Die Ersten unserer Art #Darkness

Kapitel 6 - alle Zeit der Welt

‚Zeit die wir uns nehmen, ist Zeit,
die uns etwas gibt.'
Ernst Ferstl

»Denkst du denn dass ich das so gewollt habe, Henry?! Dass ich mit Absicht vor ein paar Wochen in ihn gelaufen bin?!«

Ich kann es nicht glauben. Seit einer halben Ewigkeit streiten mein Bruder und ich uns über die Sache mit Tyler, obwohl doch niemand was dafür kann, nicht mal er!

»Er hat sich das doch auch nicht ausgesucht« füge ich genervt hinzu und verschränke meine Arme vor der Brust. »Ach, jetzt nimmst du den Wolf also auch noch in den Schutz?! Dana, bist du von allen guten Geistern verlassen? Hast du vergessen was seine Familie unserer angetan hat?!« Er schmeißt seine Schlüssel gegen die Wand und dreht sich zu mir um. »Sein Großvater hat unseren Cousin getötet, nur weil er gegen das Abkommen verstoßen hat!« »Und du willst mir sagen, dass du nicht genauso gehandelt hättest, wenn einer von den Wölfen dagegen verstoßen hätte? Sag mir jetzt sofort, dass du nicht das selbe gemacht hättest und ich bin leise«

Natürlich zögert Henry. Ich kenne doch meinen Bruder und weiß, das für ihn nun mal Regeln das oberste Gesetz sind. Dass man sich nun mal an sie zu halten hat, ansonsten gehört man bestraft. Auch wenn ich ihm sonst bei abtrünnigen Vampiren zustimme, so ist doch Tyler's Geschichte eine ganz andere.

»Wusst' ich's doch, siehst du? Außerdem kannst du nicht von ihm verlangen für die Fehler seines Großvaters zu büßen, wenn er damit nichts zutun hat. Das müsstest gerade du am besten verstehen, oder soll ich dich daran erinnern was unser Vater alles gemacht hat?« »Du kannst unseren Vater nicht mit seinem Großvater vergleichen Dana« antwortet er immer noch widerspenstig. »Und doch ist es vom Prinzip her genau das selbe. Du hast doch selbst gesagt, dass Matthew meinte das sein Großvater voller Vorurteile ist, genau so wie die beiden, die uns gezeugt haben. Sie haben Edley aus dem Haus geschmissen nur weil er Männer liebt«

Für einen Moment schweigt er, lässt das sacken was ich gerade gesagt habe.

»Bin ich wie er, Dana?« fragt er mich. Als ich in seine Augen gucke, sehe ich endlich dass er es realisiert und ich könnte schwören, dass ich so etwas wie Reue aus seiner Stimme höre. »Natürlich nicht« antworte ich sofort und nehme ihn in die Arme. Henry seufzt laut, fährt sich dabei durch die Haare und schließt dann seine Arme um mich. »Du solltest vielleicht nicht gleich immer das Schlechteste in allen sehen, aber dafür hast du ja mich, hm?« Ich lächle ihn aufmunternd an, woraufhin er nickt. »Ich bin immer noch nicht begeistert davon« sagt er, zieht dabei seine Augenbrauen zusammen. »Ich weiß« grinse ich. »Was ich von alledem halten soll, weiß ich auch noch nicht, schließlich haben wir bis jetzt nur über die Prägung gehört« füge ich hinzu. »Um ehrlich zu sein ist es auch eher sein Rudel das mir Sorgen bereitet. Während Tyler gleich bereit war, uns beide zu beschützen, haben sie das Abkommen erwähnt« murmelt Henry.

»Was hältst du davon, wenn du in meinen Büchern oben nachsiehst ob du etwas zu Werwölfen und deren Prägungen findest, während ich nochmal zu Tyler gehe?« »Musst du da wirklich nochmal hin?« brummt er. »Henry, du hast doch selbst gesagt dass sie mich nicht verletzen dürfen, also mach dir mal keine Sorgen um mich. Ich kann gut auf mich aufpassen« »Du rufst mich an wenn was ist?« Auch wenn er es als frage formuliert hat, war das wohl eher seine Art mich höflich dazu aufzufordern. »Natürlich«

Brüder sind anstrengend! Gott sei dank muss ich mich gerade nur mit einem von dreien rumschlagen. Nicht auszudenken was Logan und Edley gesagt hätten..

•••

An 350 Tagen im Jahr herrscht gutes Wetter in Palm Springs, aber natürlich muss es ausgerechnet jetzt anfangen zu regnen. Doch ich für meinen Teil, genieße es im Regen spazieren zu gehen. Ich genieße es im Regen zu tanzen als würde es kein Morgen mehr geben und ich liebe es, mich bei strömenden Regen auf den Boden zu legen und mich berieseln zu lassen. Es ist so unglaublich befreiend, für einen Moment alles andere um sich herum vergessen zu können.