22. {pulver in der Nase}

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Schweißgebadet wachte sie auf.
Ihr Herz raste und ihre Atmung ging flach.
Es war stockdunkel und ein Blick auf das Display ihres Handys verriet Alea das es kurz nach ein Uhr war.

Ihr Kopf pochte, und ihr ganzer Körper signalisierte ihr das sie weiter schlafen sollte.
Aber sie konnte nicht.
Sie wollte nicht.

Wenn sie nun wieder die Augen schließen würde, kämen weitere Erinnerungen eingebettet in die Träume die sie im Schlaf einholten.

Mit wackligen Beinen stand sie auf und lief zu ihrer Tasche.
Zitternd zog sie ein kleines Tütchen heraus, weißes Pulver befand sich darin.
Weiß wie Schnee.
Erlösend.

Sie verteilte etwas davon auf ihrem Notizbuch, nahm eine Karte und legte eine line.
Mit einem fünf Dollar Schein rollte sie sich ein Röhrchen zusammen und zog den Schnee in einem Zug durch die Nase.

Das bittere Zeug brannte an den Schleimhäuten, verflüssigte sich und lief schließlich unangenehm zähflüssig den Rachen hinunter.

Erleichtert seufzte sie auf.
Kribbelnd spürte sie wie die Wirkung schon langsam einsetzte.

„Was machst du da?"
Erschrocken fuhr sie herum und erblickte Quinn, wie sie kerzengerade im Dunkeln auf dem Bett saß und sie anschaute.

„Ich will nicht schlafen."
„Pillen sind die eine Sache, Pulver die andere."
Sie war ganz ruhig, ganz anders wie noch vor ein paar Tagen.
Alea musste sie wohl abgehärtet haben.

„Ich bin nicht süchtig nach dem Zeug."
„Nur süchtig nach der Betäubung, ich versteh schon."

Sie stand auf und lief zu Alea, setzte sich neben sie und ihre hellen grünen Augen blitzen im schummrigen Licht des Mondes der durch die Decke fiel.

„Ich will es auch versuchen."
Erschrocken starrte Alea sie an.
„Ich glaube nicht das-„
„Was hast du gezogen?"
Unterbrach Quinn sie.
„Speed."
„Stimmt es das man auf Speed keine Schmerzen spürt?"
Kurz zögerte Alea, doch nickte dann.
„Warum?"

Wortlos streckte Quinn ihre Füße vor und zog ihre Socken aus.
Dann leuchtete sie mit der Taschenlampe ihres Handys darauf.

Alea zog scharf die Luft ein.
Ihre Zehe waren alle dunkelblau, ihre Fußsohlen aufgerissen und verhornt, ihre ganze Fußform schien ungesund verformt.

„Nachts ist der Schmerz besonders stark, Tagsüber nehme ich ihn gar nicht mehr wahr.
Wenn du nicht schlafen willst, will ich auch nicht."

„Einmal."
Murmelte Alea und bereitete dann auch Quinn die Droge vor.

~

„Ich muss mich bewegen!" rief das blonde dünne Mädchen und rannte vor ihr her.
Sie waren aus dem Motel gelaufen und liefen nun an einer unbefahrbaren Straße entlang.
Nur ab und zu kam ein Auto vorbei.
„Das tust du doch schon!"
Lachte Alea und hüpfte während ihre Füße sie immer weiter trugen.

„Ich hab das Gefühl ich kann fliegen!"

Sie kamen an dem Walmart vorbei, an dem Quinn damals Knäckebrot und Wasser gekauft hatte.
Es schien eine Ewigkeit her zusein.

„Ich hab ne Idee!" Alea zog sie hinter sich her und lief zu den Einkaufswägen.
Dann zog sie eine Münze aus ihrer Hosentasche und schob sie in das Schloss eines Einkaufwagens.

„Setzt dich rein!" kommandierte sie und Quinn ließ sich daraufhin grinsend hineinfallen.

„Gleich wirst du fliegen!"
Damit rannte sie los und schob den Wagen vor sich her.

Sie kamen auf einem Hügel an. Es war ein leichtes für Alea gewesen sie dort hoch zu transportieren, es schien als wäre ihre Kraft unerschöpflich.

„Hast du Angst?"

Quinn schüttelte den Kopf, ihr Gesicht glühte vor Vorfreude.

„Hoffen wir mal es klappt!"
Lachend begann Alea den Wagen anzuschieben, sprang in der letzten Sekunde noch hinein und gemeinsam bretterten sie den Asphalt hinunter.

„Ouuuuuuuhuuuuu!"
Schrie Quinn voller Freude und schmiss die Arme in die Luft.
Das Adrenalin Schoß durch ihre Adern und ließ ihren Puls auf 180 kommen.

Alea zeigte ihr immer wieder aufs neue das Gefühl von Freiheit.

Motel - room 39 ||girlxgirl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt