75| Unexpected

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Kapitel 75
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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Ich nippe an dem Kaffee in meiner Hand. Er ist allerhöchstens noch lauwarm.
Nach zwei weiteren Schlucken schmeiße ich den Rest in einen Mülleimer.

Mir fehlt Kat. Mir fehlt Luisa.
Der dämliche Kerl, der sich mein bester Freund nennt, auch.

Es ist knapp eine Woche her, seitdem ich von zu Hause weg bin, doch ich habe bereits jetzt heimweh. Nicht unbedingt nach meinen Eltern, aber nach dem Gefühl von Heimat. Hier ist alles fremd. Es ist neu.

Alles ist aufregend und toll.
Keine Frage, ich bin super froh hier zu sein, doch zugleich fühle ich mich wie ein Alien.

Ein seltsames Gefühl, das mir den Kaffee sauer aufstößen lässt.
Zumal er sowieso nicht besonders gut war.

Mit meiner linken Hand halte ich mir meine Jacke zu, während ich mit meiner rechten nach meinem Handy grabe.

"Holaaaa", gebe ich von mir, als ich die Stimme der Rothaarigen auf der anderen Leitung höre. Ich kann förmlich hören wie sie grinst. Auf eine gewisse Art und Weise habe ich mich von ihrem Spanisch Wahn anstecken lassen.

"Hola mi amiga", lacht sie.

"Wie geht's wie steht's?", frage ich dann.

Ein weiteres Lachen entflieht ihr: "Dein Ernst?"

"Ja okay, das war ungünstig formuliert. Aber jetzt im Ernst, was gibt es Neues?"

"Nicht wirklich etwas. Logan und Kat haben angefangen zu studieren und ich bin hier richtig lonely", murmelt sie, wobei sie ein wenig betrübt klingt.

"Du könntest ja zu Logan ziehen", gebe ich zu bedenken.

"Das Thema hatten wir doch schon. Noch nicht. Das ist viel zu früh. Aber jetzt kommen wir Mal lieber zu dir: Du bist in New York und rufst erst jetzt an?"

"Sorry, es gab viel zu tun", entschuldige ich mich halbherzig, während ich an einer roten Ampel stehen bleibe.

Es ist eng. Noch nie habe ich so viele Menschen gesehen, wie in New York. Es ist unglaublich.

"Jetzt erzähl endlich, ich habe gleich Judo"

"Ja, ja. Also: Shawn hat noch einmal vorbeigeschaut. Und ich habe einen Mitbewohner statt einer Mitbewohnerin. Total nervig", ich verdrehe meine Augen. Kann man seinen Mitbewohner irgendwie loswerden?

"Woah was? Bitte einmal auf 'repeat': Shawn ist da oder war da?"

Ich nicke und beiße mir auf die Lippen. Sie schmerzen ein wenig. Die Kälte hat sie unheimlich angegriffen. Unglaublich, dass es erst Mitte Oktober ist.

Das Wetter scheint etwas gegen mich zu haben.

"Er war da... Er ist an dem Tag, an dem ich angekommen bin, gekommen und ist am nächsten Tag wieder gegangen, weil er Aufnahmen machen musste", erkläre ich.

"AUFNAHMEN? SM4", schreit sie mir fast entgegen, fügt aber noch hinzu, "Tut mir leid. Das musste raus. Aber warte Mal. Er ist über Nacht geblieben?"

"Vielleicht SM4. Nobody knows. Und ja ist er. Aber bevor du dir irgendwas zusammenreimst, das gar nicht passiert ist: nein haben wir nicht"

Eine kurze Pause entsteht.

Luisa hakt sicherheitshalber noch einmal nach: "Habt ihr nicht?"

Ich schüttele meinen Kopf. Meine blonden Haare fliegen um mein Gesicht.

"Luisa. So eine... bin ich auch nicht. Shawn und ich kennen uns praktisch gar nicht. Außerdem wäre es mein erstes Mal. Ich weiß ja nicht einmal, ob wir zusammen sind oder so..."

"Ja, das verstehe ich. Mir geht es ja genauso. Es muss etwas Besonderes sein. Außerdem sollte man sich Zeit lassen. Aber sag mir davor bescheid. Also wenn du denkst, dass da was kommen könnte"

Grinsend nicke ich.

"Ja, du mir aber auch!", sage ich dann noch.

"Also, ich muss los, die Kiddies warten auf mich. Aber halt mich auf dem Laufenden! Und darf ich es eigentlich Kat erzählen?"

"Klar. Okay, bis dann!"

-

"Du blockierst jetzt nicht ernsthaft den Fernseher mit diesem Kack!", höre ich Ben brummen, als er sich neben mich auf das Sofa plumpsen lässt.

"Wenn es dir nicht gefällt, kannst du auch gerne wieder gehen. Deine Gesellschaft ist nicht gefragt", sage ich und drücke verzweifelt auf dem Lautstärkeregler herum, da uns die Stimme von James Corden förmlich entgegen schreit.

"Ich will aber Transformers gucken"

Nachdem ich die Lautstärke endlich auf ein angenehmes Level gebracht habe, wende ich meinen Kopf zu ihm.

"D-V-D", bustabiere ich, um es zu verdeutlichen.

Ein Seufzen entflieht ihm. Das Bier, das er in der Hand hält, macht mir allerdings Lust, mir selbst eines zu holen.
"Haben wir noch welche von denen?"

Sauer sieht er mich an und zischt: "Die sind aber meine"

"Du stopfst jeden Tag meine Cornflakes in dich hinein. Also her mit dem Bier!"

"Ja wir haben noch eins. Aber du musst es dir schon selber holen, Tussi"

Ich verdrehe meine Augen. Fast hätte ich etwas vergessen, als ich aufgestanden bin.

Schnell drehe ich mich um und greife nach der Fernbedienung. Man kann sich ja nie sicher genug sein.

Es ist mir egal, ob er Transformers gucken will oder nicht, ich lasse mir Shawns Auftritt nicht entgehen.

Es ist seltsam jemanden im echten Leben zu kennen und ihn dann im Fernsehen zu sein. Es ist seltsam, wie Luisa und Kat über ihn reden. Im Endeffekt ist er nur ein Mensch. Hauptsächlich sehe ich mir seine Auftritte deshalb an. Weil ich ihn als Person, als Lebewesen schätze.

"Eyyy das halte ich nicht aus!", höre ich Ben schnauben.

"Dann geh doch woanders hin! Zumal Transformers ja wohl der schlechteste Film aller Zeiten ist. Kurz gesagt- ein SchleFAZ", sage ich.

"Das hast du dir gerade ausgedacht. Außerdem ist das nicht wahr! Es ist ein Meisterwerk"

Meine Hand greift nach dem Bier. Schnell laufe ich wieder ins Wohnzimmer.

"Das habe ich mir nicht ausgedacht. Die bewerben sogar die Filme damit. Leider nicht Transformers. Was du ein Meisterwerk nennst, ist einfach hirnlos. Du guckst ihn wahrscheinlich sowieso nur, weil du auf Megan Fox' Hintern starren willst"

Ein umverstehbares Grummeln geht von ihm aus, was mir ein Grinsen auf meine Lippen zaubert.

"Und du guckst das doch nur weil-"

"Na ganz bestimmt nicht, weil James Corden so attraktiv ist"

unexpected [s.m] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt