113| Unexpected

1.8K 139 39
                                    

Drei Monate später, 12. April 2020
-

Kapitel 113
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
-
"Happy Birthday to you!", höre ich eine Stimme singen, die mir nur allzu bekannt vorkommt.

Moment-Shawn? Was macht er hier?

"Du bist hier!", quietsche ich und springe von meinem Bett auf. Bis gerade eben war ich noch im Halbschlaf, doch die Tatsache, dass ich Shawn nach fast einem Monat wiedersehe, lässt mich schneller aufspringen, als er blinzeln kann.

Beinahe lässt er den Kuchen fallen.

"Pass auf, hunny", lacht er und stellt den Kuchen auf dem Schreibtisch ab.

Ich schlinge meine Arme um seinen Hals.

"Ich habe dich so sehr vermisst!", quietsche ich, während ich mich um ihn klammere. Vermutlich erstickt er gleich, weil ich ihn zu Tode würge.

Selbst wenn man jeden Tag schreibt oder man jeden Tag telefoniert, ist es etwas anderes, sich im echten Leben zu sehen.

"Und ich dich erst!", er hebt mich hoch, wobei ich meine Beine um seine Hüfte schlinge.

"Ein Monat ist viel zu lange! Wieso musst du auch auf diese blöde Welttour gehen!", jammere ich.

"Ich weiß es nicht. Wenn ich mir dich so ansehe, weiß ich es wirklich nicht. Lass mich morgen nicht wieder gehen!", grinst er. Ich streiche durch seine braunen Locken.

"Nie wieder"

Er setzt mich ab und tritt einen winzigen Schritt zurück, sodass er immer noch direkt vor mir steht.

"Okay, wir haben genug herumgeschleimt, lass uns Kuchen essen!", grinse ich und gehe auf den Kuchen zu.

"Das ist also dein altes Zimmer?", fragt Shawn und sieht sich um.

"Warst du nicht schon da?", frage ich nachdenklich.

"Nein. Immer, als ich da war, war ich unten. Nicht hier oben", gibt er von sich. Ich nicke zustimmend. Das hatte ich ganz vergessen.

"Was ist passiert, als ich weg war?", fragt er grinsend. Ich lächele.

"Ich habeeee einen Joooob", antworte ich, wobei ich die Buchstaben merkwürdiger Weise in die Länge ziehe.

"Das ist ja toll! Welchen denn, wenn ich fragen darf?", er bewegt sein Gesicht gefährlich nahe an meins heran.

Ich stupse ihn gegen seine Nase.

"Ich arbeite im Pop's", verkünde ich stolz. Dabei grinse ich.

"Ist das nicht das Café, in dem wir vor zwei Monaten oder so waren?", hakt Shawn nach, wobei er sich an seinem Kinn kratzt.

Ich nicke mit meinem Kopf.

"Wieso erfahre ich das erst, wenn ich vor dir stehe? Du hättest am Telefon etwas sagen können"

Ich zucke mit meinen Schultern.

"Ich habe den Job erst seit einer Woche. Außerdem wollte ich es dir persönlich sagen", erkläre ich und pickse ihn in seine Seite.

Shawn sieht mich fragend an: "Sonst noch etwas, das ich wissen müsste?"

"Ich werde nach Toronto gehen"

Shawns Augen weiten sich.

"Du hast dich dafür entschieden? Was passiert mit deiner Mutter?", hakt er nach, wobei seine Augen funkeln.

Ich seufze.

"Sie meinte, ich solle gehen. Sie hat mit Kalligraphie angefangen. Zudem hat sie einen neuen Fall. Er scheint echt heftig zu sein und sie auf trapp zu halten. Darum möchte sie in Ohio bleiben. Allerdings gibt es hier keinen Psychologie Studiengang, zumal ich an der University of Toronto angenommen wurde. Es gibt schon Billigflüge für neun Dollar! Ist das nicht der Wahnsinn? Dann kann ich jeder Zeit hier her kommen und meine Mutter unterstützen! Ihre Freundinnen sind ja auch für sie da. Shawn, tue ich das Richtige?", plappere ich darauf los.

Er hält mich an meinen Armen fest, was ganz gut ist, da ich sonst vermutlich umkippen würde.

"Es ist das Richtige. Ich freue mich, dass du deine Träume verfolgst. Aber du musst wirklich keine neun Dollar Flüge kaufen", lächelt er. Es ist genau das, was ich hören wollte, bis auf das mit den Flügen.

"Wirklich?", frage ich und beiße mir auf meine Lippe.

"Ganz uneigennützig ist das natürlich nicht. Schließlich bist du dann in meiner Nähe", grinst Shawn.

"Du Egoist!", schimpfe ich lachend.

"So sieht es aus, hunny"

Nach all dem Geplappere probiere ich endlich ein Stück der Torte, welche mit weißer Creme verziert ist.

"Wow, die ist wirklich gut. Wo hast du die denn her?"

"Die hat meine Mutter gemacht", antwortet er und nickt selbstzufrieden.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

"Die hat deine Mutter gemacht? Wieso hat denn deine Mutter ein Kuchen für mich gemacht? Ich habe sie noch nicht einmal getroffen! Ist das wirklich dein Ernst?"

Von dem Transport will ich gar nicht erst anfangen.

"Ja, schließlich wollte ich dir die beste Torte des Landes ermöglichen. Ach was, der Welt. Apropos: Sie würde dich gerne kennenlernen. Deine Mutter kennt mich schon. Es wird glaube ich Zeit dich meiner Familie vorzustellen"

Ich verschlucke mich fast an meiner Torte, obwohl das nur allzu vorhersehbar war. Es war klar, dass es nicht ewig so weiter gehen würde.

"Wirklich? Aber ich bin so... so... Was wenn sie mich nicht mögen?", frage ich und bemerke, wie meine Hände anfangen zu schwitzen.

"Hey, beruhige dich. Sie werden begeistert sein. Es muss ja nicht jetzt sein. Heute hast du erst einmal Geburtstag", sagt er und legt seine Hand auf meine.

Die letzten drei Monate habe ich bei meiner Mutter verbracht, wodurch ich ihr viel näher gekommen bin. Wir haben sogar Filme zusammen geguckt und Popcorn in uns gestopft. Würde mein 17-Jähriges ich das wissen, würde es sich sträuben.

Scheiße, ich bin 20. Drei Jahre sind vergangen und ich weiß nicht, wo sie geblieben sind.

"Bist du dir sicher, dass du nach Ohio ziehen willst? Beziehungsweise in diesen verkackten Vorort?", hakt Ben nach, als ich meine Sachen zusammenpacke.

"Ja... Also nein. Ich wohne dort nur vorübergehend. Jetzt, wo ich mein Kunststudium hinter mir habe, habe ich ein paar Monate Zeit", erkläre ich.

Der Blonde lehnt sich gegen den Türrahmen meines Zimmers.

"Außerdem", füge ich hinzu, "Möchte ich meine Mutter nicht alleine lassen. Sie sollte nicht alleine sein nach Dads Tod"

Ben schmollt ein wenig.

"Aber dann kannst du mich gar nicht mehr dissen und aufziehen! Oder zu laut Nirvana hören! Willst du nicht in New York studieren, mh?"

Ich lache.

"Ach Bennielein, ich werde dich einfach aus der Ferne aufziehen. Shawn kommt so oft nach New York, da kann er mich ja mitnehmen", sage ich aufmuntert, obwohl ich selber nicht fassen kann, dass das alles vorbei sein soll.

"Siehst du, das meine ich! Nenn mich nicht Bennielein! Du weißt, dass ich das hasse! Und ich muss mir einen neuen Mitbewohner suchen! Pah! Verräterin!"

unexpected [s.m] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt