S I E B E N

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07 || überarbeitet

Trish will ernsthaft nicht mitkommen. Ich fasse es nicht. Nächstes Mal muss ich mir etwas besseres ausdenken, was ihn auch wirklich überzeugen könnte.

„Weißt du überhaupt wo wir hin müssen?", frage ich River, der konzentriert auf die Straße schaut. „Ich dachte du weißt wo wir hin müssen." Bevor wir losgefahren sind hat er mir versichert, dass sein Orientierungssinn total gut ausgeprägt sei, da er ja ein richtiger Mann wäre. Naja...

„Ich dachte du wüsstest es", antwortet er mir und wirft mir einen ratlosen Blick zu. Ich kann es mir nicht verkneifen zu schmunzeln, aber dennoch rutsche ich seufzend weiter nach unten und ziehe die Beine auf den Sitz.

„Und wie sollen wir jetzt die Party finden? Ich habe keine Ahnung wo Loreen wohnt", gebe ich zu, denn die paar Male die ich bei ihr war, lag meine Konzentration eher auf anderen Dingen. Mit anderen Worten: Ich war hacke voll. Genervt sehe ich zu River. Dieser rät mir, dass ich sie doch anrufe soll. Aber sie wird mir sowieso nicht antworten.

„Hast du eine bessere Idee?", fragt mein Nachbar und sucht mit seinen Augen nach einem Schild. „Wir können auch einfach der Musik folgen. Also falls wir irgendwann welche hören. Wenn ich Loreen jetzt schreibe bekomme ich frühestens morgen Nachmittag eine Antwort", schlage ich vor und rücke mein rechtes Bein zurecht, da es durch die unbequeme Position völlig verkrampft.

River nickt, während er versucht das Auto, das seit fünf Minuten vor uns hertuckert, zu überholen.

••• •••

Wir haben die Party nicht gefunden. Und wir suchen seit anderthalb Stunden. Mittlerweile haben wir es aufgegeben. „Sollen wir einfach wieder heim fahren?", fragt River. Ich verneine seine Frage, denn zu Hause würde ich mich bloß wieder langweilen. Fragend sieht er mich an. „Und was willst du dann machen?"

Wenn ich ihm jetzt sage, dass ich keine Ahnung habe, schmeißt er mich bestimmt aus dem Auto. „Wir... eh... wir könnten ja in einen Club gehen oder so. Dann habe ich mich wenigstens nicht umsonst so hergerichtet."

Vielleicht sollte ich das nächste mal einfach gleich in Jogginghose auf die Party gehen. Fällt ja sowieso keinem auf. Ich meine, in der Schule trage ich ja auch fast täglich eine. „Dann sag mir mal wo wir hin fahren müssen." „Bin ich deine Alexa oder was?", frage ich pampig, um zu überspielen, dass ich absolut keinen Orientierungssinn habe. Innerlich lache ich mir ins Fäustchen. „Der war echt schlecht." Beleidigt drehe ich mich weg. Niemand beleidigt meine Witze.

„Komm schon Pyper, jetzt sei nicht gleich wieder depressiv." Ja, weil das ja auch die Definition einer Depression ist. „Na schön, dann fahr jetzt die nächste links, dann zwei mal rechts und dann bis zu der hässlichen grauen Hütte geradeaus, nochmal links und dann das grüne Haus auf der rechten Seite." Hoffentlich merkt er nicht, dass ich mir das gerade nur ausgedacht habe.

„Sehe ich so aus, als könnte ich mir das jetzt merken?", fragt er geschockt. „Nein", denke ich innerlich, doch ich kann es auch nicht wiederholen, da es nur frei erfunden war.

Dennoch nicke ich. Das schafft er schon. Nach weiteren zehn Minuten müssen wir leider feststellen, dass wir uns verfahren haben. An wem das wohl liegt?

„Was kannst du eigentlich?" schnauze ich River an, obwohl es ja nicht seine Schuld ist. „Ich? Du solltest doch das Navi spielen. Ich bin gerade erst hergezogen, woher soll ich also wissen wohin wir fahren müssen!"

„Dann fragen wir eben jemanden", schlage ich vor, steige aus dem Wagen und knalle erstmal gegen eine Laterne. Klasse.

Suchend sehe ich mich um. Die Straße ist komplett leer. „Ich werde mal bei dem Haus da hinten klingeln!", rufe ich River zu, der gerade seinen Kopf gegen das Lenkrad knallt. Mehrmals. Ich werde lieber nicht nachfragen, weshalb er seine Gehirnzellen gerade ins Jenseits befördert.

Als ich vor dem Haus stehe, sehe ich mich einmal James Bond mäßig um und drücke dann unauffällig auf die Klingel. Ich sollte mich auf jeden Fall beim FBI bewerben.

Nach ein paar Sekunden des Wartens geht das Licht im Haus an. „Was willst du?", fragt ein älterer Mann im Schlafanzug, der mürrisch die Tür öffnet.

„Wissen Sie wo wir hier sind?", frage ich und versuche mein nettestes Lächeln aufzusetzen. Dumme Frage, natürlich weiß er das, er wohnt ja schließlich hier. „Verschwinde!"

„Sie sind voll unsozial", maule ich den alten Knacker an und gehe frustriert wieder zum Auto.

„Und?", fragt River, doch man merkt deutlich, dass seine Hoffnung mittlerweile kaum noch vorhanden ist. „Der Penner wollte mir nicht sagen wo wir sind. Der hat mich nur angeschnauzt, dass ich verschwinden soll", rege ich mich auf und fuchtele wild mit den Armen in der Luft herum.

„Dann bleiben wir eben hier." Seufzend fährt er sich über sein Gesicht. „Wir können ja 20 Fragen spielen", schlage ich vor, halte jedoch nicht sehr viel von meinem Vorschlag. Irgendwie klingt er ausgesprochen nämlich noch lächerlicher als gedacht. „Meinetwegen. Ich fange an... Was ist deine Lieblingsfarbe?"

Ernsthaft? „Schwarz." „Schwarz ist keine Farbe, es ist ein Kontrast." „Du bist keine Farbe!", beschwere ich mich. "Mach weiter."

„Wie alt bist du?" „17." Er macht gerade den Mund auf um eine weitere Frage zu stellen, als jemand gegen die Beifahrertür schlägt. Heilige Scheiße, ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen. River lässt das Fenster runter und funkelt unseren Gegenüber böse an. „Was soll das?"

„Ihr dürft hier nicht parken!", meint der Junge. Er schiebt seine Harry Potter Brille wieder richtig auf die Nase und verkrampf seine Augen seltsam. „Und wer sagt das?", frage ich genervt und versuche ihm nicht in die Augen zu sehen, da er gerade circa drei Mal pro Sekunde blinzelt.

„Das Gesetz. Und außerdem steht dahinten ein Schild, auf dem das deutlich drauf steht." Ich verdrehe die Augen. „Kannst du uns wenigstens sagen wo wir sind?" Er sieht mich an, als hätte ich ihn nach einem Nacktbild gefragt. „Eh... Ihr seit hier in der Middlestreet." Kommt mir bekannt vor. „Und wie kommen wir in die Chesterfield Avenue?"

Der Junge grinst uns an, wobei man seine schiefen Zähne, die mit einem Stacheldraht zusammengehalten werden, erkennen kann. „Einfach immer gerade aus." Oh. Da hätten wir auch drauf kommen können. Naja, man kann ja auch nicht alles wissen. „Danke." River macht das Fenster wieder zu und startet den Motor.

„Der war komisch", gibt River von sich und startet den Motor. Ich nicke und muss mir ein Lachen verkneifen. „Irgendwie sind wir dumm. Wir hätten einfach nur geradeaus fahren müssen." Super, ich kenne nicht mal den Weg zu mir nach Hause. Als wir dort angekommen sind steige ich aus dem Wagen.

„Und jetzt?" „Was und jetzt?" frage ich verwirrt. „Naja, du könntest noch mit zu mir kommen. Ich habe Bier im Kühlschrank." Er wackelt anzüglich mit den Augenbrauen. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. „Klar." Alkohol ich komme.

••• 7 •••

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