehr geben, um sich mit Malfoy zu treffen.
Der Nächste Morgen verging wie im Flug und nachmittags hatten sie wieder Zaubertränke, wo sie wieder an ihrem Skele-Wachs weiterarbeiteten. Bisher war es Harry gut gelungen, immer ein Auge auf Hermine zu haben. Während der Stunde nahm Professor Slughorn Malfoy kurz zur Seite und besprach etwas mit ihm. Hermine spitzte die Ohren, um etwas von ihrem Gespräch mitzubekommen. Jedoch vergeblich. Es war einfach zu laut um sie herum. Sie konnte auch nicht erahnen worum es ging, da ihre Mienen unergründlich waren.
Auch heute blieb Harry Hermine den ganzen Tag auf den Fersen, was sie inzwischen durchschaut hatte und als ziemlich lästig empfand. Sie musste sich davonschleichen und sie wusste auch schon, wann der beste Zeitpunkt dafür war.
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Die Rückkehr nach dem Krieg
FanfictionWie geht es nach dem Krieg weiter? Es entstehen neue Paare, und alte Beziehungen festigen sich. Jeder hat neue Prioritäten und Ansichten und muss sich zurechtfinden in einer Welt die neu aufgebaut werden muss... Für die, die Hörbücher mögen...