Kapitel 12

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Keine Zeit für Gedanken

Die ganze Nacht lang habe ich mir die Augen ausgeheult. Manchmal kamen nicht mal mehr Tränen, so sehr hatte ich geweint. Ace verletzt mich einfach. Ihn interessiert es nicht mehr, was ich fühle. Ich habe sogar das Gefühl, es würde ihm Spaß machen, mich so sehr zu quälen.

Dennoch wachte ich nach der fast komplett schlaflosen Nacht auf und machte mich fertig für die Schule. Ich wollte nicht, dass mir auch nur irgendwer meine Sorgen aus meinem Gesicht ablesen konnte. Ich griff also zu meinem MakeUp und schminkte mich. Als ich wieder ansatzweise menschlich und lebendig aussah, ging ich runter in die Küche und machte mir einen Kaffee.

"Guten Morgen, Schatz", begrüßte mich meine Mutter. "Oh, kannst du mir gleich auch was einschenken? Ich habe es ein wenig eilig."

"Klar", antwortete ich und schenkte ihr Kaffee ein. Bei der Hälfte, nahm sie die Tasse weg und fing an den Kaffee zu schlürfen.

"Es findet heute wieder irgendeine Demonstration statt", berichtete sie mir. Das erklärte auf jeden Fall ihren Stress. "Legalisierung von Marihuana."

"Schon wieder?", fragte ich und drehte mich zu ihr. "Hatten die so was nicht schon letzten Monat veranstaltet?"

"Vermutlich ist denen ihr Gras ausgegangen. Was weiß ich." Sie exte den Rest von ihrem Kaffee, gab mir schnell einen Kuss auf die Wange und verließ das Haus.

"Ist Mum schon weg?", fragte Gabriel, als er die Küche betrat. Ich nickte nur. "So früh schon?"

"Heute findet in der Stadt wieder 'ne Marihuana Demo statt", berichtete ich ihm. "Mum wird komplett benebelt nach Hause kommen." Ich grinste.

"Die rauchen ihr Gras doch so oder so", meinte Gabriel. "Egal ob legal oder illegal."

Ich zuckte nur mit den Schultern und trank meinen Kaffee. Es darf jetzt nicht still sein. Ich möchte nicht über Ace nachdenken und wie scheiße er ist. Ich möchte gar nicht an ihn denken, was ich gerade aber tue. Verdammt!

Dann fiel mir ein gutes Thema ein. "Hey, ich wollte am Wochenende wieder 'nen Garagenflohmarkt veranstalten. Hast du irgendwelche guten Sachen, die ich verkaufen kann?"

"Kannst mein altes Fahrrad haben", meinte Gabriel sofort. Ich musste lachen. Gabriel ist mit diesem Fahrrad bis jetzt bei jeder Fahrt auf die Fresse geflogen. Er kam früher nie ohne eine weitere Verletzung nach Hause.

"Vielleicht hasst es dich ja so sehr wie du es hasst."

"Toll. Beruht alles auf Gegenseitigkeit", brummte er. Dann schaute er mich komisch an. "Wieso trinkst du überhaupt Kaffee? Hast du mal wieder 'ne Nacht durchgemacht?"

"Hab heute viel zu tun. Brauche die Energie", meinte ich nur. Dann schlürfte ich weiter an meinem Kaffee, um nicht so viel reden zu müssen.

"Ja? Was hast du denn zu tun?", fragte Gabriel, so neugierig wie er ist.

"Muss mit Michelle unsere Choreo durchgehen, Zeug bei Froy abholen und dann zu Hause meine eigenen Sachen ausmisten", berichtete ich ihm von meinen Plänen. Das ist auf jeden Fall genug Ablenkung für den ganzen Tag.

"Und wie komme ich nach der Schule nach Hause?", fragte er und trank die Milch aus seiner Müslischüssel leer.

"Du hast doch genug Freunde, die dich bestimmt liebend gern nach Hause fahren." Ich stellte meine Kaffeetasse in der Spüle ab und verließ die Küche. "Du hattest das Auto lange genug, jetzt bin ich wieder dran", rief ich während ich die Treppen nach oben lief. Ich schnappte mir meine Tasche, nahm mein Handy vom Ladekabel und ging zurück nach unten. Gabriel wartete schon auf mich.

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