[Kana]
Panisch presse ich meine Augen zusammen. Nein! Ich wollte es nicht noch einmal erleben! Diese Demütigung, diese Hilflosigkeit! Diese Pein! Ich hatte genug von all dem! Wieso konnte ich nicht einfach ein normales Leben führen? Wieso durfte ich nicht, wie andere in meinen Alter, auf gewöhnliche Weise Männer kennenlernen? Wieso wurde mir das Gefühl von Zärtlichkeit, Geborgenheit und Vertrauen verwehrt?
Mein Körper schwankte durch die Anspannung leicht nach vorne, als der Unbekannte mich losließ und sich an mir vorbeischob. Nur langsam wagte ich es wieder zu atmen, während ich ihn dabei beobachtete, wie er zu dem anderen jungen Mann hinüberging. Dieser schlug schützend die Hände über den Kopf zusammen und rollte sich, wie ein kleines Kind, auf dem feines Sand zusammen.
»Es tut mir leid! Bitte! Tu mir nichts! Ich versuche das Geld innerhalb der nächsten Woche zusammenzubekommen! Ich schwör’s!«, jammerte er und sah zu dem Unbekannten auf. Dieser stand da, völlig unbeeindruckt von dem Flehen.
Erst jetzt bemerkte ich, dass der junge Mann, der am Boden kauerte, mit Schmutz bedeckt war und sich in seinem Gesicht Kratzer befanden. Auch der andere Mann sah aus, als habe er einen Kampf hinter sich.
Mit einem tiefen Brummen massierte er sich die Handknöchel, bevor er gereizt ausatmete. »Zuerst setzt du irgendwelche Leute auf mich an und hast nicht mal den Arsch in der Hose persönlich zum Chef zu gehen?! Und jetzt kauerst du so vor mir und willst mich mit vagen Versprechungen hinhalten?«, zischte er und klopfte sich den Staub von der Kleidung. »Tcch! Und dreckig bin ich auch noch deinetwegen! Es ist nervig so spät noch die Waschmaschine anzuschmeißen, verstehst du?! Sage mir das du es innerhalb der nächsten Woche auftreibst, und wir sehen uns erst in ein paar Tagen wieder. Nur mit dem Versprechen, dass du es versuchst, lasse ich dich nicht gehen!«
Als hätte mich jemand wach gerüttelt, realisierte ich erst, was sich hier vor mir abspielte. In was für einer zwielichtigen Situation war ich denn hier geraten? Auch wenn es wohl besser für mich war, mich raus zu halten, so tat mir der junge Mann doch Leid. Niemand sollte so behandelt werden! Egal um was es ging.
Zögerlich ging ich einen Schritt zurück und suchte mein Handy im Sand.
»Ich werde es auftreiben! Ich versprech’s! Bitte!«
Langsam ergriff ich mein Handy und schaute auf das Display.
»Gut«, murmelte der Unbekannte mit den schwarzen Haaren und ging vor dem Mann in die Hocke. Etwas nachdenklich legte er seine Finger um das Kinn. »Man gibt sich doch als Versprechen den kleinen Finger«, hauchte er rau und seine Hand wanderte zu der Innenseite seiner Jacke. »Ich werde deinen einfach mitnehmen. Damit du das Versprechen auch ja nicht vergisst!«, fuhr er finster fort.
Ich sog scharf die Luft ein, als ich erkannte, wie der Schwarzhaarige ein Klappmesser herausholte.
Der Körper des jungen Mannes bebte auf und er sah verzweifelt zu mir, ehe er ruckartig aufstand, ins Stolpern geriet, mich an den Oberarmen zufassen bekam, und mich mit hinunter auf den Sand zog.
Erneut entglitt mir mein Handy.
»Hilf mir, Mädchen!«, ächzte der junge Mann verzweifelt, bis seine Miene schlagartig erstarrte und er mich süffisant angrinste.
Nein! Wieso denn gerade jetzt! Nein!!
Sein Griff um meine Oberarme wurde stärker und er drückte mich in den Sand hinein.
Augenblicklich fing er an gierig meinen Hals zu küssen. Mein Körper zitterte und ich krallte mich an seinen Schultern fest, um ihn von mir zu drücken.»Lass mich los!!«, schrie ich und mein Blick schweifte kurz zu dem Schwarzhaarigen. Dieser hob seine Brauen und musterte das Geschehen.
Egal, ob er mir nun helfen würde oder nicht. Sobald er mich auch berührte, dann …
Ich kniff die Augen zusammen.
Ein dumpfer Knall war zu hören, ehe ich wieder zögerlich die Lider aufschlug. Der junge Mann rollte seitlich von mir und lag regungslos im Sand. Mit hektischen Atem rappelte ich mich schnell wieder auf und versuchte das Geschehene zu verstehen. Der Schwarzhaarige fuhr sich genervt durch die Haare und senkte sein Bein.
Anscheinend hatte er dem jungen Mann einen Tritt verpasst. Mit ausdrucksloser Miene starrte mich der Schwarzhaarige an, und verengte die Augen. Eine Weile sahen wir uns einfach nur an.
Bis ich mich hektisch um wandte und wieder mein Handy ergriff. Schnaubend kam er in meine Richtung und beugte sich über den jungen Mann, packte seine Hand und schnitt ihm einfach den kleinen Finger ab. Das Handy in meiner Hand begann zu beben.
Jetzt war alles vorbei! Sollte ich weglaufen?
Obwohl der Unbekannte für einen Mann klein gewachsen war, wirkte er doch sehr sportlich.
Bestimmt hätte er mich im Nu eingeholt! Ich presste verzweifelt die Lippen zusammen, während er wieder seinen Kopf zu mir drehte, den Finger in ein Taschentuch packte und begann seine Klinge zu säubern. Meine Kehle schnürte sich zu. Das war wie in einem schlechten Film!
Mit langsamen Schritten kam mir der Unbekannte immer näher. Seine intensiven grauen Augen ruhten weiterhin auf mir, als er vor mir zum Stehen kam. Langsam streckte er seine Hand nach mir aus. Ich zuckte auf und kniff die Augen zusammen. Eine Kälte legte sich auf meine Hand und nur die Stille umgab uns.
Vorsichtig traute ich mich, die Augen wieder zu öffnen und blickte sofort zu meiner Hand herunter, in der sich mein Handy befand. Unbeirrt lag seine Hand auf meiner und drückte sie etwas runter, sodass sich das Handy senkte.
»Das solltest du besser nicht tun, Mädchen«, murmelte er tief. Ein Schauer überkam mich. »Du solltest nach Hause gehen«, fuhr er fort und ließ mich los. Für Sekunden starrte ich ihn einfach nur an und beobachtete ihn dabei, wie er seine Hand ansah. Ohne ein Wort drehte er sich weg und schritt in die Dunkelheit. Wie perplex blieb ich stehen und blickte zögerlich zu dem jungen Mann am Boden.
Ich sollte wirklich nach Hause …
Aber vorher entschloss ich mich einen Krankenwagen zu rufen. Immer noch neben mir wählte ich die Nummer. Bis ich blinzelte und in die Richtung sah, in der der Unbekannte mit den schwarzen Haaren verschwunden war.
Er hatte mich zweimal berührt …
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||ᵃᵗᵗᵃᶜᵏ ᵒᶰ ᵗᶤᵗᵃᶰModernFF|| Ŧєєl [LevixOC]✔️
Hayran KurguSeit ihrer Pubertät lastet ein Fluch auf Kana, der es ihr unmöglich macht, eine Beziehung zu einem Mann aufzubauen. Doch als sie einen neuen Job in einer Firma annimmt, trifft sie auf einen geheimnisvollen Mann, der behauptet, nichts fühlen zu könne...