N E U N U N D D R E I ß I G

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Mit einem letzten Blick in den Spiegel bestätige ich mir selbst, dass ich gut genug für Prince Charming aussehe und trete aus dem Badezimmer hervor. Meine Frisur, die mich eindeutig zu viel meiner wertvollen Lebenszeit gekostet hat, machte jedoch immer noch nicht den Eindruck, dass sie auch nur ansatzweise halten wird.

Eilig schiebe ich die einzelnen Strähnen, die sich bereits gelöst haben hinter mein Ohr und suche in dem Mount Everest an Klamotten nach meiner Jacke. Als ich sie jedoch nach endlosen Minuten des Suchens immer noch nicht finden kann, entscheide ich mich dagegen mir etwas über mein Kleid anzuziehen. Zumal wir Sommer haben und es wahrscheinlich sowieso zu warm für eine Jacke wäre.

Mein Nachbar hat mich gezwungen einzuwilligen in ein schnöseliges Restaurant mit ihm zu gehen. Ich stelle mir unter Date zwar etwas anderes vor, aber man soll ja immer offen für Neues sein, nicht wahr?

Ich hoffe dennoch inständig, dass sich die Mühe, die ich mir bei meinem Aussehen gegeben habe, auch wirklich lohnt. Zwar bin ich weder mit dem Makeup, das mich jegliche Nerven gekostet hat, noch mit meinem Kleid hundertprozentig zufrieden, doch ich habe sowieso keine Zeit mehr irgendetwas an mit zu verändern, da in diesem Moment Prince Charming höchstpersönlich in unser Haus tritt und von meiner Mutter mal wieder herzlich begrüßt wird.

Kritisch blicke ich an mir herunter, nur um festzustellen, dass mein Kleid nicht mehr perfekt sitzt.

"Pyper, dein Freund ist da!", schreit meine Mutter nach oben und zwar in einer Lautstärke, dass es selbst meine 80-jährige taube Nachbarin noch gehört hat. "Er ist nicht mein Freund", gebe ich leise von mir, schnappe mir meine Tasche und mache mich auf den Weg nach unten.

"Kindchen, du siehst bezaubernd aus! Ihr seid wirklich so ein süßes Paar!" Erfreut klatscht meine Mutter in die Hände und drückt River und mir einen fetten Schmatzer auf die Wange.

Die eine Sekunde, in der ich es gewagt habe in Rivers Gesicht zu blicken, hat ausgereicht um zu sehen, wie erstaunt der selbsternannte Prinz von meinem Aussehen ist. Und weil ich meinen Körper absolut nicht kontrollieren kann, muss ich natürlich sofort wieder rot werden.

"Hätte ich eine Flasche Champagner, würde ich sie an deinem Rumpf zertrümmern!"

Das ist der einzige Kommentar, den River zu meinem Aussehen abgibt, bevor wir uns auf den Weg nach draußen machen. Vor der Tür steht ein bekannter Wagen geparkt, weshalb ich kurz inne halte. Als River das bemerkt, bleibt er ebenfalls stehen und dreht sich zu mir um. "Das ist das Auto deiner Cousine. Ich habe es mir für heute ausgeliehen."

"Ah..." Mehr sage ich dazu vorsichtshalber nicht. "Was hast du überhaupt mit deinem Auto gemacht?", frage ich ihn, als er mir die Beifahrertür aufhält, damit ich in den Wagen steigen kann.

"Ausversehen geschrottet. Ist nicht unbedingt ein Thema über das ich reden will."

Ich belasse es also dabei .

Während der Fahrt habe ich endlich die Möglichkeit nun auch Rivers aussehen zu begutachten. Ich muss ein Seufzen zurück halten, als ich sehe, dass mein Nachbar mal wieder zum Anbeißen gut aussieht.

Das Leben ist wirklich nicht fair.

Warum sehen manche Menschen nur so verdammt gut aus? Ich hasse diese Individuen meiner Art. River gehört übrigens auch dazu. Hoffentlich bekommt meine Mutter nicht mit, welche Gedankengänge ich ihrem Schwiegersohn gegenüber hege, sonst wird sie mich wieder in Grund und Boden mobben.

Als wir endlich ankommen sind und meine Aufregung auf ein Maximum gestiegen ist, werfe ich einen unsicheren Blick aus dem Fenster. Und in diesem Moment trifft mich der Schlag.

"Wie gedenkst du das Essen in diesem Restaurant zu finanzieren?", frage ich River und drehe mich ein Stück zu ihm, doch dieser ignoriert mich, steigt grinsend aus und läuft auf die Beifahrerseite.

Okay Bitch, dann rede ich halt mit mir selber!

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