"Rick, du tust mir weh", jaulte ich.
Rick ließ mich los, nur um mich sofort in die Arme zu schließen.
"Lauf nie wieder weg", flüsterte er mir ins Ohr.
Als er mich los ließ, strich er mir noch eine Strähne hinters Ohr, bevor er zu den Jungenumkleiden ging. Etwas überrumpelt sah ich ihm nach.
"Komm, Lin", rief Josie und zerrte mich mit in die Umkleiden.
Erst jetzt bemerkte ich, wie alle mich böse anstarrten. Schnell zogen wir uns um und betraten die Halle. Ich trug eine kurze schwarze Adidas Hose und ein grünes Trikot. Wir setzten uns auf den Boden, da die Bänke schon belegt waren. Ich fühlte mich total unwohl in meinen Sportsachen, da so meine ganzen Narben zu sehen waren. Ich hatte mich extra auf dem Klo umgezogen, da ich nicht wollte, dass mich irgendwer auf meine Körperstatur und meine Narben ansprach.
"Wir fangen heute ein neues Thema an", erklärte unser Sportlehrer, der ziemlich muskulös war und fast schon einen bedrohlichen Eindruck bei mir hinterließ.
"Das Thema ist ringen, boxen, kämpfen!"
"Jetzt wird entschieden, ob du hier bleibst oder die Schule wechselst", murmelte Josie.
Ich zuckte erschrocken zusammen. Waaas? Das konnte doch nicht ihr Ernst sein. Alter, das war hier mein erster Tag! Geschockt sah ich zu Rick, der einfach vor sich hin grinste und gerade mit Liam redete.
"Holt schonmal die Matten raus! Danach lauft ihr euch zehn Minuten ein!", ordnete der Sportlehrer an.
Ich lief einfach Josie hinterher und versuchte möglichst unauffällig eine Matte mit Josie rauszutragen. Nachdem alle Matten in der Mitte der Halle ein riesiges Mattenfeld bildeten, begann das Einlaufen. Ich lief einfach drauf los. Josie begann schon neben mir zu keuchen.
"Man ey, warum läufst du so schnell", hechelte sie.
Ich zuckte nur mit den Schultern und zog mein Tempo noch etwas an.
"Alter! Willst du mich verarschen?", brüllte sie mich an, doch ich ignorierte sie.
Wieder spürte ich diese Blicke in meinem Rücken. Oh man, ich hasste diese Aufmerksamkeit.
"Na du?"
Rick lief neben mir.
"Hängst du jetzt alle ab?"
Er grinste mich an.
"Vielleicht", murmelte ich und lief einfach weiter.
Da mein Hirn den Sportlehrer einfach mal ignorierte lief ich tatsächlich fünf Minuten einfach weiter und wunderte mich, wo die anderen waren. Peinlich! Irgendwann kam Rick und hielt mich fest.
"Alter", brüllte ich, schockte ihn mit einem gezieltem Tritt auf seinen Fuß und rammte ihm meinen Ellenbogen in die Seite.
Rick schrie erschrocken auf und sah mir schockiert in die Augen. Alles war ruhig. Und erst jetzt checkte mein ach so super Hirn, was los war und ich wurde krebsrot.
"Sorry", nuschelte ich und rannte dann aus der Turnhalle.
Ich rannte einfach immer weiter.
"Lin", brüllte jemand hinter mir, doch ich blieb nicht stehen.
Plötzlich überholte mich jemand und Liam stand vor mir.
"Alles gut bei dir?", fragte er mich und musterte mich besorgt.
"Lass mich in Ruhe!", knurrte ich.
"Lin, Rick sitzt die ganze Zeit in der Umkleide und hält sich schmerzverzerrt den Bauch. Jetzt komm wenigstens zu Rick!", schrie er mich zusammen.
Eine Tür flog auf, doch Liam ignorierte sie und zog mich an meinem Arm hinter sich her.
"Lass mich los", zischte ich und versuchte mich aus seinem Griff zu winden, um wieder einmal feststellen zu dürfen, wie blöd ich war.
Ich hatte nicht bedacht, dass er meinen rechten Arm festhielt. Ich checkte es auch erst, als ein lautes Knacken und ein stechender Schmerz mir meine Dummheiten meldeten. Ich schrie wie am Spieß. Liam ließ mich trotzdem nicht los, bis ich ihm mit voller Wucht in die Waden trat.
"Waas?", brüllte er und drehte sich zu mir um.
Ich sah ihn verschwommen vor mir. Ich brachte nur noch ein, "Meine Hand", zustande, bevor ich in Tränen ausbrach. Warum tat das bloß so scheiße weh? Liam fing an zu fluchen und rannte einfach weg.
"Lin?", rief jemand verwundert meinen Namen und schon erkannte ich Lea vor mir.
Fragend sah sie mich an und ging vor mir in die Hocke, damit wir auf selber Augenhöhe waren. Ich zeigte nur kurz auf meine Hand.
"Ich fahr dich!", meinte sie nur und schnappte sich meine linke Hand.
Erst war ich verwirrt, doch ich ließ es einfach zu. Während sie mich zum Auto brachte, rief sie im Schulbüro an und informierte dieses kurz. Wenige Minuten später befand ich mich in der Notaufnahme des Krankenhauses. Dort wurde meine Hand sofort geröntgt. Ich hatte es tatsächlich geschafft, mir erfolgreich das Handgelenk zu brechen. Ich bin so ein Blödmann, ähm Blödfrau!
Nach sage und schreibe einer halben Stunde saß ich mit einen eingegipsten Arm neben Lea in ihrem Auto. Ihr Handy begann zu klingel. Lea überlegte nicht lange, verband ihr Handy mit der Freisprechanlage und nahm da.
"Lea hier", sagte sie und konzentrierte sich dabei auf die Straße.
"Hey, Lea. Kann ich Lin sprechen?"
Oh nein. Scheiße.
"Was?", nuschelte ich.
Meine Hand schmerzte immer noch höllisch, da Schmerzmittel bei mir nicht anschlugen.
"Ich hab doch gesagt, warte!", schnauzte mich Liam nun an, "Rick ist halb gestorben vor Schmerz und Sorge und Josie ist wie eine verrückte herum gerannt! Wie kannst du uns nur so einen Schrecken einjagen?"
Zum Ende hin wurde er richtig laut.
"Liam, ganz cool", antwortete Lea für mich, "das ist nicht Lins Schuld! Ich hab sie gefunden und sofort ins Krankenhaus gebracht. Und jetzt reiß dich zusammen und mach sie nicht noch mehr fertig. Die Schmerzmittel schlagen bei ihr nicht an! Sie krümmt sich hier regelrecht vor Schmerz!"
Es herrschte kurz Ruhe.
"Kannst du sie nach Hause bringen in die Baumhaus-WG 10?", fragte Liam schließlich zögerlich.
"Klar", erklärte sich Lea bereit und legte auf.
"Geht's?", wollte sie wissen und sah mich mitleidig an.
Mehr als ein leichtes Nicken brachte ich nicht zustande.
Irgendwann hielt sie am Waldrand und half mir beim Aussteigen. Man ist das nen scheiß Gefühl. Ich hasse es, auf die Hilfe der anderen angewiesen zu sein! Lea brachte mich noch bis zum Baumhaus und drückte die Klingel, bevor sie sich von mir verabschiedete und mir gute Besserung wünschte. Da stand ich nun, wie bei meinem ersten Mal und wartete.
"Liam, machst du bitte die Tür auf?", rief Josie und wenige Augenblicke später öffnete sich die Klappe oben und die Strickleiter wurde runter geworfen.
![](https://img.wattpad.com/cover/151785839-288-k470830.jpg)
DU LIEST GERADE
not the best life
Teen FictionJaqueline ist 16 und lebt in der USA. Ihr Vater ist alkoholabhängig und wird häufig deswegen gewalttätig. Irgendwann beschließt sie für die Baumhaus-WG nahe zwei Internate zu sparen. Doch was sie dort erlebt, hätte sie nie gedacht. Liebe, Freunde u...