Zum Glück hatte ich seit dem Albtraum von Montag keine mehr gehabt. So hatte ich genug Zeit mir über diesen Gedanken zu machen, doch es ist nicht viel heraus gekommen. Nichts macht wirklich Sinn.
Ich seufze und schaue auf die Uhr. Hongbin und Hyuk wollen unseren freien Samstag nutzen, um an dem Projekt zu arbeiten. Beide sind extrem motiviert, weil sie eine gute Note brauchen, da beide auf der Kippe zu stehen scheinen. Mum ist schon weg, während Seong sich schon den ganzen Tag nicht gezeigt hat. Unser Streit liegt mir immer noch tief in den Knochen. Tief im Inneren bildet sich immer mehr der Drang mich mit ihm zu vertragen, doch seine Worte liegen immer noch zu schwer auf meinem Herzen.Endlich klingelt es. Wie von einer Biene gestochen rase ich zur Haustür. Ich lasse meine Freunde rein, doch sie haben nicht einmal die Chance ihre Schuhe auszuziehen, als laut eine Tür zuknallt. "Kein männlicher Besuch, wenn Mum nicht da ist! Du kennst die Regel", brüllt Seong schon fast durchs ganze Haus. Die, über Tage aufgestaute, Wut brodelt heiß in mir. "Es ist für die Schule! Da zählt die Regel nicht", schreie ich zurück. Dies scheint Seong jedoch überhaupt nicht zu gefallen. Bedrohlich kommt er auf Hongbin und Hyuk zu, die angespannt vor der Haustür stehen. "Raus oder muss ich euch Beine machen. Und du kannst grad mitgehen", knurrt er. Es brodelt immer mehr in mir. Ich möchte etwas erwiedern, doch Hongbin hält mich zurück. "Wir können auch zu uns. Pack schnell deine Sachen, wir warten vor dem Haus", schlägt er mir vor. Ich nicke und gehe in Richtung meines Zimmers, nicht aber ohne Seong anzurempeln und ihm einen bösen Blick zu schenken.
Das ist so unfair! Er kann ständig seine Freunde hier haben und meine schickt er dann weg. Er ist ein dreckiges Schwein.
Wütend trete ich ein Buch durch mein Zimmer, fluche dann aber laut über den aufkommenden Schmerz.
Ich will hier nicht mehr sein.
So schnell wie möglich packe ich meine Sachen zusammen und laufe aus dem Haus. Hongbin und Hyuk sitzen vor der Bushaltestelle, wo sie auf mich warten. Als sie mich sehen stehen sie auf. "Dann laufen wir mal los", bestimmt Hongbin und schultert seinen Rucksack.Einige Zeit laufen wir stumm nebeneinander.
Heute ist das erste Mal, dass ich allein bei Jungs zuhause bin. Natürlich war ich schon häufiger bei Soo-Jin, aber da waren immer entweder Byeol oder Jumi immer dabei.
Nervös beginne ich meine Handknöchel zu kneten. Meine Wut auf Seong brodelt jedoch immer noch neben meiner Nervosität. Hyuk schielt zu mir. Plötzlich werden seine Augen größer. Er hustet leise. Hongbin legt wieder einen Arm um mich, wie damals in Park. "Und, freust du dich einen ganzen Tag mit uns zu verbringen?", fragt er mich. Ich nicke. "Auch wenn ich euch eh schon fast jeden Tag sehe", ergänze ich noch frech. "Etwas mehr Respekt, ich bin immer noch dein Oppa!", ermahnt er mich spielerisch. Gespielt traurig ziehe ich eine Schnute. "Aber Oppa~~", schmolle ich, wobei ich das Oppa extra lang ziehe.
Hongbin hasst es so angesprochen zu werden und seine Reaktion fällt entsprechend aus.
Er verzieht sein Gesicht genervt. "Oppa ist genervt, das mag Hyukie nicht", schließt sich Hyuk mir an. Hongbins Gesicht verzieht sich noch mehr. "Oppa! Oppa! Du darfst nicht so schauen. Das mag Sunnie nicht", beschwere ich mich spielerisch.
Hongbin nimmt seinen Arm von mir und deutet auf das Haus vor uns. "Wir sind da", erklärt er mir.Keuchend kommen wir im dritten Stock an, der Aufzug ist kaputt und wir mussten alles hochlaufen. "Die anderen Jungs sind auch da, aber sie werden uns sicher nicht stören", erklärt Hongbin mir, als wir den Dorn betreten. Es ist hübsch hier. Klein und kuschelig, aber etwas unordentlich. "Hyungs! Wir sind wieder da! Sun ist auch dabei", schreit Hyuk laut durchs Haus.
Das hätte leiser auch sicher funktioniert.
Hakyeon kommt als erster zu uns und nimmt mich in den Arm, wobei er mich etwas vom Boden hochhebt.
Wieso müssen auch alle von ihnen so groß sein? Über Hakyeons Schulter sehe ich Wonshik und Taekwoon, die ihre Köpfe aus einer Tür gesteckt haben. Die beiden winken nur. Wonshik hat ein Lächeln auf den Lippen, doch Taekwoon starrt mich einfach nur kalt an. Hakyeon setzt mich wieder ab. "Jaehwan ist gerade etwas einkaufen. Aber es ist so schön dich mal wieder außerhalb der Schule zu sehen, Sun", freut er sich. In solchen Momenten erinnert er mich irgendwie an eine Mutter, die die Freunde ihrer Kinder begrüßt.Hyuk zieht mich von Hakyeon weg und in eines der Zimmer am Ende des Ganges. "Sonst hört der nichtmehr auf zu labern", beschwert er sich leise. Im Zimmer stehen zwei Betten. Die eine Hälfte des Zimmers ist schön ordentlich, während mich die andere eher an eine Müllhalde erinnert.
Ich schätze auf Hakyeons und Hyuks Zimmer.
Irgendwie schaffe ich es zwischen den Klamottenbergen ein freies Fleckchen zu finden. Schnell setze ich mich hin. "Dann fangen wir mal an", bestimmt Hongbin, der sich auf die ordentliche Seite des Zimmers setzt.
Wir beginnen das Thema in mehrere Abschnitte zu gliedern und diese zu verteilen. Außerdem muss ich das Handout für die Klasse machen, Hyuk schreibt die Karteikarten und Hongbin stellt das Plakat zusammen. Aber so weit sind wir noch nicht. Zuerst blättern wir durch unsere Quellen, um dort wichtige Informationen zu unterstreichen. Die ganze, vor uns liegende Arbeit lenkt mich beinahe so gut ab, dass ich den Streit mit Seong vergesse. Doch ein letztes kleines bisschen Wut brodelt immer noch in mir. So gut es geht versuche ich es zu verdrängen und mich auf die Aufgaben zu konzentrieren.
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Sonnenauge ~ #PlatinAward19
FanfictionIch hatte ein normales Leben, zumindest bis zu dem Tag, als alles den Bach runter ging. Meine Freunde begannen mich zu hassen, meine Mutter und mein Bruder schlossen mich aus ihrem Leben aus. Ich war alleine. Alles was mir blieb war ein Geschenk mei...