Kapitel 5.1.

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Es war noch dunkel, als ich aufwachte, also musste es noch wirklich sehr früh sein, und ausgeschlafen fühlte ich mich schon gar nicht. Der Widerschein der Großstadtlichter am Himmel tauchte das Zimmer in einen zwielichtigen Glanz. Es dauerte einen Moment, bis ich wieder in der Realität war, und ich merkte, dass mir die Augen brannten.

Neben mir nahm ich unruhige Bewegungen wahr, und als ich zu Lukas schaute, sah ich, dass er sich wieder hin und her wälzte. Er war klatschnass geschwitzt, und sein Atem ging keuchend. Dazwischen konnte ich ein unverständliches, leises Gemurmel hören.

Ganz sachte legte ich die Hand auf seine Schulter. Er schreckte kurz zusammen und ich hielt inne.

"Lu, alles ist gut. Ich bin es... Du hast nur schlecht geträumt." flüsterte ich zärtlich in sein Ohr.

Ohne die Augen zu öffnen, oder ein Wort zu sagen, dreht er sich zu mir herum und bettete seinen Kopf auf meiner Brust. Ich legte meinen Arm um ihn und hielt in fest, was ihn tief seufzen ließ. Nur einen Moment später verrieten mir seine tiefen Atemzüge, dass er wieder weiter schlief. Dennoch merkte ich sein Zittern. Ich strich ihm sachte durch seinen schwarzen Haarschopf, was ihn zu beruhigen schien. Ich beobachtete ihn eine Weile sorgenvoll, wie er auf mir lag und nun wieder ruhig dahin schlummerte, ehe auch mich der Schlaf wieder übermannte.

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Als ich wieder wach wurde, was das Zimmer bereits durchleuchtet von der Sonne. Die andere Bettseite war leer, doch als ich mich aufrappelte sah ich, dass er auf dem Balkon stand mit einer Tasse Kaffee und der für ihn typischen, morgendlichen Zigarette.

"Hallo mein Süßer." begrüßte er mich und gab mir einen Kuss.
"Bist du schon lange wach?" fragte ich gähnend und schirmte mit der Hand die Augen vor der Sonne ab.
"Na los, mach dich fertig. Wir besuchen jemanden." meinte er und schnippte die Kippe nach unten.
"Wen?"
"Wirste dann sehen."
Wow, wie geheimnisvoll der Morgen begann. Ich machte mich also fertig im Bad und trippelte neben ihm her aus der Wohnung.

"Gehen wir wenigstens was frühstücken, oder bleibt das auch so geheimnisvoll?"
"Ich bin dir da weit voraus." meinte er und zog grinsend eine Tüte mit einer Brezel aus seiner Tasche.
"Frühstück im Bett wäre mir jetzt lieber."
"Klar. Wenn du danach die Krümel weg machst, gerne." meinte er sarkastisch.
"So romantisch wie ein Amboss heute morgen..." meinte ich und kaute an meinem Frühstück.

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"Wir sind gleich da."
"Oh, das ging aber schnell." meinte ich - und wäre beinahe in die rote Absperrung gelaufen, die sich quer über die Straße zog.
"Was zum... Was wollen wir hier? Das ist doch der Sperrbezirk."
"Richtig, mein Kleiner. Du wolltest doch wissen, wo ich deinen Alten schon mal gesehen hatte, oder? Nun, dann komm' mal mit."

Mir schwante schon etwas. Ich blieb wie angewurzelt vor der Absperrung stehen und merkte nicht einmal, wie mir der Mund offen stand, als er schon durch das Tor marschierte. Ich konnte die Situation gerade kaum erfassen. Mein Alter? Hier?

"Na komm', die Mädels da drin beißen dich schon nicht. Also zumindest nicht so früh am Tag."
Ich folgte ihm zögerlich, versuchte das Schild mit dem Warnhinweis "Zutritt ab 18 Jahren" zu ignorieren und stand plötzlich mittendrin.

"Abends und Nachts ist es hier natürlich interessanter, wenn die Neonreklamen leuchten und die Damen an den Fenstern sitzen und auf ihre Freier warten." erklärte er mir, während er zielstrebig voran schritt. Skeptisch schaute ich mich um. Tagsüber sah die Straße jedenfalls aus wie jede andere, die Häuser waren vom gleichen, alten Baustil wie im Rest der Neckarstadt, und nur die Absperrungen am oberen und unteren Ende der Straße hatten verraten, was sich hier befand. Vormittags waren hier augenscheinlich auch kaum Leute unterwegs.

Und es war Sommer... (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt