Kapitel 4.1.

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Goldenes Sonnenlicht beschien mein Gesicht, als ich aufwachte und mich im ersten Moment orientierungslos auf setzte, denn statt in meinem Zimmer im Haus meiner Eltern war ich in rotschwarze Decken gehüllt in einem großen, fremden Bett in einer fremden Wohnung, deren Wände zugepflastert waren mit Postern von Rockbands, und deren Fußboden den Eindruck erweckte, als wäre im Zimmer eine Bombe explodiert.
Verschlafen wischte ich mir mit der Hand über die Augen. Die Bettseite zu meiner Rechten war leer, jedoch spürte ich einen frischen Luftzug durch die offene Balkontür herein wehen.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon fast Nachmittag war.

Was soll's... Ich hangelte also träge nach meiner Hose, die ich in der Nacht einfach zu dem Haufen auf dem Boden geschmissen habe, und zog sie mir umständlich über. Danach erst einmal recken und strecken und ausgiebig gähnen, ehe ich mich aus dem Bett schwang und wackelnd zur Balkontür schritt.

Er saß draußen auf einem der zwei ziemlich marode aussehenden Gartenstühlen und blätterte in der heutigen Ausgabe der Zeitung herum, hinter welcher Rauchkringel in den Himmel waberten.

"Guten Morgen." meinte ich und trat zu ihm heraus.
"Morgen, mein Kleiner." meinte er und schlug die Zeitung zusammen.
"Na, wie war deine erste Nacht in fremden Betten?" fragte er und hangelte nach der Kaffeetasse, die auf dem Boden neben ihm stand.
"Och... Ich würde sagen, die Nacht war geradezu perfekt!"
Er lachte, stand auf, nahm mich in den Arm und gab mir ein Kuss auf die Wange.

"Wenn du Frühstück möchtest: drinnen steht noch warmer Kaffee. Mit Essen bin ich wohl momentan nicht besonders gut ausgestattet, da ich eigentlich erst heute Vormittag kurz einkaufen wollte."
"Und was isst du sonst als morgens?"
"Nuttenfrühstück." kam die lapidare Antwort, und ich rollte nur mit den Augen.
"Wir können uns auch was Richtiges reinziehen, spät genug ist es ja, du Schlafmütze. Wie wär's mit dem Asiaten vorne?" meinte er.
"Okay. Und danach gehen wir aber einkaufen, dass mal etwas Gescheites daheim ist."
Ich nestelte Klamotten aus meinem Rucksack und zog mich an, aber als ich mein Handy einstecken wollte und auf das Display sah erschrak ich dann doch.

"Scheiße!" entfuhr es mir
"Was ist?"
"Die haben alle versucht, mich anzurufen."
"Wer? Deine Alten?"
"Alle! Meine Eltern. Und meine Schwester hat es auch probiert. Und Daniel ebenfalls." tippte ich durch die Liste der entgangenen Anrufe.
"Was mach' ich jetzt? Meinst du, die rufen jetzt die Polizei an?" fragte ich hysterisch. Der Hunger war mir erstmal vergangen.
"Glaub ich immer noch nicht, dass die das machen. Und jetzt komm' erstmal ein wenig runter, und dann würde ich an deiner Stelle zumindest Danniboy zurück rufen und fragen, was er wollte. Du musst ja nicht gleich sagen, wo du bist. Wobei er kann es sich denken. Weiß er, wo ich wohne?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Aber selbst wenn, Daniel kann ich vertrauen. Der würde denen nichts sagen."
"Dann ruf Danniboy mal an."

"Nenn' ihn nicht ständig Danniboy!" drückte ich ihm, während ich die Nummer wählte. Seine Antwort war nur eine herausgestreckte Zunge.
Als er ran ging, fing ich sogleich an: "Daniel? Wir müssen..."

"Alter! Bist du übergeschnappt? Weißt du, was bei dir los ist? Deine Mutter klingelt schon den ganzen Tag sturm bei mir. Die fragt ständig, ob ich wüsste, wo du steckst und ob du dich bei mir gemeldet hättest. Die ist ziemlich durch den Wind seit heute Morgen."

"Ich bin weg von dort."
"Ich weiß. Wieso? Was ist los? Gab es wieder Stress? Deine Mutter wollte mir nichts weiter dazu sagen."
"Stress? Das ist die Untertreibung des Jahres." meinte ich sarkastisch.
"Ohje. Was ist passiert? Und wo bist du überhaupt? Bist du bei ihm?"
"Ja, ich bin bei Lu. Den Rest erzähl' ich dir noch, aber nicht jetzt und am Telefon, okay. Das wäre zu viel. Können wir uns morgen treffen?"
Ich hörte sein Schnauben im Hörer. Anscheinend war er nicht gerade begeistert, noch warten zu müssen, ehe ich ihm als meinem besten Freund alles beichten würde.

Und es war Sommer... (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt