Kapitel 12

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"Was hat dich denn gestochen?", lachte Rick und sah mich amüsiert an.

"Nichts", brummte ich und ging zu meinem Schließfach.

Ein plötzlicher stechender Schmerz in meinem rechtem Handgelenk ließ mich kurz inne halten. Scheiße, tat das weh. Ich biss mir auf die Zunge und zwang mich mein Schließfach zu öffnen. Schnell nahm ich meine Unterrichtssachen für Physik und Informatik raus.

"Endlich hab ich in Phyik nen Sitznachbarn", freute sich Josie und strahlte mich glücklich an.

Ich lächelte leicht und folgte ihr. Den Jungs winkten wir noch zum Abschied, bevor mich Josie kreuz und quer durch die Gänge führte. Wie zur Schokolade hab ich bloß die Schließfächer gefunden? Irgendwann schob sie mich endlich in einen Raum und zeigt mir meinen Platz neben ihr. Er war genau am Fenster. Sofort riss ich dieses auf. Man o man. Wie hielten die das bloß bei so einer stickigen Luft hier drin aus? Da kippte man ja glatt aus den Latschen.

"Spinnst du?", kreischte jemand mir ins Ohr.

Och nö, nicht diese typische Klischeebitch jetzt, oder?

"Was?", fauchte ich und probierte sie erstmal mit meinen Blicken zu schlagen.

Wie konnte man sich bloß so hässlich schminken? Also, ich hab jetzt echt kein Problem wegen ein bisschen Schminke. Aber man musste sich wirklich nicht jeden Tag eine ganze Tonne Make-Up ins Gesicht klatschen. Das war doch widerlich.

"Mach das Fenster zu!", piepste die Make-Up-Fresse.

"Und was wenn nicht?", provozierte ich sie bewusst.

"Alter, es ist kalt!", quitschte dieses Weib weiter.

Ok, so langsam nervt's!

"Alter, zieh dir war richtiges an, dann ist es nicht so kalt und die Gaffer würden ihre Hormone wieder in den Griff bekommen und die wahre Hässlichkeit in dir sehen!", zischte ich.

Geschockt starrten mich alle an.

"Punkt an Lin!", meinte Josie und schmunzelte.

"Wie kannst du es wagen?", kreischte diese Göre und fing jetzt auch noch an zu heulen.

"Alter, hast du da nur Wackelpudding oben drin. Durch dein Heulen machst du deine schon so verunstaltete Hackfresse noch widerlicher!"

Ok, keine Ahnung woher ich das gerade genommen hatte.

"Wie kannst du es wagen?", jaulte Make-Up-Fresse außer sich und versuchte mir das Gesicht zu zerkratzen.

"Ach ja. Du hast deine Lilifeeunterhose zu Hause vergessen, Schätzchen. Soll ich deine Mami fragen, ob sie sie schnell vorbeibringt?"

Das hatte gesessen. Fassungslos starrte sie mich an als hätte ich mich in ein Auto verwandelt.

"Genug gestarrt?", fragte ich leicht aufbrausend, "Ich bin übrigens ein Mädchen und kein Junge, also hör auf zu sabbern!"

Beleidigt drehte sie sich um ließ ihren Rock mit Absicht leicht hochfliegen. Baah war das ekelhaft. Ich schnappte mir einfach die beknackte Sporthose von mir und lief schnurstracks auf sie zu. Geschickt warf ich sie mit einem Arm über den Tisch und zog ihr die Sporthose an. Jaulend versuchte sie mich abzuschütteln. Doch ich blieb erbarmungslos.

"Scheiß dir jetzt bloß nicht in die Hose", knurrte ich noch, bevor ich mich wieder umdrehte und mich auf meinen Platz fallen ließ.

"Der hast du's aber gezeigt", lachte Josie.

Sie war richtig schadenfroh.

"Das hat sich noch niemand getraut..."

In dem Moment betrat ein Lehrer den Klassenraum. Er war noch recht jung. Als er die Bitch so auf dem Tisch liegen sah, schaute er sich verwundert um. Schließlich blieb sein Blick an mir hängen.

"Wer bist du denn?", fragte er freundlich.

"Lin. Ich bin 16", antwortete ich.

"Ich bin Herr Jakob", stellte er sich auch noch vor.

Die Bitch hatte sich mittlerweile aufgerappelt und hatte sich widerwillig auf ihren Platz gesetzt. Natürlich hatte sie mich nochmal vorher böse angefunkelt.

"Jetzt würde ich auf der Hut sein", warnte mich Josie vor.

Ok, Bitch gegen Lin! Der Kampf beginnt! Sorry, aber ich gebe nie auf. Das ist gegen meine Ehre! Ich grinste kurz, bevor ich mich wieder auf den Unterricht konzentrierte. Herr Jakob schrieb gerade eine Aufgabe an. Wir sollten eine Messung auswerten. Ich lächelte. Wenigstens konnte ich das. Während fast die ganze Klasse stöhnend immer noch an der Aufgabe saß, war ich nach nicht einmal 5 Minuten fertig.

"Man wie machst du das?", stöhnte Josie neben mir.

Ich zuckte die Schultern und schaute nach vorne. Dort begegnete ich Herrn Jakobs Blick. Er lächelte mir kurz zu, ehe er sich von seinem Stuhl erhob und die Klasse beäugte. So ging es dann immer weiter. Herr Jakob gab uns Aufgaben und wir lösten sie. Zum Schluss wurden die Lösungen besprochen. Schließlich unterbrach das Schellen unsere Physikstunde bzw. beendete sie. Endlich Pause. Jetzt nicht falsch verstehen. Ich mag Physik, aber zu viel ist dann doch etwas langweilig. Josie schnappte mich am Arm und zog mich hinter ihr her nach draußen. Dort standen bereits die Jungs und unterhielten sich. Sie waren so vertieft, dass sie uns gar nicht bemerkt. Erst als Josie Rick beleidigt gegens Schienbein trat, sahen die beiden uns an und liefen sofort rot an. Immer wieder warfen sie mir komische Blicke zu. Ich hatte mich einfach etwas abseits auf die Mauer gesetzt und beobachtete die anderen Schüler.

"Du bist nicht so gern unter Leuten, stimmt's?", wollte Liam wissen.

Wann war der denn hier rüber gekommen? Ich nickte und suchte nun Josie und Rick. Rick stand grade ziemlich nah bei Josie und sagte etwas. Überrascht weitete diese ihre Augen. Langsam beugte sich nun Rick vor und umfasste mit beiden Händen ihr Gesicht. Aarg ein Liebespärchen. Angewiderte schaute ich weg. Trotzdem spürte ich diesen unglaublich intensiven Schmerz in meiner Brust. Es war Liebe, nach der ich mich seit Jahren gesehnt hatte. Sie hatte damals mein Leben zerstört, und sie war das, was ich nie hatte, seit diesem einem Tag. Ich merkte gar nicht wirklich, wie mir eine Träne über meine Wange lief. Plötzlich spürte ich zwei warme starke Arme, die sich um mich gelegt hatten und mich vorsichtig an sich zogen. Es war Liam.

"Egal, was früher passiert ist, ich bin für dich da", hauchte er, bevor das Schellen uns auseinander trieb.

"Was hast du jetzt?", erkundigte er sich und wischte mir über die Wange.

"Informatik", murmelte ich.

"Dann haben wir zusammen Unterricht", lächelte er und sprang von der Mauer.

Ich folgte ihm leicht lächelnd. Es tat gut Menschen an seiner Seite zu wissen, die für mich da waren. Diesmal war es nicht komisch gewesen, ihn in den Arm zunehmen. Diesmal hat es gut getan...

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Hey ihr,
Und schon ist das nächste draußen. Na, was haltet ihr von Rick und Josie?
Eure
P.L

not the best lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt