V I E R

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04 || überarbeitet

Seit einer gefühlten Ewigkeit warte ich darauf auch endlich einen Drink zu bekommen. „Hey, du da. Ich habe vor genau fünf Minuten und 16 Sekunden einen Drink bestellt, aber den habe ich immer noch nicht bekommen," teile ich dem Barkeeper mit. Dieser sieht mich nur gelangweilt an und sagte: „Und was soll ich da machen?"

Ist die Frage ernst gemeint? „Mir einen bringen? Oder bist du hier nur Dekoration?" Murrend greift der Mann hinter sich und drückt mir eine Flasche Wodka in die Hand. Mir soll's recht sein.

„Oh und könnte ich noch eine Packung Nüsse haben?", frage ich möglichst freundlich und drücke dem Barkeeper das nötige Geld in die Hand. Mit einem falschen Lächeln gibt er mir ein winziges Päckchen und murmelt ein „Guten Appetit." Aus Gewohnheit antwortete ich ihm mit einem „Ebenfalls", bis mir auffiel, dass das nicht wirklich Sinn ergab.

Kopfschüttelnd machte ich mich wieder auf den Weg zu meinen Freunden. Ich habe gerade das ungute Gefühl, dass ich bald sturzbetrunken durch die Gegend eiere und Leute vollkotze. Die Wodkaflasche grinst mich zu meinem Pech jedoch schelmisch an und zwingt mich dazu sie zu öffnen.

„Py!" „Trish!", rufe ich erfreut, als ich meinen besten Freund erblicke und springe ihn mit samt der Wodkaflasche an. Keine gute Idee. Kurz bevor meine sowieso schon blaue Nase Bekanntschaft mit dem Boden macht, fängt Trish mich auf. „Hui, das war knapp", lache ich und auch Trish schmunzelt. Dann blickt er jedoch auf meinen Arm und zieht seine Augenbrauen verwirrt zusammen. „Wieso hast du Wodka?", fragt er und nimmt mir die Flasche aus der Hand.

„Der Barkeeper fand mich anscheinend so attraktiv, dass er mir gleich die ganze Flasche geschenkt hat." „Ja klar. Das wirst du aber ganz sicher nicht trinken. Sonst endest du wieder wie damals, als wir in der zehnten Klasse waren." Och nein, das hatte ich irgendwie verdrängt. Damals habe ich mich so volllaufen lassen, dass ich am nächsten Tag mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus aufgewacht bin.

„Glaub mir, das wird mir nicht mehr passieren", versprach ich ihm, denn ich hatte nicht vor meiner Leber noch einmal so einen Schreck einzujagen. „Ja ne, ist klar." Trish grinste mich ungläubig an. „Thomas Owen Hathaway, hab mal ein bisschen mehr Vertrauen in mich."

Anstatt mir zu antworten zieht er nur eine Augenbraue nach oben. „Lass das lieber, es sieht aus, als hättest du einen epileptischen Anfall." Ich bahne mir einen Weg durch die Menge, sodass ich vor dem DJ-Pult stehe.

Die Musik hier ist wirklich für... naja sie könnte auf jeden Fall besser sein. „Kannst du mal bessere Musik anmachen?", frage ich den DJ, doch meine Rufe werden von der lauten Musik übertönt, sodass der Typ vor mir nicht einmal Notiz von mir nimmt.

Super.

Kurzerhand greife ich einfach nach irgendeinem Kabel und ziehe daran. Anscheinend war es jedoch nicht sehr wichtig, da sich rein gar nichts verändert. Ich habe sogar das Gefühl, dass die Musik noch lauter und furchtbarer wird.

Ich puste Luft aus meinem Mund und lasse meinen Blick durch die tanzende Menschenmenge wandern. Als ich meinen besten Freund erblicke, laufe ich auf diesen zu und schnappe mir seine Hand. Sobald wir in einem unbesetzten Eck angekommen sind, fange ich an zu tanzen.

Es sieht zwar eher aus als hätte ich Zuckungen, aber der Alkohol ist mir mittlerweile schon so zu Kopf gestiegen, dass mich das herzlich wenig interessiert. „Trish jetzt tanz mit, das kommt dumm rüber, wenn ich hier alleine tanze." „Wieso sollte ich?"

„Weil mein Ruf sonst kaputt geht, net deiner!"

Verstört fängt Trish an, sich zu bewegen, was zugegeben gar nicht mal so schlimm aussieht. Zumindest stellt er sich besser an als ich. „Mir war gar nicht bewusst, dass du so gut tanzen kannst, schwuler bester Freund", lobe ich Trish.

Sein Gesicht verformt sich unnormal, bis ein mehr oder weniger gelungener Pedoblick entsteht.

Kein Kommentar.

••• •••

„Siehscht du au die Ster... Stenne?", lalle ich einem fremden Kerl ins Ohr. Dieser hat sich vorhin neben mich gelegt und rumgeheult, weil seine Freundin ihn betrogen hat.

Aber irgendwie hält sich mein Mitleid in Grenzen.

„Das is der Glit... Glitzer von Einhörnchen, die da oben rum fliegen", antwortet er. „Neeeein, Einhörner gibt's gar nisch." Mein Alkoholpegel ist in den letzten Stunden gehörig gestiegen, was größten Teils an dem Wodka liegt. Irgendwie hat Trish vergessen, dass ich immer noch im Besitz dieser Flasche bin.

„Isch glaub..-" Plötzlich dreht sich der Fremde neben mir zur Seite und kotzt sich die Seele aus dem Leib. Schnell versuche ich aufzustehen und wegzulaufen, was aber leider nicht ganz so gut klappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Mein Gleichgewichtssinn hat sich anscheinend verpieselt, denn ich falle geradewegs auf meinen Rücken. Mein Arsch gibt mir Federung. Klasse.

Fluchend drehe ich mich auf den Bauch und warte darauf, dass mir jemand hoch hilft. Aber leider Gottes hört niemand meinen stillen Hilferuf, sodass ich die nächste halbe Stunde regungslos auf dem Boden verbringe.

„Hey, da liegt jemand." Rettung, endlich. „Oh, das ist ja Pyper. Kannst du mich hören Py? Hier spricht dein schwuler bester Freund." Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. „Trish!" Zwei Arme greifen nach meinen Händen und schleifen mich einmal quer durch den Garten. Ich fühle mich vergewaltigt.

Als Trish sich dann doch erbarmt mir nach oben zu helfen, ist mir kotzübel. Sobald ich wieder sicher stehe, bücke ich mich etwas nach unten. „Was machst du da?" „Du hast da was hängen", sage ich und zupfe etwas an seinen Schuhen herum und halte ihm dann das gewisse Etwas vor die Nase.

„Guck mal, dein Niveau!", rufe ich begeistert. Kichernd lasse ich sein Niveau, beziehungsweise die Luft, wieder fallen und torkele in Richtung Haus.

Zumindest habe ich das vor, aber so ein Sich-in-aller-Öffentlichkeit-gegenseitig-aufzufressen-ist-wirklich-eine-coole-Sache Paar versperrt mir den Weg.

„Hallo?" Ich flitsche dem Jungen gegen die Stirn, welcher sich sofort zu mir umdreht. „Ihr steht voll im Weg! Da kommt niemand vorbei wenn ihr mitten in der Tür steht!", rufe ich über die Musik hinweg. Schnell gehen die beiden etwas zur Seite und lassen mich durch.

Auf einmal werde ich jedoch hoch gehoben und wieder nach draußen geschleppt. „Hey, was soll das?" „Wir gehen jetzt heim." Widerwillig folge ich Trish zum Auto. Ich will noch nicht heim. Ich will doch noch die Weltherrschaft an mich reißen. Naja, dann eben nächstes Mal.

••• 4 •••

Crazy ThingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt