Kapitel 4 - Das perfekte Versteck

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Henry und ich fahren seit bestimmt mehr als zwanzig Minuten in Paradise Beach umher, auf der Suche nach dem Ort der auf der Stadtkarte verzeichnet ist. Unsere Familie hält ihre Lager und Verstecke schon immer geheim, und das hat genau zwei Gründe. Zum einen wollen sie sich vor Raub schützen, zum anderen wollen sie Wesen unterschiedlichster Art fern halten. Denn welches hungrige Wesen stürzt schon nicht gerne auf ein Lager mit unzähligen Blutkonserven?

»Ich frage mich manchmal ob unser Vater das überhaupt ohne uns schafft« unterbricht Henry meine Gedanken. »Du meinst den Rat zu leiten?« Henry nickt. »Ich denke nicht dass er es schafft. Auf unseren Schultern lag und liegt eigentlich so viel Verantwortung und wir waren damals zu fünft. Jetzt sind er und unsere Mutter alleine, und du glaubst doch wohl nicht wirklich dass er sie in die Unterlagen sehen lässt? Dann könnte sie ja noch mehr abscheuliches über ihn herausfinden« antworte ich ehrlich und spüre dabei wie mich ein Schauer überkommt. »Er hat doch am Ende eh alles auf dich und mich abgewälzt, weil er zu bequem war. Während wir beide die Verantwortung des kompletten Rats mit all seinen Aufgaben übernommen haben, hat er die Lorbeeren kassiert, und das nervt« füge ich hinzu und verdrehe die Augen.  »Ich bin froh das wir dort weg sind Henni« »Ich doch auch« seufzt er, greift nach meiner Hand und drückt diese einmal.

»Wir sind da« sagt Henry und fährt in eine kleine, dunkle Seitenstraße rein, die nicht weit von unserem eigentlichen Ziel entfernt ist. Das Auto direkt davor parken geht schlecht, da wir sonst definitiv auffliegen würden. Ich nehme das Handy aus meiner Tasche, welches ich mir vorhin an einer kleinen Tankstelle irgendwo im nirgendwo gekauft habe und schreibe Edley.

Sind da. Es kann losgehen.

Fünf Minuten.

Nickend lege ich das Handy auf den Boden und trete ein paar Mal mit voller Wucht rauf, sodass es in ganz viele kleine Einzelteile zerspringt. Aus dem ganzen Schrott nehme ich mir den Akku und die SIM Karte und stecke beides in meine Jackentasche. Nachdem ich alles ins Auto gelegt und unsere Taschen rausgeholt habe, nicke ich Henry zu.

Jetzt heißt es nur noch abwarten.

•••

Während wir uns in der kleinen Seitenstraße verstecken, sehen wir wie ein Jeep an uns vorbei rast. »Das müssen sie gewesen sein« Henry nickt mir zu und gemeinsam machen wir uns auf den Weg.

Alleine würde ich hier niemals in diesen Teil von Paradise Beach kommen. Es sieht so aus als wäre alles Leben völlig ausgelöscht worden, es ist wie eine Geisterstadt. Nur noch leerstehende, runtergekommene Gebäude. Das perfekte Versteck für so ein wertvolles Lager.

Umso näher wir dem weißen Haus mit dem roten Dach kommen, umso aufgeregter werde ich. »Henry.. das ist zu einfach..« flüstere ich und er stimmt mir nickend zu. Mit seinem Zeigefinger zeigt er erst auf seine Augen, dann auf den Boden, nur um mir zu verdeutlichen nach möglichen Fallen Ausschau zu halten.  Als ich etwas weiter entfernt etwas knacken höre, gucke ich sofort meinen Bruder an. Allein an seinem Blick kann ich sehen das mein übernatürliches Gehör mich immer noch nicht täuscht.

Logan hat mir nahegelegt nie unüberlegt zu handeln.  Man soll immer einen Plan haben, damit man nicht unüberlegt handelt und am Ende noch etwas schlimmes passiert, was man hätte verhindern können. Weiter entfernt liegt eine leere Flasche Bier,
weshalb ich grinsend Henry angucke und sie dann vom Boden aufhebe. »Dana, nein!« Er versucht mich noch aufzuhalten, doch schüttelt dann grinsend seinen Kopf. 

»D-duuuu bis doch verrückt!« nuschle ich laut und stolpere absichtlich, damit er mich auffangen kann. Ich greife nach seinem Arm und lache so bescheuert wie eine Betrunkene eben nur lachen kann.

Nur wenige Sekunden später kommen zwei große Männer in Lederjacken auf und zu und grinsen uns so widerwärtig an, dass mir fast die Spucke wegbleibt, aber auch nur fast.

»Na sieh mal einer an, Marc.. Wer hat sich denn hier her verirrt? Und dazu noch mit so viel Gepäck?« fragt der Typ mit der Glatze den anderen und leckt sich dabei über die Lippen, als würden wir ihm sein Abendbrot auf einem Silbertablett servieren. »Was macht ihr in dieser Gegend von Paradise?« »Ein k-kleines Abenteuer e-erleben« stottere ich und schmeiße die Flasche Bier auf den Boden. »Und du nimmst deine Freundin in so eine Gegend mit, obwohl sie betrunken ist? Weißt du, Kleiner..« Der Typ mit der Glatze grinst beinahe siegessicher, als er uns nicht für eine Sekunde aus den Augen lässt, während sich der andere hinter uns stellt. »Diese Gegend hier ist ziemlich gefährlich« fügt er bedrohlich hinzu. »Und was macht ihr dann hier?« »Wir haben dafür keine Zeit mehr« flüstere ich, obwohl ich ganz genau weiß das sie mich hören können.

»Keine Zeit für ein bisschen Spaß?« Er greift nach meinem Handgelenk, zieht mich zu sich und verstärkt seinen Griff um meine Hüfte, so das ich ihm hautnah bin. »Das willst du nicht machen, Kleiner« grinse ich. »Oh doch und wie« knurrt er mit tiefer Stimme und lässt seine spitzen Zähne zum Vorschein kommen.

Mit nur einem Wimpernschlag verwandeln sich seine Augen von einem Grün in ein tiefes blutrot.

Noch ehe er zu beißen kann, lege ich meine Hand auf seine Brust und schubse ihn so, dass er fällt. »Ihr habt euch mit den falschen angelegt« knurre ich.

Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit gebe ich mich zu erkennen und spüre wie meine braunen Augen sich in das eisblau verwandeln, welches nur wir als die ersten unserer Art haben.

Ich kann seine Angst, auf das was jetzt kommt,  förmlich riechen, erinnere mich jedoch in letzter Sekunde daran, was mein Bruder und ich uns versprochen haben. »Was soll ich mit ihm machen, Dana?« fragt Henry mich. »Du weißt was du zu machen hast« antworte ich knapp, während ich mich wieder dem Typen zu wende und mich über ihn beuge. »M-Miss Thompson.. I-Ich hatte ja keine Ahnung« stottert er. »Als ob du nicht von Anfang an wusstest wer wir sind«

Mit meinen Händen packe ich seinen Hals, sehe ihm tief in die Augen und sage dann »Du wirst vergessen das du uns gesehen hast. Die ganze Zeit über als die anderen weg waren ist alles reibungslos verlaufen, es gab keine Zwischenfälle. Ihr wisst nur noch dass ihr von zwei vorbeiziehenden Streunern angegriffen wurdet« Dann packe ich seinen Hals fester und drehe mit einem Ruck so schnell um, dass es laut knackst und er in sich zusammen sackt.

»Ich hätte beide nur zu gerne umgebracht« beschwert Henry sich darüber, dass er nicht seinen Spaß haben durfte. »Ich weiß, aber wir haben uns versprochen nie so zu werden wie unser Vater, weshalb..« »Wir keinen umbringen der uns nicht schaden oder selbst angreifen will« beendet er meinen Satz.

Als wir dann auch endlich im Haus angekommen sind, beeilen wir uns und erledigen sofort das, weshalb wir hier sind. Obwohl unser Vater doch so verpicht darauf war zu beachten dass niemand ihn beklaut, raubt gerade sein eigen Fleisch und Blut seinen kompletten Vorrat an Blutkonserven für Palm Springs leer. »Im Prinzip ist es ja nicht mal Diebstahl. Eigentum von Thompson« lacht Henry, als er alles in die Taschen verstaut. »Wo du recht hast« antworte ich grinsend und helfe ihm dabei, damit wir so schnell wie möglich wieder von hier abhauen können.



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Ich hoffe dass das Kapitel euch gefallen hat und würde mich riesig über Votes und Kommentare freuen ❤️

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