Kapitel 70

5.4K 389 12
                                    

"Die Besucherzeit ist nun leider vorbei, Mr. Jeon. Ich würde Sie darum bitten, sich in den nächsten Minuten von ihrem Mann zu verabschieden und dann das Krankenhaus zu verlassen", teilt mir eine junge Krankenschwester ist, die mich unsicher anschaut und mir nicht lange in die Augen sehen kann.

Ich nicke ihr lächelnd zu und sie verlässt den Raum fluchtartig. Taehyung lacht leise auf, nachdem sie die Tür geschlossen hat und zieht mich zurück aufs Bett, damit ich wieder neben ihm sitze. Jin Hyung ist vor einigen Stunden gegangen, weil sein Cousin ihn angerufen hat und seine Hilfe braucht.

"Manchmal vergesse ich wirklich, was für eine Wirkung wir auf andere haben", sagt er müde und verschränkt unsere Hände ineinander.

"Wir haben nur so eine Wirkung auf andere Menschen, weil sie wissen, dass wir Unmengen an Geld auf dem Konto haben und ihr Leben zerstören könnten, wenn wir wollen", meine ich schulterzuckend und etwas unbeeindruckt.

Schon seit dem ich ein kleines Kind bin, behandeln mich Leute mit vollem Respekt und sind beinahe verängstigt, wenn ich vor ihnen stehe. Naja, wenn der Vater einer der größten CEOs im Land ist und seine Stelle an seinen Sohn weitergibt, möchte man nicht negativ auffallen.

"Vor dir muss man ja auch Angst haben, Jungkook. Du kannst richtig bösartig werden und willst die Menschen leiden sehen, wenn sie dich verärgert haben", erwidert er belustigt und legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab.

"Ich verstehe jetzt nicht wirklich, was daran falsch sein soll. Wer meint mich verarschen zu müssen, fällt dann halt auf die Schnauze. So wie Yoongi auf die Fresse fallen wird, wenn ich mit ihn fertig bin. Hoffentlich hast du ihl dafür eine rein gehauen", gebe ich zurück und grinse schelmisch, weil ich mir vorstelle, dass Taehyung ihn vermöbelt hat.

"Sprich bitte nicht von Yoongi, den Typen kann man nur noch bemitleiden und du weißt, dass ich nichts von Gewalt halte", bittet er mich erschöpft.

Ungläubig sehe ich ihn an. Meint er das gerade wirklich ernst? Yoongi hat ihm eine Gehirnerschütterung verpasst und er klatscht ihm nicht mal eine? Ich merke, wie wütend ich auf Taehyung werde, aber balle nur meine freie Hand zu einer Faust und halte mich gewaltig zurück, keinen Streit anzufangen.

"Denkst du nicht, er hätte es verdient?", frage ich ruhig nach.

"Er hätte es verdient, aber ich lasse mich nicht auf sein Niveau herab. Gewalt kann niemals eine Lösung sein. Sieht man doch allein schon, weil ich in einem Krankenbett liege!", antwortet er genervt von diesem Thema.

Da teilen wir aber ganz verschiedene Ansichten, mein Lieber. Ich sage nichts dazu und meine, dass wir das Thema belassen sollen, weil es schon spät ist und er sich nicht aufregen darf.

"Du darfst dich auch nicht immer aufregen! Deine Augen sind so angeschwollen vor Müdigkeit. Geh endlich nach Hause und leg dich schlafen. Morgen kannst du wieder her kommen", meckert er mich an und legt eine Hand auf meine Wange, um über diese zu streicheln und mich zu küssen.

Zufrieden erwidere ich diesen süßen Kuss und beruhige mich etwas. Nach wenigen Minuten wird auf einmal die Tür wieder aufgemacht und ich löse mich sofort von Taehyung. Ich drehe mich um und sehe diesmal einen älteren Arzt vor mir stehen.

"Sie verlassen das Krankenhaus. Jetzt. Sie sind schon seit fünf Stunden hier", sagt er mit ernster Miene und verlangt keine Widerrede.

"Ich wollte doch eben gehen", sage ich und hebe die Hände unschuldig in die Luft.

Ich drehe mich nochmal zu Taehyung um und küsse ihn zum Abschied. Danach sieht er mich entschuldigend an und wünscht mir eine gute Nacht.

"Gute Nacht, Taeby. Wir sehen uns morgen", lächle ich und verlasse dann das Krankenzimmer.

Der alte Sack schaut mich blöd an und schließt die Tür hinter mir, als wir beide im Gang stehen. Giftig starre ich ihn an und kehre ihm meinen Rücken zu, um zu verschwinden. Er murmelt irgendwas vor sich, aber spricht mich nicht nochmal an. Genervt laufe ich zu den Aufzügen und will eigentlich gar nicht nach Hause gehen. Ich schaue mich im Gang um und entdecke Hoseok, der aus einem Zimmer heraus spaziert. Ist Yoongi nicht sein Bruder? Dann weiß er ganz genau, wo er ist.

"Ey, Dr. Jung. Ich muss mit dir reden", rufe ich durch den ganzen Gang und interessiere mich nicht dafür, dass die Patienten ihre Ruhe haben möchten.

Hoseok dreht sich ruckartig zu mir um und sieht mich böse an. Ich lasse meine Hände in meinen Hosentaschen verschwinden und bleibe vor ihm stehen.

"Was schreist du hier so rum? Manche Patienten schlafen schon!", schnauzt er mich an.

"Das tut nichts zur Sache. Sag mir lieber, wo dein verdammter Bruder ist", verlange ich ernst.

"Was willst du von Yoongi?", fragt er misstrauisch und verschränkt seine Arme vor der Brust.

"Möchte nur ein bisschen mit ihm plaudern und ihn fragen, was er mit meinem Mann gemacht hat", antworte ich und lächle belustigt, als ich seinen verwirrten Blick sehe.

Ach, er weiß gar nicht, was Yoongi angerichtet hat. Das wird jetzt lustig.

Please, don't hate me | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt