A C H T U N D Z W A N Z I G

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28 || überarbeitet

»Na, mein Lieblingsnachbar, ich habe gehört, du bist ein leidenschaftlicher Chemiker.« »Du weißt schon, dass Drogenkonsum illegal ist«, gibt River von sich und lässt seinen Blick kritisch über mein Gesicht wandern. Wahrscheinlich erhofft er sich nun rote Augen und geweitete Pupillen, doch nichts der gleichen ist der Fall. Es sei denn zu viel Ananastee wirkt sich schlecht auf den Körper aus.

Als er merkt, dass mit mir alles in Ordnung ist, sieht er sich zum ersten Mal mein Outfit an. Ja, ich weiß, eine karrierte Schlafanzughose, ein passendes Oberteil und zwei geflochtene Zöpfe verleihen mir nicht unbedingt einen erwachsenden Ausdruck. Aber in meiner Verzweiflung hatte ich leider nicht die Energie mich richtig anzuziehen.

»Du siehst aus wie 11!«, lacht dieser Spaten, anstatt auf mein eigentliches Anliegen einzugehen. »Ja, auf einer Schönheitsskala von eins bis zehn.« Beleidigt drücke ich mich an ihm vorbei und gehe auf sein Wohnzimmer zu. »Du hilfst mir jetzt bei Chemie.« Er kommt, nachdem er die Haustür geschlossen hat, zu mir und setzt sich neben mich. »Nein.« »Ging meine Stimme am Satzende etwa hoch? Nein? War auch keine Frage. Du hilfst mir, basta!"

Er sieht mich verzweifelt an, wirft die Beine in die Luft und lässt sie anschließend auf dem Tisch vor dem Sofa fallen. »Ist das dein Ernst? Hast du mal auf die Clock gewatched? Es ist zwei Uhr nachmittags, ich will jetzt meinen Mittagsschlaf halten!«. Schnaubend sucht er sich eine bequeme Mulde in der Couch und murmelt ein paar nicht sehr nett klingende Worte vor sich hin. Ich hingegen starre ihn nur ungläubig an und ärgere mich über sein Verhalten. »Es gibt ein Land, das heißt Passiv-Aggressivistan und du bist sein König«, maule ich ihn an.

Tja mein Lieber, wie sagt man so schön, das Leben ist kein Wunschkonzert. »So, wieder zurück zum Anfang. Mir kann das sonst niemand erklären, also hilf mir. Bitte bitte bittee!« Ich verziehe meine Lippen zu einem Schmollmund und hoffe inständig, dass er einwilligt. »Frag doch Trevor.« »Er heißt Trish!« »Ist doch egal.« Ehm... excuse me! Nein, ist es nicht!

~

Mittlerweile sitzen wir schon mehrere Stunden an Chemie, doch die Informationen, die River mir liefert wollen einfach nicht in meinen Kopf. So gut ich es auch probiere, ich kann mir nichts merken. Mit einem »Tief ein- und jetzt wieder ausatmen«, versucht River mich zu beruhigen, doch das bringt herzlich wenig. »Lass das, du Parasit. Ich komme mir vor, als würde ich gerade ein Kind gebären, wenn du das sagst.« Ich sehe bestimmt aus wie ein Hängebauchschwein, so wie ich mich über den Stuhl geschmissen habe.

»Pyper, das wird nie was, wenn du nicht nicht anstrengst. Solange du dir einredest, dass du das nicht verstehst, wirst du es auch nicht verstehen.« Danke für den Rat, aber leider kann ich weder meine Gedanken, noch meine Gefühle so gut kontrollieren.

Ich stehe genervt auf, um mir ein Glas Wasser zu holen. Als ich in der Küche ankomme grinst mich jedoch eine Dose Cola an, welche ich natürlich nicht einfach so stehen lassen kann. Ich meine, das wäre ja total... unmoralisch? Und ein bisschen Zucker kann beim Lernen bestimmt nicht Schaden. Die dadurch entstehenden Fettzellen können dann neue Informationen speichern und ich werde schlauer. Ich denke doch, dass das so funktioniert.

Seufzend sehe ich mich in der Küche um und setze mich an Rivers Esstisch. Da dieser direkt vor dem Kühlschrank steht, habe ich dieses Objekt nun im Visier. Passenderweise knurrt mein Magen in dieser Sekunde.

Anscheinend bemerkt River nach ein paar Minuten, dass ich nicht vor habe das Wohnzimmer in der nächsten halben Stunde noch einmal zu betreten, da zuerst Gepolter zu hören ist und mein Nachbar ein paar Sekunden später neben mir auftaucht und sich gegen den Türrahmen lehnt. »Du brauchst dich gar nicht vor mir zu verstecken. Wir werden jetzt weiter lernen, ob du willst oder nicht. Wegen dir muss ich schließlich meine freie Zeit opfern.«

Heul doch.

»Pyper«, ruft er und wirft mir genervt ein zusammen geknülltes Taschentuch gegen den Kopf. Ein Zischen verlässt meinen Mund, bevor ich meine Blick vom Kühlschrank zu meinem Nachbarn wandern lasse. »Pyper ist im Moment nicht ansprechbar, kommen Sie doch morgen wieder vorbei.« Doch mein stilles Gebet wird nicht erhört. River schnappt sich grinsend meinen Arm und zieht mich wieder ins Wohnzimmer, wo wir uns zwischen all den Blättern nieder lassen. Als ich gerade anfangen will, alles was ich immer noch nicht verstanden habe auszuzählen, unterbricht River mich und murmelt: »Vielleicht brauchst du einfach nur ein wenig Ablenkung..-«

Noch bevor ich Zeit habe zu fragen, was er damit meine, legt er eine Hand auf meine Wange und zieht meinen Kopf etwas zu sich. Erschrocken reiße ich die Augen auf und weiche etwas zurück. Dies gelingt mir jedoch nicht wirklich, da seine Hand meinen Kopf immer noch festhält. Sein Blick verrutscht ein klein wenig nach unten, weshalb er mir nun auf die Lippen schaut. Ich weiß, dass er mich küssen wird. Ich spüre es. Wir haben uns zwar schon öfter geküsst, doch dieses Mal ist es irgendwie anders.

Auch meine Augen finden ihren Weg zu seinen Lippen. Er kommt mir immer näher, bis ich seinen Atem auf meiner Wange spüren kann. Seine andere Hand legt sich zögerlich um meine Hüfte, während er sich auf die Unterlippe beißt. Angespannt starre ich auf seine Unterlippe, die sich wie in Zeitlupe wieder von seinen Zähnen löst. Sein Mund ist nur noch einen Millimeter entfernt... und dann keinen mehr. Sobald sich unsere Lippen berühren, verstärkt sich sein Griff um meine Hüfte und auch ich lege meine Arme auf seine Schultern. Zärtlich streicht er mit dem Daumen über meine Wange und hinterlässt eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper.

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