Sonnenauge ~ #PlatinAward19

13

Ich strecke mich, als in mein Zimmer komme.
Heute war trotz allem ein guter Tag. Ich drehe meine Kette zwischen meinen Finger. Ein warmes Gefühl erfüllt mein Herz. Mein Handy klingelt. Eine Nachricht von Hyuk. Mir geht's gut, also mach dir keine Sorgen ^^
Wenn ich ihm das nur glauben könnte... Er war eiskalt. Dazu kommt noch, dass er schon den ganzen Tag gehustet hat. Hoffentlich erwischt es ihn nicht so heftig, wie Wonshik.
Erst jetzt merke ich, dass ich immer noch sein Shirt trage. Sein wohliger Geruch steigt mir wieder in die Nase. Wieso muss dieses Arschloch so gut riechen? Und ein Arsch bleibt er, bis ich weiß, was ich von ihm denken soll. Er scheint nett zu sein, aber dann sind da wieder seine seltsamen Blicke, die einen Schauder über meinen Rücken jagen.

Ich setze mich auf mein Bett und lasse meine Gedanken an den heutigen Tag zurückschweifen.
Ich habe die Jungs in einem total anderen Gesicht gesehen. Heute war es anders, als in der Schule. Sie haben sich zwar gleich benommen, aber da war noch etwas anderes. Aber was ist es? >Die Kette von Ra ist echt hübsch< Hyuks seltsames Kompliment tritt wieder in meine Erinnerungen. Der Name Ra löst etwas in mir aus. Ein schon fast beruhigendes Gefühl. Es erinnert mich an etwas, aber an was?

Ich stehe auf und setze mich an meinen Schreibtisch.
Erstmal muss ich wissen, was dieses Ra ist. Der Name ist schnell auf Google eingegeben. Eine Reihe an Ergebnissen ploppen vor mir auf. Ra oder auch Re ist ein altägyptischer Sonnengott, der selbst die Sonne war. Mit seinen Kräften war er wohl der wichtigste Gott in der altägyptischen Mythologie. Aber was hat dieser Sonnentyp mit meiner Kette zu tun? Ich suche weiter und stoße auf eine extrem seltsame Website. "Die Wahrheit des Ra. Niemals ein Mythos", lese ich den Titel der Website. Trotz allem lese ich weiter. Laut diesen Leuten war Ra nie ein ausgedachter Gott, sondern er hat wirklich existiert und tut es heute noch. Ra soll ständig seinen Standort wechseln, da er von einer unbekannten Macht verfolgt wird. Diese Leute rufen den Leser auf, ihrem Kult beizutreten und Ra vor dieser Gefahr zu beschützen.

Das ist ernsthaftig krank. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück. Ein ägyptischer Gott, der beschützt werden muss. Da gibt es auch bessere Märchen. Wahrscheinlich habe ich mich im Park einfach verhört. Als ob die Jungs an so einen Dreck glauben würden. Am Rand der Website fällt mir jetzt jedoch noch etwas auf. Eine runde Scheibe mit einem weißen Stein in der Mitte. Die Fanatiker bezeichnen sie, als den Auslöser für Ras Unglück, wenn die Scheibe sich blutrot verfärbt ist Ras Ende gekommen. Diese Scheibe erinnert mich an meinen Anhänger. Ich betrachte ihn einige Male und vergleiche ihn mit dem Bild. Sie sehen sich wirklich ähnlich, aber das kann auch nur Zufall sein. Schließlich gibt es tausende Bilder von solchen Ketten und wären alle Mythen darum war, wäre ich wahrscheinlich ein menschenfressendes Monster. Ich stoße ein leises Kichern aus, bevor ich die Website schließe und meinen Laptop ausschalte. Verschwörungstheorien heutzutage sind wirklich überall. Und gerade habe ich besseres zu tun, als mich mit einer von denen auseinanderzusetzen.

Ravi? Ich muss immer noch mit dir über das Ereignis von vor ein paar Tagen reden. Du kannst dich nicht ewig davor verstecken, ich weiß, dass ich mich dort nicht verhört habe! Ravi? Ravi antworte mir!

Dieser Drecksack, sobald man etwas von ihm möchte, das ihm nicht passt, antwortet er mir nicht. Genervt lege ich mich auf mein Bett. Wonshiks Geruch dringt wieder in meine Nase. Wieso muss er so gut riechen? Und warum mache ich mir darüber Gedanken? Ich hebe meinen Anhänger vor mein Gesicht. Er baumelt hin und her. >Die Kette von Ra ist echt hübsch< Habe ich mich wirklich verhört? Die Kette von Ra. Was meinte Hyuk damit? Der Rest hat darauf ziemlich seltsam reagiert. Als hätte Hyuk etwas verbotenes gesagt. Irgendwas stimmt hier nicht. In Gedanken gehe ich die letzte Woche noch einmal durch. Vielleicht ist etwas ähnliches ja schonmal passiert, nur ich habe es nicht wirklich mitbekommen. Hyuk hat immer wieder auf meine Brüste gestarrt, aber was wenn er eigentlich nur meine Kette angeschaut hat? Er hat auf jeden Fall Interesse an ihr. Nur warum? Könnte es doch sein, dass sie diesem Kult glauben?

Nein. Ich setze mich auf und fahre durch meine Haare. Ich fange schon wieder mit diesen Verschwörungstheorien an. Genau das wollte ich doch nicht tun. Es ist nur eine doofe Kette, die ich von meinem Vater bekommen habe, im Park habe ich mich einfach verhört und dieser Kult redet einfach Müll. Nicht mehr und nicht weniger. Jemand klopft an meine Zimmertür. "Abendessen", höre ich Seongs kalte Stimme. "Komme", rufe ich. Er redet mit mir, das ist schonmal ein Fortschritt. Schnell öffne ich meine Zimmertür. Seong mustert mich kalt. "Muss entspannend sein, so viele Freunde zum rummachen zu haben", knurrt er. Unsicher weiche ich etwas von ihm zurück. "Das stimmt nicht, wir sind nur Freunde", verteidige ich mich. Was denkt er bitte von mir? Ich hatte noch nie eine Beziehung mit einem Jungen. Der einzige, für den ich mehr als nur freundschaftliche Gefühle habe, ist Jaehwan. Mein Bruder lacht jedoch nur kalt. "Das sagen Mädchen wie du immer" Erschrocken schaue ich ihn an. Wut bildet sich in meinem Herzen. Was denkt er bitte von mir? "Ich gehöre nicht zu diesen Leuten!", flüstere ich leise, aber bestimmt. Meine Augen treffen seine. "Von wegen, deswegen mögen dich deine Freunde auch nicht mehr. Du bist nichts mehr als Schande für diese Familie", klagt er mich an. Dieser Satz trifft mich hart. Ich unterdrücke meine aufkommenden Tränen, aber gleichzeitig auch den Drang Seong eine Backpfeife zu verpassen. "Das meinst du nicht ernst? Wie kannst du so von mir reden? Ich habe dir nie etwas getan!", schreie ich mit zittriger Stimme. Vielleicht hört Mum mich ja. Sie wird auf meiner Seite sein, das was Seong gesagt hat ist nicht mehr ok. Der Hunger ist mir vergangen, also drehe ich mich um und möchte Seong die Türe vor der Nase zugeschlagen. "Ich wünschte du wärst in dem Auto gewesen und nicht Sang. Sie hätte es verdient zu leben, nicht du oder dein Vater"