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~Sun~

"Sun. Wach auf! Bitte", dringt eine Stimme zu mir durch. Langsam tritt die Kontrolle über meinen Körper wieder auf mich. Jemand weint. Schwach öffne ich meine Augen und schaue in Taekwoons verweintes Gesicht. Plötzlich trifft alles auf mich ein, wie eine Bombe. Wonshik hat mir seine Liebe gestanden. Er liebt mich. Meine Kräfte sind schlagartig wieder da. Ich winde mich aus Taekwoons Armen. Überrascht springt er zurück. Wonshik liebt mich und ich liebe ihn. Dank ihm bin ich wieder hier. "Wo ist er?", frage ich Taekwoon mit kratziger Stimme. Meine Augen brennen und ich spüre eine neue Kraft in mir, als wäre ich nicht mehr vollständig ich.

Taekwoons Augen füllen sich mit Trauer. Er wendet den Blick ab. Sofort verstehe ich. Das darf nicht sein. Er kann nicht tot sein. Nein. So schnell ich kann drehe ich mich um. Da liegt er. In den Armen von Jaehwan. Blutend. Vier große Löcher klaffen seitlich in seiner Brust. Schuld beengt mich beim Atmen. Ich war das. Ich bin für seinen Tod verantwortlich.
"Nein", bringe ich gerade so heraus. Das darf nicht sein. Meine Hände beginnen zu brennen. Taekwoon legt seine Hände auf meine Schultern. Sein Blick auf meinen kribbelnden brennenden Händen "Du kannst ihn noch retten. Er atmet noch", flüstert er tränenerstickt. Hongbin reagiert sofort und packt meine Hände. Schnell zieht er mich zu Wonshik. Währenddessen reißt Jaehwan Wonshiks Shirt auseinander. Ich kann ihm nicht helfen.

"Sun, Sekhmet ist die Göttin des Krieges, aber auch der Heilung. Du kannst ihn heilen. Ich bin mir sicher", ermuntert Jaehwan mich, seine Augen wild vor gemischten Gefühlen. Wie? Was? Erschrocken starre ich auf meine Hände. Mein Körper reagiert plötzlich von alleine. Meine Hände legen sich auf Wonshiks Wunde. Wärme durchströmt meinen gesamten Körper. Wieder beginnen meine Augen zu brennen. Eine seltsame Kraft erfüllt mich. Mit großen Augen beobachte ich, wie Wonshiks Wunde immer kleiner wird, bis nur noch vier kleine Narben bleiben.

Ich nehme meine Hände von Wonshiks kalter Haut. Doch er wird nicht wach. "Wach auf du großer Idiot! Du kannst nicht sterben, nachdem du mir deine Liebe gestanden hast!", schreie ich frustriert. "Holt Hyuk! Schaut ob er lebt", höre ich dumpf Taekwoons Stimme. Ich konzentriere mich auf Wonshik. Er muss leben. "Jetzt steh auf! Wonshik Ich warne dich!" Tränen fließen meine Wangen herunter, während ich anfange gegen Wonshiks blanke Brust zu schlagen. Er darf mich nicht alleine lassen.

Da endlich öffnet er seine Augen. Noch mehr Tränen verlassen meine Augen, als ich ihm in die Arme falle. Schluchzend kralle ich mich in seinen Nacken. "Du blöder Idiot", heule ich. Er lebt. Er lebt. "Als ob ich dich alleine lassen könnte", höre ich ihn mit schwacher Stimme flüstern. Noch mehr Tränen verlassen meine Augen. "Du blöder, blöder Vollpfosten. Wieso hast du das gemacht? Ich habe dir gesagt ihr sollt verschwinden", schluchze ich, während ich seinen Geruch einatme. "Als ob wir das jemals könnten", höre ich eine weitere Stimme, von der ich Angst hatte, sie niemals wieder zu hören.

Eine Welle Erleichterung durchzieht mich, als ich Wonshik loslasse und einem sehr lebendigen, aber eiskalten Hyuk in die Arme falle. "Du blödes Riesenbaby! Wie konntest du deiner Noona so Angst machen!", schluchze ich. Hyuk fährt sanft durch meine Haare. Meine Vision hat sich nicht bewahrheitet! Hyuk lebt. Er ist hier. Alle sind hier! "Gruppenumarmung", schreit Jaehwan und zieht uns alle in eine Umarmung. Eine Welle Erleichterung überschwemmt mich. Alle sind am Leben. Sie sind alle hier.

Weinend drücke ich mich an Hyuk. Sein Schicksal war doch nie der Tod. Ich konnte meine menschliche Seite wieder erlangen, so er auch sein Leben. Sie leben. Jetzt kann meine gute Vision immer noch wahr werden. Wir können uns alle vereinen. Ich könnte Seong vielleicht irgendwann verzeihen und dann wäre es soweit.

Alle sind hier. "Wir müssen hier raus", murmelt Taekwoon, als wir uns lösen. Alle nicken. Uns gegenseitig stützend gehen wir als Sieger aus diesem Kampf und dem Palast des Sonnenkönigs. Der Verlust meines Vater liegt schwer auf meinem Herzen. Es war nicht seine Schuld. Es war die Schuld von niemandem. Draußen werden wir nicht von warmen Sonnenstrahlen empfangen, sondern von eisiger Kälte. Sogar leichter Frost lässt sich in der Dunkelheit erkennen. Plötzlich erinnere ich mich wieder. Wie diese Macht in mir Seong gegen den Altar schleuderte und ich dann anfing dagegen anzukämpfen.
Mein Bruder ist tot.
Ich habe meinen Zwilling getötet. Meine Beine geben unter mich nach. Ich war es. Tränen fallen meine Wangen herunter. Ich bin ein Monster. Der eiskalte Boden unter mir betäubt meine Beine.
Seong ist tot.
Dad ist tot.
Hakyeon. Er hat meinen Vater getötet. Die Jungs stehen einfach nur da. Betroffen. Sie wissen, was los ist. Wonshik kniet sich vor mich und nimmt mich in seine Arme. "Es war nicht deine Schuld", flüstert er mir leise ins Ohr.

Und ob es meine Schuld war. Ich habe meinen Zwilling ermordet. Meine Gedanken gehen zurück. Seong war früher immer für mich da. Er hat angefangen in meinem Bett zu schlafen, nachdem Sang gestorben ist und ich konstante Albträume hatte, obwohl er selbst nie geschlafen hat. Er hat mich immer getröstet, wenn ich wegen der Scheidung geweint hatte. Er ist immer noch mein Zwilling gewesen und ich kann nicht glauben, dass er von Grund auf böse war. Alte Erinnerungen stürzen auf mich ein. Doch etwas schleicht sich wieder in mein Gedächtnis. <Öffne die Tore der Hölle für mich> Hakyeon. Er hat meinen Vater getötet. Meine Trauer wird durch Wut ersetzt. Er hat meinen Vater getötet. Schritte kommen mir näher. Hakyeon hat mir meinen Vater genommen. Wonshik neben mir verkrampft sich, als er meine Gedanken hört.

Die Person bleibt stehen. Dieser Geruch. Hakyeon. Wie kann dieser Verräter es wagen? Mit brennender Kraft stoße ich Wonshik von mir und stehe auf. Blanker Hass überflutet mich, als ich Hakyeon in die Augen sehe. "Verräter!", schreie ich wütend. Die Jungs verstehen. Sie wussten es nicht. Mein Zorn übernimmt Kontrolle über mich. So schnell ich kann renne ich auf Hakyeon zu. Lege meine Hände um seinen Hals. Er lässt es geschehen. Doch ich kann nicht zudrücken. Etwas hält mich zurück. Blind vor Wut stolpere ich zurück und starre auf meine Hände. In diesem Moment kracht es laut. Hongbin hat seine Faust direkt auf Hakyeons Gesicht auftreffen lassen. Der Ältere lässt es geschehen. "Verräter", knurrt Hongbin nur. Blut fällt auf den Boden. Wir gehen, lassen Hakyeon alleine zurück. Er rührt sich nicht.

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Eine Wendung, die ich nicht vohergesehen hätte...

Sonnenauge ~ #PlatinAward19Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt