Kapitel 4.3.

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Dennoch drückte mir die nächsten Tage noch immer der Schuh bezüglich des Themas, seit wir das Büro im Jugendamt verlassen hatten. Zwar ist die ganze Zettelwirtschaft mit den Anträgen bereits am nächsten Tag angekommen, und am übernächsten schon wieder retour gegangen, aber dieses Warten auf eine Reaktion von irgendwem, sei es vom Amt oder - hoffentlich nicht - von meinen Eltern, war zermürbend.

Mein Freund schaffte es zwar, mich aufzuheitern, aber die gemischten Gefühle blieben.

Momentan jedoch hatte er es tatsächlich geschafft, mir Ablenkung zu beschaffen, auch wenn ich es nur ihm zuliebe tat, denn ich fragte mich ernsthaft, wie man auf die Idee kommen konnte, bei dieser Affenhitze am Flussufer Basketball spielen zu wollen.

"Du hast echt keine Kondition!" rief er mir zu und warf den Ball gezielt durch das Netz des Korbes.

Ich, der diesen Tag als besonders schwül und drückend empfand und eigentlich überhaupt nichts mit Sport anfangen konnte, hastete über das sonnendurchtränkte Basketballfeld unten am Fluss.

"Warte einen Moment!" keuchte ich und japste nach Luft.

"Na komm' schon, du Weichei. Verträgst ja gar nichts!" rief er mir zum Scherz zu und dribbelte den Ball hin und her, vor und zurück und durch seine Beine hindurch...

"Los...! Pause!" keuchte ich, woraufhin er den Ball auffing und mir ohne Vorwarnung zuwarf. Ich konnte ihn gerade so fangen, doch traf er mich direkt von vorne und presste mir die restliche Luft aus den Lungen.

"Ups... 'Tschuldigung." meinte er verlegen und setzte sich zu mir ins Gras am Rande des Spielfeldes. Noch immer wirkte er energiegeladen und schien keinesfalls erschöpft zu sein. Mit dem Stoff seines Shirts wischte er sich zwar den Schweiß von der Stirn, aber wirklich außer Atem war er wohl noch lange nicht.

"Gib mal Wasser..." raunte ich, woraufhin er nach der Flasche im Rucksack angelte und sie mir hinhielt. Langsam bekam ich wieder mehr Luft.

"Du brauchst mehr Übung, mein Kleiner. Mehr Ausdauer! ...ist nicht nur beim Sport wichtig, wenn du verstehst, was ich meine." sagte er und legte seinen Arm um meine Schulter, woraufhin ich mich zu ihm umdrehte und ihn fest an mich zog. "Blödmann. Dann sei ein guter Trainer heute Nacht im Bett!" meinte ich verschmitzt, und fügte dann noch hinzu "Und nur weil du eine handbreit größer bist als ich, bin ich nicht klein..." und verzog meine Lippen zu einem Schmollmund.

"Dann halt mein Süßer..." sagte er und küsste mich auf meine Schmolllippen, doch ich stürzte mich so plötzlich auf ihn, dass er nicht anders konnte und rückwärts ins Gras fiel, wo ich mich fest an ihn drückte und mein Mund den seinen versiegelte als wollte ich ihn verschlingen. Sein schweißnasser Körper, das strähnige, schwarze Haar, und seine leuchtenden, grauen Augen erweckten bei mir die Lust auf mehr.

"Wow...Du gehst aber gerade ganz schön ran, dafür das du so ausgepowert bist." meinte er lächelnd, als er wieder sprechen konnte.

"Gehört zum Training. Also sei ruhig und küss' mich nochmal!" sagte ich in scherzhaft befehlendem Tonfall, was er sich nicht zweimal sagen ließ. Seite an Seite blieben wir in der Sonne liegen, nicht darauf achtend, dass uns vermutlich mehr als genug Menschen hinterher gafften, weil zwei Jungen sich liebten...

"Heute Abend wird's wohl mal wieder Gewitter geben." bemerkte er und schaute verträumt in den Himmel. Bereits in der Ferne türmten sich langsam die Wolkenberge auf, während die Luft hier in der Stadt immer feuchter und klebriger zu werden schien.

"Gewitter... Fast schon das Stichwort... Du, sag mal... Könnten wir demnächst ein paar Sachen aus dem Haus holen?" fragte ich ihn.

Erstaunt sah er mich an.

Und es war Sommer... (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt