55| Unexpected

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Kapitel 55
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
-
Mein Blick schweift aus dem Fenster. Er gleitet über das unendliche Meer, dessen Schaumkronen glitzern.

Wie flüssiges Silber. Meine Kehle ist trocken und ich habe das Gefühl, nie anzukommen. Der Schweiß an meinen Händen ist kalt. Wieso mache ich das alles noch einmal?

"Flugangst?", fragt mich das Mädchen in meinem Alter, das neben mir sitzt. Ich musterte sie. Ihre Haare sind rosa, die rechte Seite abrasiert.
Piercings verziehen fast jede stelle ihres Gesichts. Es wäre eine Rarität, fände man eine freie Stelle.

Kurz um; sie sieht nicht nach jemandem aus, der sich um das Wohl anderer kümmert.

"So ähnlich", ich zucke mit meinen Schultern. Ich hatte nicht vor ihr meine Lebensgeschichte zu erzählen. Wenn ihr langweilig war, konnte sie ja ein Buch lesen oder was auch immer.

Skeptisch mustert sie mich.

"Du glaubst mir nicht oder?", hake ich nach. Sie hebt ihre Augenbraue hoch und kneift dabei ihre braunen Augen zusammen.

"Ich studiere Psychologie. Grundsätzlich glaube ich niemandem, was er sagt"

"Ach herje. Jetzt sitze ich neben einer Seelenklempnerin", seufze ich resigniert.

Das veranlasst das Mädchen zu lachen.

Sie holt zu einer Rede aus, indem sie ihre Lippen spitzt und  einen Haufen an Wörtern in die Freiheit entlässt:"Sarkasmus. Du versuchst nur deine eigentliche Angst, dass ich dich durchschauen könnte, zu verschleiern. Seelisch labile Menschen benutzen diese Methode oft um ihre eigentlichen Gefühle nicht offenbaren zu müssen"

Eine Weile starre ich sie einfach nur an. Ich kann nicht so recht deuten, ob das ihr voller Ernst oder ein Witz ist.

"War nur ein Spaß!",sagt sie dann und stößt mir in die Seite.

"Was für eine Spaßkanone du doch bist", brumme ich.

"Ich bin übrigens Leyla", stellt sie sich vor, ohne dass ich sie danach gefragt habe. Dennoch scheint sie, auf eine schräge Art und Weise, nett zu sein.

"Irgendwie passt der Name zu dir. Der Beruf irgendwie nicht", spreche ich meine Gedanken aus, entschuldige mich aber sofort dafür. Normalerweise bin ich die, die Vorurteile hasst, jetzt habe ich selber welche.

"Ach kein Problem. Das sagen viele"

"Doch, Vorurteile sind scheiße. Ich heiße Melody", sage ich und füge hinzu, "Freunde nennen mich Mel"

"Hallo Mel", grinst sie dann.

"Also was treibt dich nach Toronto?"

Da war sie. Die Frage, die ich beginne mir selbst langsam zu stellen.
Was mache ich hier?
Ich kenne nicht einmal seinen Namen.

"Ich habe ein paar Freunde in Toronto. Ich besuche sie, bevor ich aufs College gehe", lüge ich. Zumindest so halb.

"Ich studiere dort, also in Toronto"

Ich nicke interessiert.

"Studierst du schon lange?"

"Nein, das ist mein zweites Jahr", lächelt sie.

"Ah okay. Nachdem ich an der Art Academy war, werde ich auch in Toronto studieren", erzähle ich.

Die Anschnallzeichen leuchten auf.

"Echt? Das ist ja cool! An welcher Uni denn?", fragt sie aufgeregt. So als wäre ich ihre beste Freundin.

Ich lächele, "An der University of Toronto"

"Das gibt es ja nicht! Da studiere ich!"

"Echt?", hake ich nach. Sie nickt. Das Schicksal spielt mir manchmal lustige Streiche.
Das Flugzeug beginnt sich abzusenken. Unglaublich. Bald bin ich in Toronto. Bald bin ich bei ihm. Ich kann gar nicht fassen, dass wir in vier Stunden mit einander reden können.

Dass ich wissen werde, wie er aussieht. Wer er ist.

Ich werde seine Ticks und seltsamen Eigenschaften kennenlernen. Seltsam, dass ich mich genau darauf so sehr freue. Denn schlussendlich macht ihn das zu der Person, die er ist.

Doch eigentlich kenne ich ihn nicht. Ich habe also keine Ahnung, was er für eine Person ist.

Die Stille, die sich wieder über uns legt, macht mich nervös. Es lässt mir Zeit über alles nach zu denken.

War es vielleicht eine falsche Entscheidung? Was wenn er nicht so ist, wie ich ihn mir vorstelle?

Meine Augen schließen sich.

Was wenn ich nicht so bin, wie er sich mich vorstellt?
Mein Magen verkrampft sich.
Ich bin nicht perfekt, ich bin nicht die Art Mädchen mit der man zusammen sein will.

Meine eigene Unvollkommenheit lässt Raum zum Zweifeln. Zweifel, die mich verbrennen.

Doch wenn ich jetzt aufgebe, dann werde ich nie erfahren, mit wem ich geschrieben habe. Ich würde mir mein ganzes Leben lang vorhalten, es nicht versucht zu haben.

Ich hatte nie Angst, dass mich jemand nicht mögen könnte. Niemals. Es war mir egal, wenn ich das Gesprächsthema der Schule war. Nicht einmal, wenn ich wüsste, dass sie über mich lästern. Das ist alles sinnlos. Es ist mir egal.
Doch plötzlich wird es mir wichtig. Plötzlich ist da jemand, von dem ich hoffe dass er mich mag.

"Lass uns doch Nummern austauschen", schlägt Leyla vor, als das Flugzeug landet. Ich nicke. Kontakte in Toronto können nicht schaden.

"Klar", sage ich dann noch und lächele.

-

Der kalte Wind schlägt mir entgegen. Bei uns ist es Herbst, dennoch habe ich das Gefühl, dass es in Toronto viel herbstiger ist. Mir schlägt die Karte zum gefühlt hundertsten Mal ins Gesicht.

Verflucht seien Stadtkarten.

Dennoch habe ich die Vermutung endlich meinen Ausgangspunkt gefunden zu haben.

Jetzt muss ich nur nach dem Café suchen.

Dumm nur, dass Google nicht funktioniert, weil ich kein Datenvolumen habe. Es würde alles erheblich vereinfachen.

"Entschuldigen sie, wissen sie wo das Luke's ist?"  frage ich einen Passanten.

Er sieht mich durch seine zwei Stärken Brille irritiert an, nickt dann aber.

"Da Vorne müssen sie rechts abbiegen und dann gerade aus laufen. Im Prinzip ist es dann  schon direkt vor Ihnen, das Schild ist jedenfalls von weitem Erkennbar"

"Danke",ich lächelte den älteren Mann an, der sofort wieder weiter geht.

Wenigstens habe ich es in die Nähe geschafft, sage ich mir und ziehe meinen kleinen Koffer hinter mir her.

Erst jetzt fällt mir auf, wie verdammt schön Toronto ist. Die Gebäude sind hoch, die Menschen im Vergleich klein. Die Bäume ragen den Wolkenkratzer entgegen, kommen ihnen aber nicht einmal annähernd nahe.

"Wow", murmele ich zu mir selbst.

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Ahhh Leute #168 danke!!!

Und sorry für den Kapitel Spam. Ich fühle mich einfach inspiriert.

unexpected [s.m] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt