Kapitel 71

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Hoseok schaut mich für mehrere Sekunden verständnislos an und fragt mich, was ich damit meine. Nun kann der Spaß beginnen. Geschwister aufeinander aufzuhetzen, ist meine Stärke. Ich setze eine traurige Miene auf und bekomme wässrige Augen.

"Du weißt es nicht? Yoongi ist dafür verantwortlich, dass Taehyung im Krankenhaus liegt. Er war gestern bei uns Zuhause und hat Taehyung irgendwie überwältigt, sodass er bewusstlos geworden ist", erzähle ich erschüttert und lege mir eine Hand auf die Brust. 

"Du lügst doch! Mein Bruder würde sowas niemals machen. Er ist viel zu gutmütig dafür", keift er mich an und glaubt mir nicht.

"Ich lüge nicht! Als ich gestern nach Hause gekommen bin, lag dein Bruder mit Tae halbnackt auf der Couch und wollte mir verklickern, dass die beiden eine Affäre haben und Tae mich nur ausgenutzt hat!", pfeffere ich zurück und mir rollen dramatisch Tränen aus den Augen.

Der Ältere weitet seine Augen vor Schock und beinahe hätte ich breit los gegrinst. Ich bin so stolz auf meine Schauspielkunst, an der ich jahrelang gearbeitet habe. Sogar als Kind habe ich schon angefangen Leute zu manipulieren, um meinen Willen zu bekommen.

"Oh, Gott. Das tut mir so leid. Ich kann gar nicht fassen, dass Yoongi so etwas getan hat. Er hat mir heute morgen noch gesagt, dass er mit seinem Freund Schluss gemacht hat und aus ihrer gemeinsamen Wohnung ausziehen muss", sagt er mir fassungslos und legt eine Hand auf meine Schulter.

"Ich will einfach nur wissen, warum er das getan hat. Wegen ihm habe ich Taehyung auch noch eine rein gehauen und ihn angeschrien, obwohl er schon eine Gehirnerschütterung hatte. Bestimmt habe ich seinen Zustand, dadurch noch mehr verschlimmert", schluchze ich und wische mir die Tränen von den Wangen.

Diesmal meine ich tatsächlich ernst. Taehyung ging es absolut scheiße und wusste nicht mal, was mit ihm passiert ist und ich habe ihn richtig fertig gemacht, obwohl er komplett unschuldig gewesen ist. Ob ich wirklich nur mit Yoongi sprechen werde, liegt in den Sternen, darum mache ich keine Versprechen.

"Es tut mir so leid, Jungkook. Yoongi müsste bei mir Zuhause sein. Ich gebe dir meine Adresse", entschuldigt Hoseok sich unbeholfen bei mir und holt einen kleinen Block aus seiner hinteren Hosentasche.

Er schreibt mir seine Adresse auf und reißt den kleinen Zettel aus seiner Hosentasche, um ihn mir dann in die Hand zu drücken. Ich bedanke mich bei ihm und umarme ihn kurz.

"Kein Problem, Jungkook", murmelt er leise und irgendwie bekomme ich Schuldgefühle.

Hoseok ist so ein netter Mensch und ich verasche ihn genadenlos, aber wenn ich das nicht tun würde, dann hätte er mir niemals seine Adresse gegeben und ich müsste stundenlang herausfinden, wo ich Yoongi finden könnte. Ich verabschiede mich von Hoseok und laufe dann endlich weiter. Was für ein schlechter Mensch ich doch bin. Naja, nun ist es auch zu spät, um das Gute in mir zu suchen.

Mit schnellen Schritten verlasse ich das Gebäude und steige in mein Auto ein, das ich nicht so weit entfernt vom Gebäude geparkt habe. Ich weiß nicht wirklich, was ich zu Yoongi sagen werde. Dafür weiß ich ganz genau, dass ich meinen Hass auf ihn nicht mehr zügeln kann. Warum hat er uns nicht einfach in Ruhe gelassen? Wieso musste er Taehyung so belästigen und ihm hinter her jagen, obwohl er ihm sagte, dass er nicht mehr von ihm will?

Mit diesen ganzen Fragen in meinem Kopf fahre ich zu Hoseoks Wohnung und muss mich anstrengen auf den Verkehr zu achten. Doch ich schaffe es nach zwanzig Minuten heil dort anzukommen und parke mein Auto am Straßenrand. Ich steige aus dem Auto und laufe eilig auf das Mehrfamilienhaus zu. Vor der Haustür klingle ich bei dem Namen 'Jung' und zu meinem Pech höre ich Yoongis Stimme aus einem Lautsprecher.

"Wer ist da?", fragt er nach.

"Mach auf", antworte ich und überraschender Weise macht er mir die Tür auf, hat er nicht erkannt, dass ich es bin?

Schulterzuckend öffne ich die Tür und steige die Treppen nach oben bis in den zweiten Stock. Dort steht schon die Tür offen und ich trete in die Wohnung ein. Irgendwie scheint mir das viel zu einfach. Wieso macht er einfach die Tür auf? Ich höre mich doch nicht wie Hoseok an. Plötzlich fällt die Tür hinter mir ins Schloss und ich drehe mich erschrocken um. Keine Sekunde später spüre ich schon eine Faust in meinem Gesicht und stöhne vor Schmerz auf. Yoongi starrt mich ernst an, während ich mir meine schmerzende Wange halte.

"Du scheiß Hurensohn! Was stimmt mit dir nicht?!", knurre ich ihn an und stürze mich auf ihn.

Eigentlich wollte ich wirklich erst mit ihm reden, aber wenn er mir so kommt, dann kann er vergessen, dass ich mich zurückhalte. Ich bin nicht so wie Taehyung. Ich schlage gerne zu. Gereizt packe ich ihn am Kragen und knalle ihn fest gegen die Haustür hinter ihm.

"Was willst du hier? Du hast Taehyung doch endlich nur noch für dich", stöhnt er voller Schmerz und versucht mich weg zu schubsen.

"Das fragst du noch? Du hast beinahe mein Leben zerstört und Taehyung ins Krankenhaus befördert! Ich will, dass du dafür leidest. Niemand, wirklich niemand verletzt die Menschen, die ich liebe, verstanden?", sage ich ihm hasserfüllt und starre in seine lieblosen Augen.

Please, don't hate me | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt