Langsam folgten wir Jason, der uns auf das Dach des Trainingscenters brachte. Mit jedem Schritt wurde das beklemmende Gefühl in mir größer. Was wenn ich es nicht schaffte? Wenn ich keine Axt erwischte oder durch einen dummen Zufall bereits am Füllhorn starb? Wenn ich nicht einmal die Chance erhielt zu zeigen, was ich wirklich konnte?
Ich schüttelte heftig den Kopf um den Gedanken zu vertreiben, was mir einen fragenden Blick von Charly bescherte. Doch ich ignorierte ihn gekonnt.
Das Beste war sowieso, ihn ab dem Start zu vergessen. Ich konnte es mir nicht leisten mir Gedanken um jemanden zu machen. Doch natürlich wusste ich jetzt schon, dass ich das nicht konnte. Zwar war er nichts besonders, doch einer aus der Heimat. Und sollte ich scheitern war er der Einzige, den ich den Sieg gönnte. Damit wenigstens einer nach Hause kam, zurück nach Distrikt 7.
Eine Türe öffnete sich und wir betraten das Dach, von dort aus man eine tolle Aussicht auf das Kapitol hatte. Doch mein Blick ruhte nur auf dem metallenen Gefährt, welches direkt vor uns stand.
Ein Hovercraft.
Unser Transportmittel in die Arena und für 23 auch in den Tod.
„Denkt daran was ich euch gesagt habe. Schnappt euch etwas vom Füllhorn und dann rennt so schnell es geht von da weg.“, brummte Jason, während er uns mit gerunzelter Stirn musterte.
Charly und ich nickten, woraufhin er ihm auf die Schulter klopfte und mich kurz in seine Arme zog.
„Zeig den Leuten was in dir steckt, ansonsten kannst du Sponsorenhilfe vergessen.“, flüsterte er mir ins Ohr, ehe er die Umarmung löste und mich zum Hovercraft scheuchte.
Eine Leiter wurde herabgelassen und da Charly mir den Vortritt ließ blieb mir nichts anderes übrig, als sie zu erklimmen. Doch als ich die 2. Stufe erreichte konnte ich mich plötzlich nicht mehr bewegen, was mich sofort ein wenig nervös werden ließ. Doch dann wurde ich einfach samt Leiter nach oben gezogen.
Ein Friedenswächter ergriff meinen Unterarm und zog mich hinein, woraufhin ich große Willenskraft aufbringen musste, damit ich seine Hand nicht einfach weg schlug.
Er führte mich zu einem freien Platz und ich setzte mich. Dort saß ich keine drei Sekunden, als eine Frau auftaucht, die grob meinen Arm packte und ein komisches Gerät an meinen Unterarm setzte. Ich wollte gerade fragen was das war, als mich ein Schmerz durchzuckte und sie dann einfach verschwand, bevor ich mich lauthals beschweren konnte. Vermutlich war das gut so, immerhin waren die Hälfte der Plätze durch die Tribute schon besetzt.
„Das ist der Aufspürer. Damit du in der Arena nicht verloren gehst.“, sagte eine Stimme neben mir und ich drehte den Kopf.
Es war der Junge aus 4, Perry oder so ähnlich, der mich angrinste. Doch es war kein freundliches Lächeln, das auf seinen Lippen lag. Überlegen blickte er auf mich herab und ich konnte die Wut kaum unterdrücken, die in mir aufkam. Wie sehr ich diese Karrieros hasste. Doch ich schwor, dass ihm sein dämliches Grinsen noch vergehen würde. Ich klammerte mich an diesen Gedanken, damit ich meinen Mund hielt, und glücklicherweise klappte es. Ich schaffte es sogar seinen Blick zu erwidern, bevor ich mich zuckersüß bei ihm für die Erklärung bedankte.
Arroganter Mistkerl!
Der Flug dauerte nicht lange und wir erreichten die Arena. Zumindest vermute ich das, denn zu sehen war davon nichts.
Ich wurde durch einen unterirdischen Gang in ein kleines Zimmer gebracht, indem mich Prescilla bereits erwartete. Überschwänglich zog sie mich an ihre Brust und mir blieb nicht mal mehr Zeit noch einmal tief Luft zu holen. Badete diese Frau in ihrem Parfum?
„Viel Glück Liebes, das kannst du gebrauchen.“, sagte sie und am Liebsten hätte ich ihre eine verpasst. Da ich in kürzester Zeit in der Arena sein würde sah ich keinen Grund mehr mein Image aufrecht zu halten, vor allem da mich sonst niemand sehen würde. Doch ehe ich auch nur einen bösen Kommentar von mir geben konnte, löste sie sich aus der Umarmung und hielt mir etwas vor die Nase.
„Das hier ist deine Weste. Ich weiß, eine scheußliche Farbe! Derjenige der dieses Outfit entworfen hat gehört eigentlich eingesperrt! Aber leider kann ich nichts dagegen tun und du musst es tragen.“, plapperte sie während sie mir half sie anzuziehen. „Sie hat unglaublich viele Taschen, was bestimmt ein Vorteil sein kann. Allerdings ist sie genauso dünn wie das restliche Outfit, also wird es in der Arena vermutlich warm sein.“
Nachdem ich mich nun in meinem kompletten Outfit befand machte sie mir noch einen Zopf, ehe sie mir etwas zu essen und zu trinken anbot. Doch außer einem Wasser verlangte ich dieses Mal nichts. Mittlerweile war mir nämlich ziemlich flau im Magen.
Plötzlich ertönte eine mechanische Stimme und ich zuckte unweigerlich zusammen, da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte.
„Noch eine Minute bis zum Start.“
Sofort sprang ich auf und blickte mich um. Eine Minute? Sie sagten es erste eine Minute davor? Vielleicht musste man sich mental aber zwei Minuten auf den Start vorbereiten!
Wütend und aufgebracht lief ich auf und ab. Ich war noch nicht bereit! Doch ich fürchtete, dass ich das auch in fünf Minuten nicht sein würde. Wer konnte schon bereit sein in eine Arena gesperrt zu werden wo man dem Tod unmittelbar gegenüberstand? Niemand. Außer vielleicht ein hirnverbrannter Karriero.
„Hier rein.“, sagte Prescilla und zeigte auf den Glaszylinder, den ich bis zu diesem Augenblick nicht bemerkt hatte. Vielleicht aber hatte ich ihn auch einfach nur verdrängt.
Zögerlich und mit wackeligen Beinen steuerte ich auf ihn zu, während die Stimme verkündete, dass es jetzt nur noch 30 Sekunden waren.
Ich stellte mich hinein und automatisch schloss sich die Öffnung. Prescilla winkte noch einmal, danach schien sie es nicht mehr für wichtig zu erachten bei mir zu bleiben und verließ den Raum.
Ich schloss die Augen und atmete noch ein letztes Mal tief durch. Danach setzte sich der Zylinder in Bewegung.
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Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin
FantasyJeder weiß, wie sie die Spiele gewonnen hat. Jeder kennt sie. Oder glaubt sie zu kennen. Doch wer ist sie wirklich? Wie wurde sie zu der Frau, die sich vom Kapitol nichts mehr bieten lässt? Was ist die wahre Geschichte der Johanna Mason? Die Geschic...