unexpected [s.m]

58| Unexpected

Kapitel 58
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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"Ich habe Sie schon erwartet", begrüßt mich eine ältere, dickliche Dame, als ich das Kino betrete.
Es ist noch kleiner als ich gedacht habe.

"Sie haben mich erwartet?", hake ich irritiert nach. Anscheinend ist jeder eingeweiht, nur ich nicht.

"Ein junger Mann war gestern hier. Er sagte, wenn ein Mädchen mit einem Rosenstrauß reinkommt, dann solle ich sie zu dem Kinosaal führen. Nun ja, es ist eher ein Räumchen", erklärt die Dame. Ich blicke auf meinem Strauß hinab. Er ist wahrscheinlich wirklich ziemlich auffällig.

"Wie sieht er aus?", hake ich nach. Auch wenn mir das Äußerliche nicht wichtig ist, macht mich die Tatsache, dass ich ihn getroffen, aber immer noch nicht gesehen habe, unglaublich hibbelig und neugierig.

"Er warnte mich schon, dass Sie das fragen würden"

Ein Lächeln schmiegt sich um meine Lippen. Er ist wirklich sehr vorausschauend.

Ich kann immer noch nicht realisieren, dass er das alles nur für mich gemacht hat.

"Bevor ich es vergesse", die Frau läuft zu dem winzigen Kartenschalter, der sich in einem Miniaturland gut machen würde, "Diese Rose ist für Sie. Und nun folgen sie mir bitte"

Aufgeregt laufe ich der Dame hinter her, die von der Größe her perfekt in dieses Kino passt. Kein Wunder, dass alles so klein und eng ist. Es ist mir ein Rätsel, wie S zu diesem Ort gefunden hat.

"Viel Spaß mit dem Film", wünscht mir die Dame und verlässt den leeren Raum. Ich bin die Einzige, die sich hier befindet.

Zwei Sitzreihen mit drei Sitzen, bieten gefühlt gerade genug Platz für mich.

Ein Film also. Ich versuche jeden Ort, an den er mich schickt, zu genießen. Ich will mir jedes einzelne Detail einprägen. Ich will das alles hier niemals vergessen.

Auf der Leinwand erscheint ein Schriftzug. Als ich lese, was dort steht, kann ich ein Grinsen einfach nicht zurück halten.

"Harry Potter", flüstere ich zu mir.

Eigentlich hätte ich mir denken können, dass er mir diesen Film zeigt.

Gerade, als der Film anfängt, kommt die Dame mit einem Popcorn Eimer herein.

"Dankeschön", sage ich und nehme den bunten Eimer entgegen. Es liegt ein Zettel oben auf.

Viel Spaß mit meinem kleinen Mädchen. Ich verspreche dir, du wirst sie lieben. Übrigens gibt es hier das beste Popcorn in ganz Kanada, denn sie machen es selbst.
Halte die Augen offen, du weißt nie, wann du einen nächsten Hinweis erhalten könntest.
-S

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Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es ziemlich auffällig, dass nur eine Werbung während der gesamten Vorstellung gezeigt wurde. Zudem war sie für das Aquarium, das eine Sehenswürdigkeit von Toronto  ist.

Entweder ich bin paranoid oder das ist ein Hinweis.

Als ich wieder in die Kälte heraus trete, ziehe ich die Toronto Karte aus meiner Hosentasche. Dumm nur, dass ich nicht weiß, wo das Aquarium ist.

"Entschuldigen Sie", ich tippe einem Mädchen gedankenverloren auf die Schulter.

Als sie sich umdreht, fällt meine Kinnlade herunter.

"Leyla"

"Melody, was ein Zufall!"

"Gut, dass ich dich sehe. Auch wenn es ein wenig gruselig ist, wenn man bedenkt, wie groß Toronto ist"

Ein Lachen entflieht ihren schwarz geschminkten Lippen.

"Ja, das ist in der Tat ein wenig seltsam. Aber auch cool! Ich meine wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür? Wieso trägst du eigentlich einen Rosenstrauß herum?"

Ich folge Leylas Blick zu meinem Strauß.
Etwas nervös lache ich.

"Ach der ist nur für eine Freundin..."

Das ist die schlechteste Ausrede der Welt. Ich lasse ihr aber gar keine Zeit darüber nach zudecken, da ich sie gleich frage, wo das Aquarium ist.

Sie zuckt mit den Schultern, "Ich habe gerade eh nichts zu tun, da kann ich dich hinbringen"

Eine Weile überlege ich. Was wenn sie sich dann das Aquarium mit mir zusammen angucken will? Jedoch verirre ich mich ohne ihre Hilfe wahrscheinlich in Toronto. Diese Karte ist nicht sehr hilfreich, wenn man gar nicht weiß, wo man hin muss.

"Okay", ich lächele sie an.

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Glücklicher Weise ist Leyla wieder ziemlich schnell gegangen, als wir am Aquarium waren. Sie meinte, sie habe vergessen die Herdplatte in ihrer Wohnung auszustellen.

"Eine Eintrittskarte bitte"

Der Junge mit sichtlichen Hautproblemen, der kaum jünger als ich sein dürfte und das anscheinend als Nebenjob betreibt, mustert mich. Seine Augen wandern von meinem Gesicht zu den Rosen in meiner Hand und wieder zurück.

"Holy shit. Du bist die Blumentante"

Seine Bemerkung lässt mich in Lachen ausbrechen.

"Blumentante?", hake ich nach. Sehe ich etwa schon so alt aus?

Der Junge greift nach etwas hinter ihm.

Er legt eine rote Rose vor sich hin. Ein dümmliches Grinsen liegt auf seinem Gesicht.

"Man ich dachte der Typ wäre einfach nur Irre. Aber du bist ja wirklich da. Also hier deine Rose und die Eintrittskarte. Schön bezahlt. Oh und dieser Brief.
Solche Typen sind der Grund, dass Mädchen immer hinten rum gehoben werden wollen. Die setzten die Erwartungen viel zu hoch"

Meine Augenbraue schießt fast automatisch in die Höhe.

"Eh okay", murmele ich dann und greife nach der Rose, der Eintrittkarte und dem Brief.

"Tschüss dann", ruft mir der Junge noch hinter her. Ich nicke.

Du hast es geschafft. Du bist am Aquarium angekommen. Leider kommst du deinem Ziel so immer näher. Nur noch drei Stationen. Folge den Zetteln, sie führen dich zu deinem nächsten Ziel.
-S

Stirnrunzelnd sehe ich mich um.
Es ist nichts zu sehen.

Erst als ich weiter gehe, hängt ein Post it and der Wand. Ich reiße ihn ab.

Sit and drink pennyroyal tea.

Was kann er meinen?
Eins ist klar: er benutzt das Lied 'Pennyroyal tea' von Nirvana.

Doch noch weiß ich nicht, was er damit meint.

Ich laufe weiter.

Distill the life that's inside of me.

Noch weiter.

Sit and drink pennyroyal tea.

Der letzte Zettel klebt an einem Ständer mit Karten. Stadtkarten.

Ich ziehe eine heraus. Die Sehenswürdigkeiten sind mit kleinen Zeichnungen dargestellt.

Das Royal Ontario Museum. Plötzlich wird es mir klar. "PennyROYAL", er hat auf das Royal angespielt.

Meine Füße schmerzen, aber es macht mir nichts aus. Jeder Meter bringt mich näher zu ihm und das ist, was zählt.