Sanft decke ich Hyuk zu. Unsere Gäste haben sich alle verabschiedet und ich durfte mich um die komplett betrunkenen Gastgeber kümmern. Erschöpft lege ich mich auf die Matratze neben Hakyeons Bett. Haykeon hat sich geweigert mich in seinem Bett schlafen zu lassen und wurde nocheinmal zu einer kompletten Dramaqueen, also muss ich jetzt wohl oder übel auf dem Boden schlafen. Jaehwan und Hongbin haben es nämlich irgendwie geschafft ihre Zimmertür abzuschließen und den Schlüssel zu verlieren. Müde fallen langsam meine Augen zu.
Alles um mich herum ist schwarz. Unsicher versuche ich mich zu bewegen, doch ich bin wie am Boden festgewachsen. Von weiter Ferne ertönt leise Klaviermusik. Komplett verwirrt suche ich nach dem Ursprung der Musik. Was ist hier los? Das ist nicht gut. Das ist keine gute Vision. Ein weißes Licht erstrahlt plötzlich direkt vor mir. Geblendet schütze ich meine Augen. Das kann nichts Gutes bedeuten. Langsam gewöhnen sich meine Augen an das Licht. Eine Person sitzt an einem Klavier. Hinter ihr eine Frau in einem langen, weißen Kleid. Sie hat ihre Hand auf die Schulter der Person gelegt. Ihre Berührungen scheinen sanft zu sein, doch ihr Gesichtsausdruck ist kalt und emotionslos. Plötzlich beginnt sie böse zu lächeln. Ihre Hand gleitet von der Schulter der Klavier spielenden Person. Sie geht. Ohne sich umzudrehen. Die Person scheint aus ihrem Klavierspiel zu erwachen und berührt die eigene Schulter, wo zuvor die Hand der Frau gelegen hat. Erschrocken weiten sich meine Augen. Es ist Taekwoon. Taekwoon, der nun paralysiert in die Leere starrt. Er nimmt seine Hände von den Tasten und beginnt zu schreien. Doch kein Ton verlässt seine Lippen. Er schreit weiter und weiter. Verzweifelt versuche ich zu ihm zu rennen, doch nichts passiert. Ich kann mich keinen Zentimeter bewegen. Da tritt der kalte, schwarze Nebel in mein Sichtfeld. Nein. Nein. Taekwoon. Nicht auch er! Nein! Er darf nicht sterben! Ich spüre etwas eiskaltes um mein Handgelenk. Ich richte meinen Blick auf meine Hände. Pechschwarze Ketten haben sich um meine Knöchel und Handgelenke geschlungen. Panisch reiße ich an ihnen. Nein. Doch nichts passiert. Ich muss festgekettet zusehen, wie der Nebel sich über das Klavier legt. Die Frau von vorhin tritt wieder zu Taekwoon, doch dieses Mal ist ihr Kleid pechschwarz. Taekwoon lächelt verzweifelt und streckt seine Hand quälend langsam nach ihr aus. Nein. Die Ketten legen sich um meine Arme. Ich versuche sie zu ignorieren und schreie stumm Taekwoons Namen. Er darf sie nicht anfassen. Er darf sie nicht berühren! Nein! Langsam legen sie die Ketten auch um meinen Bauch. Die Hände von Taekwoon und der Frau kommen sich immer näher. Nein! Taekwoon! Er darf sie nicht berühren! Er darf nicht auch noch sterben. Er darf...
Ein lautes Klatschen knallt durch den Raum. Panisch fahre ich auf. Meine Wange brennt. Zitternd lege ich meine Hand auf meine Stirn, doch eine Hand schiebt meine weg. Verschreckt fahre ich zurück und knalle gegen jemanden. Wonshik. "Sun", höre ich Jaehwans sanfte Stimme "Es geht dir gleich besser" Eine Hand umschließt meine. Meine Panik verfliegt langsam. Verstört starre ich meine Freunde an, die alle in einem Kreis um mich herum sitzen. "Besser?", fragt Jaehwans Stimme, doch sie klingt so weit weg, obwohl er direkt neben mir sitzt. Paralysiert nicke ich. "Sun. Geht es dir gut? Kannst du atmen", dringt Hakyeons Stimme zu mir. Wieder kann ich nur nicken. Es war nur eine Vision. Es war nur eine Vision. Ich versuche meine rasselnde Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. "Sun. Kannst du uns deine Vision erzählen?", bittet Hakyeon mich sanft. Panisch schüttel ich meinen Kopf. Diese Vision ging nur über Taekwoon und es scheint etwas sehr persönliches zu sein. Ich glaube kaum er würde wollen, dass ich es allen brühwarm erzähle. "Schön. Hetz dich nicht", erklärt Hongbin mir sanft und reibt sich seinen Kopf. Langsam nicke ich. Mein Körper ist komplett erschöpft, ich kann meine Augen kaum aufhalten. Wonshiks wohlige Wärme und die guten Gefühle, die Jaehwan auslöst, helfen dabei nicht gerade. Wieder werde ich von Müdigkeit übermannt.
Ich wache aus einem traumlosen und nicht erholsamen Schlaf langsam wieder auf. Diesmal liege ich nicht auf dem Boden, sondern in einem Bett. Ich reibe meine Augen und setze mich langsam auf. Der Schock von meiner Vision liegt mir noch tief in den Knochen. Was hat das zu bedeuten? Muss Taekwoon sterben? Soll ich es allen erzählen oder nur ihm? Es scheint etwas zu persönliches zu sein, um es allen direkt zu erzählen. Ich sollte warten und einen geschickten Moment abwarten. Das ist jetzt vermutlich das Beste. Ich atme nocheinmal tief durch, bevor ich aufstehe und aus dem Zimmer gehe. Die Wohnung ist schon wieder aufgeräumt. Hakyeon verräumt gerade die letzten Flaschen. Als er mich bemerkt rauscht er sofort zu mir. "Wie geht es dir?", fragt er mich besorgt. Ich winke ab. "Den Umständen entsprechend", murmel ich. Eigentlich geht es mir ziemlich dreckig. Ich durfte gestern Nacht schon wieder sehen, wie einer meiner Freunde kurz vor dem Tod steht. "Sun, das gestern war wirklich nicht mehr normal", tadelt Hakyeon mich "Du hast panisch auf die Decke gestarrt und geschrien. Was ist in deiner Vision passiert? Und lüg mich nicht an" Oh Gott. Das ist nicht gut. Erschrocken beginne ich etwas vor mich hin zu stottern. "Du kannst immer zu mir kommen, wenn du jetzt nicht dafür bereit bist, aber bitte erzähle es jemandem ok?", bittet Hakyeon mich nun mit sanfterer Stimme. Ich nicke. Erzählen werde ich es jemandem, aber der Person, die es persönlich etwas angeht. Hakyeon umarmt mich, bevor er sich wieder an die Arbeit macht. "Kann ich helfen?", frage ich nach. Ich muss mich ablenken. "Nein, nein. Leg dich noch etwas hin, heute wird nicht viel laufen", lehnt Hakyeon ab. "Ich möchte wirklich helfen. Bitte. Etwas zu helfen wird mich auf andere Gedanken bringen", versuche ich es erneut. Hakyeon grummelt etwas, erklärt mir aber dann: "Schön. Richte für jeden der Jungs eine Flasche Wasser und bring Wonshik einen kalten Wickel. Er hat es gestern etwas zu sehr genossen" Das habe ich leider mitbekommen. Ich belade mich mit den Wasserflaschen und dem Wickel. Zuerst schleiche ich leise in Hakyeons und Hyuks Zimmer zurück. Hyuk hat sich auf dem Boden zusammen gerollt und schnarcht leise. Leise stelle ich die Wasserflasche neben ihm ab. Dann versuche ich in Hongbin und Jaehwans Zimmer zu gehen, doch es ist immer noch abgeschlossen, also versuche ich mein Glück bei Wonshik und Taekwoon. Beide sind schon wach. Taekwoon sitzt am Fenster und starrt auf die Straße. Sofort rauscht mir der Gedanke an die Vision in den Kopf. Ich beginne zu zittern. Ohne, dass er es bemerkt stelle ich die Flasche neben ihm ab und gehe zu Wonshiks Bett. Der Ältere hat sich in seiner Decke zusammengerollt. "Wonshik-oppa", flüstere ich sanft. Er dreht sich zu mir. Vorsichtig plaziere ich den Wickel auf seinem Kopf, bevor ich auch ihm eine Flasche hinstelle. "Genug trinken", ermahne ich ihn leise, danach mache ich mich auf die Suche nach Hongbin und Jaehwan, die ich schlussendlich im Wohnzimmer finde.
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Sonnenauge ~ #PlatinAward19
FanfictieIch hatte ein normales Leben, zumindest bis zu dem Tag, als alles den Bach runter ging. Meine Freunde begannen mich zu hassen, meine Mutter und mein Bruder schlossen mich aus ihrem Leben aus. Ich war alleine. Alles was mir blieb war ein Geschenk mei...