Die kommenden zwei Wochen waren für Hermine und Malfoy äusserst schwer zu ertragen. Es schien fast, als würde die Zeit nur noch halb so schnell vergehen. Seit der Nacht die sie miteinander im Schulsprecherbüro verbracht hatten, sahen sie sich nur noch während des Unterrichts oder in der grossen Halle. Sie kommunizierten auch nur noch über die Galleonen miteinander, da diese jedoch ziemlich klein waren, schickten sie sich nur ab und zu kurze Nachrichten. Auch Harry entging Hermines bedrückte Art nicht, allerdings ignorierte sie seine Frage danach, was mit ihr los sei konsequent. Harry hatte ausserdem festgestellt, dass sie sich nicht mehr mit Malfoy zu treffen schien und freute sich insgeheim darüber. Offensichtlich war sie wieder zur Vernunft gekommen. Allerdings blockte sie ihn auch immer ab, wenn er sie nach Malfoy fragte, so liess er auch das irgendwann bleiben.
Auch Malfoy erging es nicht viel besser. Pansy liess ihn nicht mehr aus den Augen und sie verloren kein Wort mehr über den Vorfall im Gemeinschaftsraum. Da Pansy zufrieden feststellte, dass Malfoy sich nicht mehr mit Hermine traf suchte sie wieder die Nähe zu ihm und verhielt sich ausgesprochen freundlich. Sie dachte natürlich, dass sie ihn zur Vernunft gebracht hätte. Allerdings war die Frage, ob er mit Hermine geschlafen hatte oder nicht, für sie immer noch offen.
Als sie eines Abends zusammen an einem Tisch über ihren Aufsätzen für Geschichte sassen, sah Pansy ihn an und fragte mit ihrer liebenswertesten Stimme „Draco? Ich wollte wissen, ob wir zwei vielleicht zusammen nach Hogsmeade gehen diesen Samstag?" Sie sah ihn mit sanftem Ausdruck in den Augen an. Er überlegte kurz und da er nicht wusste mit wem er sonst gehen sollte nickte er und antwortete „Ja, ich muss sowieso zu Schreiberlings." Pansy lächelte und wandte sich wieder ihrem Aufsatz zu.
Am Samstagmorgen war Hermine bereits vor Sonnenaufgang fertig geduscht und angezogen im Gemeinschaftsraum. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, da sie kaum geschlafen hatte. Sie lag fast die ganze Nacht wach in ihrem Bett und wälzte sich hin und her, aus Angst vor dem kommenden Tag, da sie Ron treffen würde und dann ihre Beziehung mit ihm beenden wollte. Das Problem dabei war, ihn nicht so zu verletzen, dass ihre Freundschaft in die Brüche ging, denn sie wollte ihn als Freund unter keinen Umständen verlieren. In ein paar Stunden würde sie mit Filch und Malfoy die Schülerlisten für den Hogsmeade-Besuch kontrollieren und danach Ron treffen. Sie hatte sich jede erdenkliche Reaktion von ihm ausgemalt und trotzdem hatte sie das Gefühl, dass seine Reaktion auf ihre Worte doch unberechenbar sein würde. So breitete sich in ihr ein unangenehmes Gefühl von Ungewissheit aus.
Über eine Stunde verging, bis Ginny sich auch im Gemeinschaftsraum einfand. Harry war noch nicht da, aber die Mädchen entschieden sich nicht auf ihn zu warten und zusammen in die grosse Halle zum Frühstück zu gehen. Als sie sich am Gryffindortisch niederliessen begann Hermine nervös ihre Hände zu ringen. Ginny warf einen verstohlenen Blick auf sie und fragte schliesslich etwas besorgt „Hermine, geht es dir gut? Du wirkst ziemlich hinüber?" Hermine lachte etwas zu hysterisch auf. „Ja alles bestens, ich hab nur schlecht geschlafen." Ginny runzelte die Stirn „Lügen kannst du auch nicht.." „Ginny, es geht um deinen Bruder. Bitte sei mir nicht böse, aber ich kann das nicht mehr. Weisst du, wir streiten nur noch und ich hab zurzeit so viel anderes um die Ohren und-" Ginny hob die Hand und unterbrach sie „Hermine ist schon gut, wenn du unglücklich bist, dann tu was dir dein Herz sagt, ich nehms dir nicht übel und Harry wird es irgendwann auch verstehen. Es kommt nun ja, nicht gerade überraschend, weisst du?" Erleichtert stiess Hermine die angehaltene Luft aus. Sie war den Tränen nahe „Oh Ginny, du weisst gar nicht, wieviel es mir bedeutet, dass du mich nicht verurteilst deswegen. Ich möchte ja auch die Freundschaft zwischen Ron und mir so geringfügig wie möglich beschädigen, denn ich liebe ihn ja trotz allem, aber eben nur wie einen Bruder oder einen Freund, ebenso wie Harry.", Ginny nahm Hermine in ihre Arme und streichelte ihr aufmunternd über den Rücken. „Ach, das kommt schon wieder in Ordnung und ich bin sicher, auch Harry wird deine Entscheidung akzeptieren!"
Während die Mädchen schon mit dem Frühstück begonnen hatten, füllte sich die grosse Halle zunehmend. Auch Harry gesellte sich irgendwann hinzu und Hermine war Ginny dafür unglaublich dankbar, dass sie ihn nicht sofort über Hermines Entschluss informierte. Hermine war allgemein wieder viel entspannter als sie die vergangene Nacht über war, da sie endlich jemandem ihr Leid klagen konnte.
Nach dem Frühstück mussten Hermine und Malfoy in Filchs Büro um dort mit ihm das Vorgehen der Schülerkontrolle zu besprechen. Sie stieg die steinerne Treppe hinunter und sah, dass Malfoy bereits vor Filchs Büro wartete. Nervös ging sie auf ihn zu. Er sah sie etwas verlegen an. „Hallo, wie geht's dir?" „Gut soweit und dir?" „Ja mir auch.. Wann triffst du dich mit Weasley?" Malfoy erschrak über seine Worte und seine Wangen glühten auf. Er hatte sich eigentlich vorgenommen durch die Blume zu fragen, um seine Gefühle nicht zu offenbaren. Hermine sah ihm direkt in die wunderschönen Augen. „Ich treff ihn noch vor dem Mittag, danach denke ich, werde ich ins Schloss zurück gehen, da ich ihm auch die Chance geben möchte sich mit Harry und Ginny über die Situation auszusprechen." Er nickte und wollte ihr antworten, allerdings hatte er keine Gelegenheit mehr dazu, da Filch die Tür seines Büros öffnete und mit einer forschen Handbewegung hereinbat.
Kurze Zeit später standen sie zu dritt, jeder mit einer Liste ausgerüstet vor dem Schlossportal. Die Schüler standen in einer Reihe und sagten ihre Namen, während Filch, Malfoy und Hermine die Listen kontrollierten und die Schüler darauf abhackten. Nach etwa vierzig Minuten hatten sie auch den letzten Schüler an ihnen vorbei nach Hogsmeade gelassen. Pansy war mit einigen Slytherins schon vorgegangen und auch Ginny und Harry waren bereits fort. Filch verzog sich wieder mit seinen Listen ins Schloss und liess die beiden draussen stehen. Unsicher sah Malfoy zu Hermine „K-Kommst du mit, i-ich meine wollen wir zusammen ins Dorf runter gehen?" Hermine lächelte ihn an und nickte. So machten sich die beiden ebenfalls auf den Weg nach Hogsmeade.
Der eisige Nordwind peitschte ihnen ins Gesicht und liess ihre Wangen erröten. Fasziniert beobachtete Malfoy eine im Wind wehende Haarsträhne, die Hermine immer wieder ins Gesicht wehte. Sie sah einfach wunderschön aus. Er fragte sich, was nachher passieren würde, wenn sie sich von Weasley getrennt hatte. Hätte er eine Chance bei ihr oder brauchte sie vielleicht auch Zeit um über ihn hinweg zu kommen? Hermine bemerkte Malfoys versteinertes Gesicht und stupste ihn an. „Hey stimmt was nicht?" Er sah sie verblüfft an. „Doch, doch ich hab nur nachgedacht." Er quälte sich zu einem Lächeln. Das Dorf kam langsam in Sicht und Malfoy wollte Hermine noch in irgendeiner Weise in ihrem Vorhaben bestärken, allerdings hatte er nun fast keine Zeit mehr. Er sah noch ein paar Bäume die die Strasse säumten und dachte sich jetzt oder nie! Ohne nachzudenken, zog er Hermine am Arm hinter einen Baum, drückte sie dagegen und küsste sie. Der Kuss war leidenschaftlicher als er eigentlich sein sollte, doch es überkam ihn einfach, da er sie sosehr vermisst hatte in den vergangen zwei Wochen. Hermine erschrak im ersten Moment, liess sich aber sofort auf den Kuss ein, da auch sie grosse Sehnsucht nach ihm hatte. Als sie sich voneinander lösten sahen sie sich noch einen Moment in die Augen wo sie die Leidenschaft des Anderen nun deutlich sehen konnten. Dann drückte Hermine wortlos seine Hand und liess ihn stehen. Sie wollte nicht mit ihm zusammen gesehen werden.
Malfoy wartete noch einige Minuten mit geschlossenen Augen hinter dem Baum. Sein Herz hüpfte in seiner Brust und er konnte Hermine noch immer an sich riechen. Als er sich wieder etwas gefasst hatte, machte auch er sich auf den Weg und nach kurzer Zeit sah er eine kleine Gruppe Slytherins vor einem Schaufenster stehen. Er ging auf sie zu und Pansy kam ihm sofort entgegen. „Hat der Squib dich endlich gehen lassen? Komm wir gehen in den Honigtopf, die haben da neue-" Pansy unterbrach sich mitten im Satz. Sie schien buchstäblich etwas zu wittern. Misstrauisch blickte sie zu Draco hoch, der doch fast ein Kopf grösser war als sie selbst. „Du riechst so eigenartig." In Malfoy stieg unangenehme Hitze auf. Er wusste, dass sie Hermine roch. Bevor er noch etwas sagen konnte zuckte Pansy die Schultern, nahm ihn an der Hand und zog ihn Richtung Honigtopf. Pansy wusste, dass sie diesen Geruch schon einmal an ihm gerochen hatte, konnte aber ihn noch nicht zuordnen.
Zur gleichen Zeit stand Hermine vor den drei Besen und atmete tief durch. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und betrat das jetzt schon ziemlich volle Lokal. Sie sah sich um und entdeckte Ron an der Bar, wie er mit Madam Rosmerta plauderte. Dann viel ihr auf, dass er nicht nur plauderte, sondern seiner Körperhaltung nach flirtete er schamlos mit ihr, was Hermine überhaupt nicht gerne sah, da er ja wusste, dass sie jeden Moment hereinkommen könnte. Er bewies wieder einmal mehr, dass es ihm gewaltig an Feingefühl mangelte. Mit verbissener Mine setze sie sich an einen Tisch und bestellte sich ein Butterbier. Sie beobachtete Ron verärgert noch ein paar Minuten, ehe er sich umsah und sie entdeckte. Vor lauter Schreck verschluckte er sich an seinem Butterbier, stand auf und kam schleunigst zu ihr hinüber an den Tisch gelaufen.

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Die Rückkehr nach dem Krieg
FanfictionWie geht es nach dem Krieg weiter? Es entstehen neue Paare, und alte Beziehungen festigen sich. Jeder hat neue Prioritäten und Ansichten und muss sich zurechtfinden in einer Welt die neu aufgebaut werden muss... Für die, die Hörbücher mögen...