5.

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Jegliches Zeitgefühl hatte sie verlassen, als Alea das nächste mal von ihren Notizen hochblickte.
Im Zimmer war es viel dunkler geworden und auch Quinn war nicht mehr da.
Die Wirkung der Mollys hatte sich verflüchtigt also mussten schon mindesten 6 Stunden vergangen sein.

Draußen erhellte ein Blitz für einen kurzen Augenblick ihr Zimmer durch die Fenster und schon im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen und Quinn stolperte herein.
Sie hielt einen Stapel Schüsseln ein Päckchen und eine Literflasche Wasser in den Armen.

„Hi" gab sie knapp von sich und warf alles auf ihre Matratze.
„Diese Schüsseln hat mit Connor vom Empfang gegeben, ich hab keine Ahnung warum."

„Aber ich" ohne zu zögern stand Alea auf und griff sich die Behälter vom Bett. So nah an Quinns Sachen konnte sie ihren Eigenduft riechen. Irgendwie nach frischer Wäsche, Tabakqualm und Erdbeeren. Merkwürdig.

Quinn beobachtete sie dabei wie Alea durchs Zimmer lief, mit dem Kopf im Nacken.

„Wie heißt der Typ von unten?"
„Connor."
„korrekter Typ."
„Warum?" Quinn schaute nur noch verwirrter.
„Wirst du gleich sehen."
Alea fuhr sich durch die kinnlangen Haare und setzte sich aufs Bett, packte ihre schreib Sachen weg und zündete sich eine Zigarette an.

Auch Quinn hatte wieder das Verlangen nach einer und holte ihre Schachtel heraus.

„Du rauchst?"
Kam es von Alea, die genüsslich den schädlichen Rauch einsog.
„nein, ich hab mir die zum anschauen besorgt."
Zu Ihrem Erstaunen lachte das Mädchen und schüttelte leicht den Kopf.

„Immerhin hast du Sarkasmus. Ich dachte schon ich müsste hier die nächsten Tage mit einer Hunorbehinderten auskommen."
Quinn verdrehte die Augen.

„Ich hätte das allerdings nicht von dir gedacht. Das mit dem Rauchen."

„warum das?"  Fragte Quinn und zuckte kurz darauf zusammen als ein weiterer Blitz für einen kurzen Moment alles in ein grelles Licht tauchte.

„Du bist doch so n anti-Drogen Öko."
Empört funkelte Quinn Alea an.
„Erstens bin ich kein Öko. Und zweitens heißt rauchen ja nicht, das ich Drogen verherrliche."

„Dir ist aber schon klar das Kippen genauso schlimm sind?"
„Sind sie nicht."
„Oh doch." Alea blies den grauen Rauch aus, zog eine Tüte Chips aus ihrem Koffer und stopfte sich eine ganze Hand auf voll auf einmal in den Mund.
Quinn's Bauch protestierte wieder gegen die gähnende Leere also öffnete auch sie ihre Wasserflasche und nahm ein paar schlucke.

„Du laberst scheiße."
„Ich glaube eher das du einfach keine Ahnung hast." nuschelte Alea mit vollem Mund.
„Wusstest du, das Nikotin die gleiche Stärke der Abhängigkeit wie Kokain besitzt?"

Kurz starrte Quinn geschockt den noch glühenden Stummel ihrer Zigarette an. Doch dann schüttelte sie den Kopf.
„Ich bin nicht abhängig."
„Natürlich. Keiner ist das." Alea grinste und nahm einen weiteren Zug.
Ihre besserwisserische Art nervte Quinn.

„Wenn du's so gut weißt wieso rauchst du dann?"
„Weil ich die Folgen kenne. Mir ist bewusst was ich meinem Körper antue. Ich bin schon süchtig und das nicht nur von kippen. Aber ich weiß was ich tue."
„Das weiß ich auch."
„Bist du dir da sicher?"
Alea musterte sie. Es war nicht selbstgefällig oder arrogant. Nein, mehr als wüsste sie was in Quinn vorgeht. Mitleidig vielleicht.
beleidigt verschränkte Sie die Arme und zog ihre Beine an ihren Brustkorb. Ihr war kalt. Ihr war immer kalt.
Obwohl es gar nicht so kühl war. Sie hatten Ende Juni.

„Wie alt bist du?" fragte sie dann und schaute wieder zu Alea die sich gerade umzog.

Ihre schmutzigen Klamotten warf sie achtlos auf den Boden.
Sie hatte eine schöne Figur. Leichte Kurven, definierte Muskeln. Aber wäre sie Quinn, würde sie abnehmen. Zu viel fett hatte sich an ihren Oberkörper abgelagert, man sah die Rippen ja kaum.
Sie hatte keine Lücke zwischen den Beinen, kein Schlüsselbein welches hervortrat.
Trotzdem. Sehr hübsch.

Alea kramte ein viel zu großes Oberteil, bedruckt mit lauter kleinen Smileys hervor und zog es sich über.
„Warum?"

„Musst du alles mit ner Gegenfrage beantworten?"
„Nein. Wie du siehst muss ich nicht."

Wieder verdrehte Quinn die Augen.
„Weil ich dein Alter nicht einschätzen kann. Ganz einfach deswegen."

„Warum das?"
Neugierig legte Alea sich auf den Bauch und legte ihr Gesicht auf ihren Händen ab, welche sie mit den Ellenbogen auf der Bettkante abstützte.

„Keine Ahnung... du wirkst älter als wie du aussiehst."
Ein Lächeln bewegte Alea's Lippen.
„Wie alt bist du?"
„18."
Quinn antwortete meist schnell und präzise. Das war wahrscheinlich einer der Gründe warum sie so schlecht im smalltalk war.

„Gehst du noch zur Schule?"
Sie schüttelte den Kopf und fixierte gedankenverloren den kleinen Piercing in dem rechten Nasenflügel von Alea. Er war ihr erst jetzt aufgefallen.

„mit 14 hab ich neben der Schule noch halbtägig eine Ballettschule besucht. Mit 16 hatte ich meine Mittlerereife und hab mich komplett darauf fokussiert. Ich nehme Unterricht seit ich drei Jahre alt bin. Bald werde ich mich bei der größten und besten Universität für Tanz und Ballett in ganz Amerika bewerben."

Immer wenn Quinn von Ballett sprach verfiel sie in einen immer gleichen Monolog.

„Was machst du dann hier?"

Alea war es ein Rätsel was dieses Mädchen hier zu suchen hatte.

„Eigentlich hatte ich gestern Mittag den Flug nach Chicago nehmen wollen. Aber dank den Piloten von new York ist das nicht möglich."

„Ah stimmt ich hab's gehört. Wie lange glaubst wird der Streik noch gehen?"
„Hoffentlich nicht all zu lang. In zwei Wochen muss ich vortanzen. Bis dahin muss ich dort spätestens sein. Und eigentlich sollte ich schon die nächsten Tage dort ankommen um mich dort etwas einzuleben."

Alea schob sich eine weitere Handvoll Chips in den Mund und überlegte währenddessen wie es wohl sein müsste, von einem angepissten Piloten der sowieso genug verdiente, so abhängig zu sein.

Schlagartig setzte der Regen ein.
Sofort sprang Alea auf, während Quinn noch verdutzt an die undichte Decke starrte.

„Shit was machen wir jetzt?" rief sie verzweifelt, doch Alea griff schon nach den Bechern und stellte sie unter die tropfenden stellen.

„Ach dafür waren die..."
„Ja, dafür du Genie."
Sie blickte auf ihr Handy. 3:55 pm.
Gleichzeitig merkte sie wie verängstigt Quinn war, obwohl sie das ganz offensichtlich zu überspielen versuchte.
Es lag an dem Gewitter. Alea lächelte, denn irgendwie war es süß wie ein so augenscheinliches zierliches Mädchen so taff war und im nächsten Moment dann wieder bei jedem Blitz zusammenzuckte und bei jedem Donnerrollen einwenig weiter in ihrem zu großen Pulli versank.

Es wäre gut wenn sie sich ablenken würde, doch mit Drogen könnte sie Quinn offensichtlich nicht locken.

„Komm" sie stand auf, packte ohne drüber nachzudenken Quinn's Hand und zog sie zur Tür.
„Wir gehen jetzt was trinken."

Motel - room 39 ||girlxgirl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt