48.

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„Sie haben sich geküsst." stammle ich zum zehnten mal und starre einfach fassungslos auf das Armaturenbrett des Autos.

Alex mustert mich von der Seite, ich spüre seinen Blick auf mir.
Sein eines Auge ist geschwollen und blau, was Ruben zu verdanken ist, der einen Ausraster hatte als er kapiert hatte das Alex ihn wegen dem Deal nur verascht und er so Alea alleine zu Hause gelassen hatte.

„Ich habe ihr gesagt das ich sie liebe. Wirklich liebe, und sie... sie hat..."

„Wie hat sie gewirkt?" fragt er was mich mit glasigen Augen aufschauen lässt.

„Hasserfüllt. Sie hasst mich."

Er schüttelt mit dem Kopf.
„Nein, das mein ich nicht. Ich will nicht wissen wie sie wirken wollte sondern wie sie wirklich war."

Verständnislos starre ich ihn an, weiß nicht was er meint.
Alex seufzt.
„Sie war nicht wütend. Sie war verzweifelt."

„Woher willst du das denn wissen?"

„Weil ich genauso war." er fährt sich durch die Haare, lehnt sich nach hinten und schließt die Augen.
Wir stehen immer noch vor Rubens Haus, sind noch nicht losgefahren.

„Als ich damals so tief in all dem versunken war, habe ich die Menschen die ich am meisten geliebt habe nicht mehr an mich ran gelassen. Wie oft habe ich Amba in der Zeit abgewiesen? Ich weiß es nicht, aber wenn sie nicht hartnäckig geblieben wäre und nicht alles getan hätte um mir zu helfen, dann glaub mir, würde ich jetzt nicht hier sitzen und mit dir dieses Gespräch führen."

Ich muss schlucken.

„Ich hab bei ihr Nadeln gefunden. Und... und sie hat Einstichstellen an ihrem linken Unterarm..." flüstere ich nun fast.

Kaum habe ich es ausgesprochen, würde ich mich am liebsten selbst schlagen.

Ich sitze hier und beschwere mich darüber das Alea mich hasst, weil ich sie alleine zurück gelassen und diesem irren überlassen habe, mache mir Gedanken darüber ob ihre Wut auf mich wohl echt oder gespielt ist und denke gar nicht daran ihr zu helfen von den scheiß Drogen wegzukommen.

„Fuck!" rufe ich laut, was Alex erschrocken zusammenfahren lässt.

Schon im nächsten Moment öffne ich die Autotür und steige aus.

„Was hast du vor?"

„Wenn Alea nicht mit mir mit will ist das ok. Wenn sie mich hasst ist das ok und auch wenn sie nichts mehr mit mir zutun haben will ist das ok, aber ich werde sie nicht da oben vor sich hinvegetieren und im Drogensumpf versinken lassen! Ich muss ihr helfen, auch wenn sie meine Hilfe nicht will."

Ein stolzes Lächeln breitet sich auf Alex Gesicht aus und er nickt.

„Wenn du meine Hilfe brauchst, ruf mich an ich warte hier."

Entschlossen stimme ich zu, drehe mich um und laufe dann richtig Haus.
Ohne zu zögern haste ich die Treppen Stufen hoch, biege nach rechts zum nächsten Stockwerk und pralle prompt mit einer breiten stämmigen Person zusammen.

„Entschuldigung ich-„ fange ich an doch stocke als ich sehe wer es ist.

Ruben.
Und im Arm trägt er eine in sich zusammengefallene zierliche Gestalt.

Ist das...?

„Was ist passiert?" frage ich außer Atem und starre geschockt in das kreidebleiche Gesicht von Alea.

Wie eine Leiche liegt sie in seinen Armen.

„Sie hat ne Überdosis genommen." murmelt er und beißt sich dabei auf die Lippen.

Meine Augen weiten sich, kurz fehlt es mir an Sauerstoff.

„A-Aber... sie... sie lebt d-doch noch o-oder?" stottere ich und fühle schon wie meine Herz sich so schmerzhaft verkrampft das ich mich zurückhalten muss mich nicht ins Treppenhaus zu erbrechen.

„Ihr Puls ist schwach und ihre Atmung extrem langsam. Sie muss sofort zu einem Arzt."

Jetzt beginnt mein Gehirn wieder zu schalten und ich reagiere.

„Unten steht Alex mit dem Wagen. Komm!"

Ich glaube nicht dass ich jemals so schnell gesprintet bin wie in diese Moment.

Draußen angekommen hechte ich zum Auto reiße die Hintere Tür auf und lasse Ruben Alea auf die Sitze legen.
Als er sich dann ebenfalls auf die Rückbank quetschen will, Strecke ich meinen Arm aus und hindere ihn so daran.

„Du steigst vorne ein." zische ich und zu meiner Überraschung hört er sogar auf mich.

Schell hebe ich Alea's schwachen Oberkörper an, Rutsche ins Auto und legte ihren Kopf vorsichtig auf meinem Schoß ab.

„Was ist denn-„ fängt Alex verdattert an und schaut dann halb verwundert halb wütend zu Ruben doch ich unterbreche ihn.

„Fahr ins Krankenhaus! Schnell!" meine Stimme ist zittrig und ohne zu zögern drückt er aufs Gas.

Während der Fahrt streiche ich Alea wie in Trance, immer und immer wieder durchs Haar.
Wie kann ein Mensch nur so fertig und gleichzeitig so wunderschön sein?
Jeder Makel scheint ihre Perfekten Gesichtszüge noch präsenter zu machen.

Mit bebenden Fingern lege ich zwei davon an Ihre Halsschlagader und spüre kaum merklich eine langsames pochen.
Ihre Lippen sind einen Spaltbreit geöffnet und wenn ich mein Ohr knapp darüber halte kann ich ihren unregelmäßigen, viel zu langsamen Atem hören.

„Du darfst mir jetzt nicht wegsterben." flüstere ich und wische meine Tränen von ihren kalten Wangen, die drauf gefallen sind.

„Bitte, halte durch, bitte."

~

Der sterile Geruch von Desinfektionsmittel und das strahlende weiß von allen Seiten dringt nicht bis zu meinen Sinnen durch.

Starr blicke ich auf den rauen Teppichboden des Empfangssaals vom Krankenhaus in dem wir mittlerweile sind.

Ich habe den Ring aus meiner Nase entfernt und spiele mit meinen Fingern damit, um wenigstens irgendetwas zu tun zu haben.

Alex und Ruben sitzen still neben mir, keiner sagt ein Wort.
Auch Adam und Amba, die eine mittlerweile wieder eingeschlafene Nina auf dem Schoß hat, sind dazugekommen.

Ich spüre wie Rubens dunkle Augen auf mir haften und plötzlich beginnt er zu sprechen.

„Sie hat irgendwann ihren Piercing rausgenommen und seit dem nicht mehr getragen. Sie meinte er erinnere sie zu sehr an jemanden."

Überrascht schaue ich zu ihm.
Wieso erzählt er mir sowas.

„Aber sie wollte mir nie sagen an wen. Sie hat mir auch nie die Bedeutung ihres Tattoos erklären."

„Du hast ihr Tattoo gesehen?"

Er nickt und lächelt leicht.

„Sie hatte mich von Anfang an fasziniert." murmelt er.

„Ich glaube das hatte sie alle von uns." kommt es von Alex und wieder muss ich schwer schlucken.

„Hört auf von ihr in der Vergangenheit zu reden. Hört auf." Hauche ich, kauere mich mehr auf meinem unbequemen Sitzplatz zusammen und stülpe Alex Pulli über meine Knie, den ich vorhin von ihm bekommen habe.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen als plötzlich eine Schwester vor uns steht. Ihr Gesichtsausdruck ist ernst.

„Entschuldigung?" fragt sie und sofort blicken wir alle auf.
„Sind sie die Angehörigen von dem Mädchen was vorhin mit einer Überdosis eingeliefert wurde?"

Motel - room 39 ||girlxgirl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt