Sms

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Unruhig wälze ich mich auf meiner Matratze herum. Meine Fingernägel schaben über meine Haut, denn sie juckt.

Alea meinte es wäre eine der Nebenwirkungen von lean, doch ich kann damit leben, denn die Wirkung ist krass.

Mein ganzer Körper ist herunter gefahren, ich nehme keine Schmerzen wahr.
Es ist als würde ein Schleier von Nebel mein Gehirn einbetten.

Codein hat eine ganz andere Wirkung als Mollys.
Bei den Pillen hatte ich das Gefühl gehabt alles klarer zu sehen, hier bin ich viel mehr in mich gekehrt.

„Als du von zu Hause abgehauen bist" fange ich das Thema an was mir schon seit Tagen auf der Zunge brennt. Ich weiß nicht warum gerade jetzt aber ich habe das Gefühl, das wenn ich high bin, meine Neugierde viel größer ist. Oder ich zumindest offener fragen kann.

„Hattest du da keine Angst, jemanden zurück zu lassen den du vermissen wirst?"

Sie schaut zu mir, ihre Augenlieder sind leicht gesenkt was den Eindruck vermittelt sie würde jede Sekunde in einen tiefen Schlaf verfallen.

„Nein. Als ich gegangen bin habe ich nicht nur meinen Vater zurückgelassen." Ich weiß nicht was sie damit meint aber frage nicht weiter.
Sie spricht ganz von allein weiter
„Meinen Bruder würde ich in der nächsten Zeit eh nicht sehen und meine Mama auch nicht. Der einzigen den ich vermisse ist Adam."

„Wer ist Adam?"

„Mein bester Freund. Ich kenn ihn schon seit der Grundschule und wir erzählen uns alles. In letzter Zeit hatten wir nicht mehr viel Kontakt aber das wird schon wieder." sie nickt zuversichtlich als wolle sie ihre Aussage noch bestärken.

Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll.
Ich bin mir sicher das Aleas psychische Schäden viel tiefer sitzen als sie zugeben will.
Wenn man Monate lang von einem Elternteil missbraucht wird hinterlässt das nicht nur äußerliche Spuren.

„Glaubst du, wir werden uns nochmal wieder sehen?"

Sie lächelt.

„Bestimmt. Spätestens dann wenn ich mal nach Chicago komme und dich im Theater tanzen sehe."

Auch ich muss lächeln. Doch die Freude die ich damals hatte als ich die Einladung für das Vortanzen bekommen habe, ist nicht mehr so präsent wie am Anfang. Die Zeit mit Alea hat sie schwinden lassen, die Zeit in der ich mein Leben mehr hinterfragt und nicht nur der Zukunft hinterher gerannt bin.

„Schon komisch. Jetzt wo mein Ziel so nah ist, wird mir der Sinn dahinter nicht mehr so klar vor Augen geführt. Für wen mach ich das alles eigentlich? Für mich oder doch nur für meine Mutter und all die anderen die es von mir erwarten?..."

„Vielleicht solltest du dir darüber erstmal im Klaren sein bevor du dein ganzes Leben danach richtest."

„Aber wie" ich bin auf einmal mit allem so überfordert das ich mich nur noch hinlegen und schlafen will.
Abschalten.

„Ich bin müde" murmle ich. Mein Körper hat aufgehört zu jucken, ein angenehmes kribbeln durchfährt mich.
Die Matratze neben mir senkt sich leicht was darauf schließen lässt das sich Alea neben mir befindet.

„Dann Schlaf" flüstert sie und legt einen Arm um mich.
Ohne wirklich zu steuern was ich tue lass ich mich von dem leiten was mein Körper wohl für richtig hält.
Ich Kuschel mich an sie dran, lege meinen Kopf an ihre Brust und schlinge mein oberes Bein um ihre Hüfte.
Verknotet liegen wir da, und das letzte was ich vor dem einschlafen spüre ist ihr Herzschlag.

~

Leise schließe ich die Tür wieder. Ich war kurz bei einem Laden um die Ecke und hab essen besorgt weil ich mir sicher bin, wenn Quinn aufwacht wird sie verdammt viel Hunger haben.

Sie ist immer noch dünn aber sieht trotzdem gesünder aus als Anfangs.
Es hat ihr glaube ich gut getan die letzten Tage wirklich zu essen, das sieht man ihr an.
Ich meine sogar gesehen zu haben das ihre Knochen nicht mehr so hervorstechen und, ich weiß da guckt man nicht drauf, aber kann es sein das ihre Brüste gewachsen sind?
Ich muss still lachen weil ich mir so dämlich vorkomme über sowas nachzudenken.

Mein Handy habe ich in den letzten Tagen komplett abgestellt, zu groß war die Angst Nachrichten zu bekommen die ich nicht bekommen will.

Doch gerade jetzt, wo Quinn noch schläft und auch mein Notizbuch zum Bersten mit meiner Handschrift gefüllt ist überkommt mich die Neugier.

Ob Adam mir geschrieben hat?
Oder Till?
Oder vielleicht sogar Mama?

Ich nehme mein Handy und entsperre es.

Doch nur eine Nachricht ploppt auf.

Und als ich sehe von wem, wird mir schlecht.

Nicht von Mama oder Papa oder Till oder Adam.
Von niemandem der mir nahe steht.

Sie ist von Zoe.

Kurz muss ich mir wieder ins Gedächtnis rufen wer Zoe überhaupt ist, aber mit dem Namen verbinde ich nichts gutes.

Als ich die Nachricht öffne weiß ich wieder wer sie ist, und der Stein in meinem Magen sackt noch tiefer.

Zoe

Hey Drogennutte, keine Ahnung wo du steckst, dein komischer Freund hat gesagt du wärst krank. Naja ich will dir nur eins sagen: halt dich von Jan fern ich meins ernst! Er gehört mir und wenn ich dich das nächste mal sehe verpass ich dir eine das du danach nicht mehr stehen kannst das schwöre ich!

Ich schlucke. Es ist nicht die Nachricht an sich die meine Atmung verschnellert und die Panik in mir hochkommen lässt. Was diese Zoe mir droht ist mir scheiß egal vor ihr hab ich keine Angst.
Nein, es bringt nur wieder Erinnerungen hervor die ich schon längst unter mir begraben hatte.

Motel - room 39 ||girlxgirl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt