Kapitel 44 - Stille

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Tyler's Sicht

Jeder Morgen an dem ich aufwache und weiß, dass sie bei mir ist, ist ein guter Morgen. Ein Morgen, an dem ich aufatmen kann, weil ich sie befreit habe. Ein Morgen, an dem ich sie sehe, ist ein guter Morgen und ein Morgen, an dem sie sich entscheidet, ihr Schweigen wieder zu brechen, wird sagenhaft werden.

Tag Eins
Ich lege meinen Finger auf den Scanner und öffne die Tür aus massivem Holz mit einem Knarren, lasse den kalten Luftzug hinein wehen. Da sitzt sie, schwächer als ich sie je gesehen habe. Ich könnte schwören, dass sie gestern blasser war. Regenerieren sich ihre blutsaugenden Kräfte trotz der Handschellen so schnell? Ich werde Kalma fragen müssen. Immer noch stolz, blitzen mir ihre Augen entgegen. Sie hat nicht verstanden, dass sie mir gehört, dass sie manipuliert wurde. Doch sie wird es einsehen, mit meiner Hilfe. Sie braucht mich.

Langsam trete ich näher, die einzige Waffe die ihre Brüder und sie töten kann, locker in meiner Hand. Ihre Hände sind in den Handschellen gefesselt, sie kann nichts anrichten. Als würde von ihr keine Bedrohung ausgehen, verzieht sie keine Miene, als sie die Waffe sieht. Ich sehe die Müdigkeit in ihren Augen, wie fahl und trocken ihre Haut wirkt. Ihre Adern sind deutlich sichtbar. Sie hat kaum noch Kraft. Als Hybridin sollte sie unbesiegbar sein, doch irgendwas hat sie heftig ausgelaugt. Was hält sie aufrecht? Sollte sie nicht kauernd in der Ecke liegen? Vielleicht sind es Kalmas Fesseln, vielleicht auch etwas anderes. Es ist mir egal. Ihre Schwäche ist mein Vorteil.

»Tyler..« Ihre Stimme ist nichts mehr als ein Flüstern. Sie weicht meinen Blicken aus, aber die Verzweiflung trotzt aus ihr. »Ich b..brauche Blut«

Ich bleibe stehen und sehe sie für einen Moment stumm an. Blut, natürlich. Kein Dank dafür, sie gerettet zu haben. Kein Hallo. Sie braucht es um zu überleben, da sie im Überlebensmodus ist. Sie braucht es, um ihre Kräfte wiederherzustellen, damit sie vor mir fliehen kann. Doch anstatt Mitleid zu empfinden, erfüllt mich nur ein Gefühl der Macht. Endlich muss sie mich um etwas bitten.

Als könnte sie mich lesen, fügt sie ein leises »Um nicht auszutrocknen« hinzu. »Blut?« frage ich langsam und lasse mir ihren Anblick genüsslich auf der Zunge zergehen. »Du willst also, dass ich dir helfe? Dass ich dir das gebe, was du brauchst, obwohl du mich wie den Feind behandelst?« »Ich bin mit dir mitgekommen« sagt sie und weicht meiner Frage aus.

Dieses Mal lasse ich es ihr durchgehen. Sie ist hier. Hier bei mir. In Sicherheit.

»Bitte« sagt sie mit zitternder Stimme. »Wenn du mir nichts gibst..« »Trocknest du aus, ich weiß.« Vollende ich ihren Satz mit einem kalten Lächeln im Gesicht. »Du wiederholst dich. Aber du wirst nicht sterben, oder Dana? Nicht ohne meine Erlaubnis« Ich komme ihr näher, lehne mich zu ihr hinunter, bis unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander getrennt sind. Selbst ihr Geruch ist ein anderer. »Warum sollte ich dir helfen, hm? Du solltest zuerst beweisen, dass du es verdient hast.« Mir fällt auf, wie sehr sie die Zähne zusammenbeißt, als würde sie in sich verharren. Der Kampf in ihren Augen ist immer noch nicht ganz erloschen. Wird sie sich mir hingeben, oder legt ihr Stolz ihr Steine in den Weg?

»Ich bin mit dir mitgekommen, Tyler..« »Du wiederholst dich schon wieder« »Was willst du noch von mir?« Ich gehe vor ihr in die Hocke, sehe ihr tief in die Augen. »Du brauchst mich, Dana. Sag es« flüstere ich ihr mit breitem Grinsen entgegen. »Ich werde nicht betteln« »Dann wirst du austrocknen« »Du würdest mich nicht austrocknen lassen« »Bist du dir da sicher?« »Bist du dir da sicher?!« Sie verwendet meine eigene Frage gegen mich. Ihre Schlagfertigkeit hat sie selbst jetzt nicht verloren. Der Kampf geht weiter. Ich werde dich dazu kriegen.

»Du brauchst mich, Dana« antworte ich ihr, als ich mich zur Tür umdrehe. Doch dann halte ich inne, meine Hand ruht auf der kalten Tür, die von Krallenspuren der Wölfe gekennzeichnet ist, die hier ihre erste Verwandlung durchgemacht haben. Ich will gerade meinen Finger erneut auf den Scanner legen, als sich mir ein kleiner Gedanke in den Kopf bohrt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 24 ⏰

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