Ich lief einfach ins Bett und wollte nur noch schlafen. "Lin, Liam will was von dir", rief Josie von der halb geöffneten Tür. "Und ich will schlafen", murrte ich und zog mir die Decke über den Kopf. "Man Lin, jetzt komm schon!", nervte Josie weiter. "Was ist denn?" Liam kam rein und setzte sich auf mein Bett, weshalb ich mich auch aufsetzte "Ich wollt dich das schon länger sagen. Oder eher gesagt mich entschuldigen. Ich war am Anfang echt mega scheiße zu dir. Tut mir wirklich leid. Ich bin nicht mehr so der offene Typ. Naja und dann wollte ich dich fragen, ob wir ne kleine Fahrradtour machen wollen, um uns nen bisschen näher kennenzulernen... Achja, Spielst du wirklich Geige oder ist das so ein Erbstück?", bombadierte mich Liam schließlich nach einer kurzen Stille. "Um vorne anzufangen, ist schon ok. Jetzt verstehen wir uns doch eigentlich ganz gut. Und das Zweite klar können wir gerne machen, aber du musst sie planen. Zum Dritten ich glaub, ich hab mal Geige gespielt, sicher bin ich mir aber nicht. Ich kann mich einfach, ab einem gewissem Zeitraum an nicht mehr erinnern." Denn Schluss sagte ich mehr zu mir selbst und senkte dabei den Kopf. "Versuch es doch einfach mal", ermutigte mich Liam und gab mir die Geige. Langsam packte ich sie aus und strich über das Holz. "Die ist ja echt hochwertig. Meine Schwester spielt auch und das war immer schon ihre Traumgeige", meinte Liam und schaltete meine Nachttischlampe an. "Brauchst du Noten?", fragte er mich hilfsbereit. Doch ich schüttelte den Kopf. Vor meinem innerem Auge hatten sich bereits einige Noten gebildet. Ich legte die Geige auf meine Schulter und klemmte sie mir schließlich zwischen Schulter und Kinn. Danach setzte ich vorsichtig den Bogen an und spielte die ersten Töne. Der Klang der Geige war einfach perfekt. Ich schloss meine Augen und spielte ein paar neue Töne. Schon war ich, wie in der Musik gefangen. Ich wurde schneller und spielte lauter. Ich spielte alles mögliche. Irgendwann war es eine Improvisation auf Schindlers Liste.
(Schindlers Liste Soundtrak für alle, die es nicht kennen)
Ich musste mich schließlich dazu zwingen wieder aufzuhören. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass auch Josie und Rick ins Zimmer gekommen waren und das große Licht angeschaltet hatten. "Das war spitze", rief Liam. Seine Augen leuchteten begeistert und er grinste übers ganze Gesicht. Ich lächelte schüchtern zurück. "Wow", machte Rick, während Josie immer noch sprachlos mit Tränen in den Augen da stand. "Das war unglaublich", hauchte sie schließlich und fiel mir um den Hals, "Du spielst so gut!" "Ach quatsch", murmelte ich. "Nicht quatsch!", protestierte Liam, "Das war echt gut. Hallo? Du hast ohne Noten gespielt. Das kann man nicht mal eben so!" Er sah mir ernst in die Augen. "Du bist ein totales Naturtalent!", fügte er etwas leiser hinzu. Ich schaute nach unten. Dieser Satz. Drn hatte schonmal jemand gesagt. Ich schloss die Augen. Doch es war immer nur der Satz, der sich in meinem Satz wiederholte. Es war eine weiche weibliche Stimme. Tränen traten in meine Augen, doch ich schluckte sie runter. "Ich würd jetzt gerne schlafen", murmelte ich und packte die Geige schnell weg. Die anderen standen auf und verliesen das Zimmer. Weinend verzog ich mich unter meine Bettdecke und schluchzte immer wieder leise. Ein Klingeln riss mich aus meiner Trance, in die ich gefallen war. "Lin?", fragte eine tiefe Jungenstimme leise in den Raum. "Mmh", murmelte ich und wischte mir schnell die Tränen weg. "Ist das ok, wenn ich hier schlafe? Josie will unbedingt bei Rick schlafen und das Sofa ist halt nichts gegen ein richtiges Bett...", erklärte er. Ich nickte und er strahlte dankbar. Danach holte er schnell seine Sachen und legte sich in Josies Bett. Oh man. Ernsthaft? Ich musste jetzt mit ihm in einem Zimmer schlafen? Das konnten die doch nicht machen. "Sorry", murmelte Liam, "Ich hab versucht sie zu überzeugen, aber die wollten nicht. Man sind die anstrengend!" Stöhnend drehte er sich auf den Rücken. Ich schwieg und vergrub meinen Kopf in meinem Kissen. Wieder kamen mir die Tränen. Warum? Warum tat die Stimme so weh? Ich schniefte und kugelte mich zusammen. "Was ist los, Lin?", flüsterte eine raue Stimme an meinem Bett. Ich vergrub meinen Kopf noch mehr in meinem Kissen und versuchte meinen Nervenzusammenbruch zu stoppen. "Lin", sagte er sanft und legte mir seine warme Hand auf die Schulter. "Warum weinst du?" Oh man. Das war doch peinlich. Ich lieg hier wie eine Fünf-Jährige im Bett und heule vor einem Jungen. Vorsichtig drehte er mich zu sich um und nahm mich einfach in den Arm. "Du musst es mir nicht sagen", hauchte er mir ins Ohr, "Aber vergiss nicht, dass du nicht allein bist. Du kannst jeder Zeit mit mir, Josie oder Rick reden." Liam strahlte eine unglaubliche Wärme und Geborgenheit aus. Er wirkte enorm beruhigend auf mich. Schon nach ein paar Minuten hatte ich mich soweit gefasst, um ein "Danke!" zu flüstern. Ein leises Lachen brachte seinen Brustkorb zum vebrieren. "Ich bin gern für dich da", meinte er und stand langsam wieder auf. Sofort fehlte mir seine Wärme. "Weißt du? Dein Lächeln steht dir besser", fühte er noch hinzu und wischte mir meine letzten Tränen weg, bevor er sich schließlich in sein Bett legte. "Schlaf gut!", murnelte er noch. "Du auch!", erwiderte ich. Oh man, ich war echt verknallt. Aber er hatte nun mal eine enorme Ausstrahlung! Was sollte man denn da machen? Lange lag ich wach und lauschte seinem regelmäßigem Atem. Irgendwann kam auch bei mir die Müdigkeit an und mir fielen die Augen zu.
Vor mir stand eine große Person. "Herr Müller, jetzt beruhigen Sie sich doch mal! Sie hat sich weh getan! Da können Sie sie doch nicht einfach so anschreien. Sie ist doch noch ein Kind!" Das war doch mein Vater. Ich schaute mich um. Dort stand er tatsächlich und hatte seine Hände auf den Schultern von einem kleinem Mädchen gelegt, das mir sehr ähnelte. "Lin, alles gut!", rief ein Junge und kam angerannt. Also war das eine kleinere Version von mir. Aber wer war der Junge. Klein-Lin drehte sich zu dem Jungen um und lief auf ihn zu. Der Junge nahm sie in den Arm. "Lass auf den Spielplatz gehen", schlug er vor. Ich folgte den beiden bis wir am Spielplatz waren. Hier war ich auch häufiger gewesen und hatte mich auf die Schaukel gesetzt, wenn es mir mal wieder alles zu viel wurde. Der Junge holte einen Ball und warf ihm dem Mädchen zu. Sie lachte und warf immer kräftiger. Auf einmal rollte der Ball auf die Straße. "Warte, ich hol ihn schon!", meinte der Junge und rannte los. Autobremsen quitschten ein Schrei. Dann war Stille. Autoreifen bewegten sich und ein Motor heulte auf. Das Mädchen rannte auf die Straße zu und ich hinterher. Da lag der Junge blutüberströmt...Schweißgebadet schreckte ich hoch und starrte auf die Bettdecke vor mir. Tränen ließen meine Sicht verschwimmen. Ich hatte doch heute schon genug geweint. Verzweifelt versuchte ich meine Tränen zurück zuhalten, doch ich blieb machtlos. Immer mehr hatten das dringende Bedürfnis üner meine Wangen zu fließen. Nach einer Weile stand ich auf und zog mir Sportsachen an. Schlafen konnte ich jetzt sowieso vergessen. Ich schnappte mir ein Toast aus der Küche und öffnete die Lucke. Danach kletterte ich vorsichtig hinunter. Unten angekommen, fiel mir ein, dass ich den anderen einen Zettel schreiben sollte, damit sie sich keine Sorgen machten. Also stieg ich wieder hoch, schrieb eine schnelle Heftnotiz und kletterte dann wieder runter. Ich stieg auf mrin Fahrrad und fuhr einfach los. Es war zwar nicht leicht, einhändig zu fahren, da ich nicht vernünftig schalten konnte, aber sonst war es ok. Genoss die frische Luft und die ersten Sonnenstrahlen. Immer wieder musste ich an den Jungen denken. Wer war er? Und hatte er den Unfall überlebt? War das alles ein Teil meiner Erinnerung gewesen? Ich war verwirrt, aber auch verängstigt. Ja, meine Vergangenheit machte mir Angst. Ich glaube, ich wollte sie gar nicht kennenlernen.
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Heyo,
Was haltet ihr von Lins Vergangenheit? Und wer könnte dieser Junge aus ihrem Traum sein oder existiert er in echt gar nicht?Danke für eure Kommentar. Das baut mich immer sehr auf und bringt mich immer zum Lachen. Ihr seid echt spitze. Vor allem möchte ich mich bei dir Felos259 und bei dir kunstlerische bedanken. Ihr seid echt klasse. Danke für eure Kommentare♡
Eure
P.L
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not the best life
Teen FictionJaqueline ist 16 und lebt in der USA. Ihr Vater ist alkoholabhängig und wird häufig deswegen gewalttätig. Irgendwann beschließt sie für die Baumhaus-WG nahe zwei Internate zu sparen. Doch was sie dort erlebt, hätte sie nie gedacht. Liebe, Freunde u...