Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin | Kapitel 30

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„Meine Damen und Herren, ich freue mich Ihnen die Siegerin der 67. Hungerspiele präsentieren zu dürfen. Johanna Mason, aus Distrikt 7!“, hallte eine laute Stimme durch die ganze Arena. Es klang komisch meinen Namen zu hören. Nach all der Zeit die in niemand mehr ausgesprochen hatte.

Die Fanfaren wurden eingespielt, danach erschien ein Hovercraft am Himmel, welches eine Leiter herabließ, an der ich mich festhalten sollte. Trotzdem brauchte ich eine Weile bis ich meine Hände danach ausstreckte und beinahe magnetisch angezogen wurde, ehe ich so nach oben in das Flugobjekt gebrach wurde. Es setzte sich in Bewegung, während Ärzte zu mir kamen, um mich zu untersuchen.

Ich ließ sie machen, ließ mir sogar Aufbauspritzen geben und sagte nicht ein Wort. Stattdessen dachte ich nur daran, dass ich es wirklich geschafft hatte. Es war vorbei. Ich kam wirklich wieder zurück nach Distrikt 7.

Nachdem die Ärzte sich ihren ersten Eindruck verschafft hatten meinten sie, dass ich in ziemlich guter Verfassung war. Nur noch ein paar Aufbauspritzen und eine Gewichtszunahme um zwei drei Kilos, dann sah ich schon wieder ganz gut aus. Einer baldigen Siegerehrung stand in diesem Jahr also nichts im Weg, was sie meiner Stärke und Überlegenheit zuschrieben.

Ich wurde in das Appartement gebracht, in welchem ich auch vor den Spielen gewohnt hatte. Nur fühlte sich jetzt alles anders an. Anders, falsch und beklemmend.

Charly war tot. Alle anderen Tribute, die dieses Gebäude zuvor noch mit mir bewohnt hatten ebenfalls. Nur ich war übrig.

„Kleines!“, neckte mich Jason, als er mich das erste Mal wieder sah und zog mich in seine Arme. Er sagte nicht, dass er stolz auf mich war und er sprach auch nicht darüber, wie gut mein Plan funktioniert hatte. Seine Begrüßung bestand aus einem einzigen Wort und ich war unglaublich froh darüber. So froh, dass ich ihn nicht einmal für seine Bezeichnung anschnauzte.

Nach drei Tagen sah das jedoch schon wieder ganz anders aus. Da war ich, dank Camilla wegen jeder Kleinigkeit genervt und verlangte deshalb von Jason, dass er den Zuständigen für die Siegesfeier ausfindig machte um ihm zu sagen, dass wir meinetwegen loslegen konnten. Und wenn es Snow persönlich war, das war mir egal.

Die Zustimmung kam und der Termin wurde für den nächsten Tag festgelegt. Dort erwartete mich jedoch erneut ein Grauen, und das war mein Vorbereitungsteam. Vor lauter Arena und Gedanken an zu Hause hatte ich das total verdrängt.

Sie gratulierten mir überschwänglich und meine Stylistin fing sogar vor Freude an zu heulen. Da sie nie geglaubt hatte, dass ich auch nur eine kleine Chance haben würde. Und dank meinem Sieg hatte sie nun ebenfalls einen neuen Status. Immerhin hatte sie auch dazu beigetragen. Ich ersparte mir jegliches Kommentar und schaute sie nur grimmig an, was sie sofort schweigen ließ. Meine vermeintliche Brutalität schien mir zu helfen und ich würde es bei diesen Menschen mit Sicherheit anwenden.

Sanfter als vor den Spielen wurde meine Haut gereinigt und alle Haare, bis auf die auf meinem Kopf und den Augenbrauen im Gesicht, wurden entfernt.

Florelia ließ es sich nicht nehmen, das Make-Up und die Haare für ihren Sieger höchstpersönlich zu machen, doch glücklicherweise schwieg sie dabei. Als wenn sie leicht Angst hätte, dass ich sie sonst erwürgen würde, wenn sie auch nur etwas Falsches sagte. Der Gedanke käme mir vielleicht sogar in den Sinn, doch ich hätte es sicher bei einer Drohung belassen. Trotzdem war die Stille nur zu angenehm.

Nach über einer Stunde durfte ich in den Spiegel blicken und erkannte mich beinahe selbst nicht mehr.

„Meine Augen? Wieso sind sie so schwarz?“, fragte ich und drehte meinen Kopf hin und her. Allgemein war das Make-Up sehr düster gehalten und auch meine Haare waren kein süßer Zopf mehr sondern eine streng nach hinten gekämmte Frisur.

„Ich wollte dich darstellten, wie du bist. Stark, unberechenbar und gefährlich. Das Kapitol liebt dich Johanna, sie lieben dein Image und sind begeistert darüber, eine so außergewöhnliche Siegerin zu haben.“, erklärte sie mir.

Okay, alles klar.

„Ist mein Kleid auch schwarz?“

„Nein, das ist dunkelrot mit schwarzen Steinen darauf. Du wirst es lieben.“, behauptete sie und lief dann auch schon zu einem Kleidersack um es herauszuholen. Ich musste zugeben, es sah wirklich nicht schlecht aus. Angezogen musste ich jedoch feststellen, dass sehr… nun ja, freizügig geschnitten war. Es betonte eine Oberweite die bei mir noch nicht wirklich vorhanden war und zauberte vorteilhafte Kurven.

„Du bist vielleicht erst 15, aber eindeutig kein kleines Mädchen mehr. Zeigen wir den Männern, was du hast.“

„Den Männern zeigen…?“, wiederholte ich ungläubig, schaffte es jedoch nicht den Satz ganz zu beenden. Sie war verrückt. Gleich würde ich sie doch noch erwürgen.

„Mach es ein wenig länger, sonst geh ich nicht auf die Bühne. Und du kannst mir glauben, ich meine das ernst.“, sagte ich extra feinselig, was sie unglaublich schimpfen ließ. Trotzdem rannte sie los und besorgte Tüll um das Kleid in letzter Sekunde noch ein wenig umzuändern. Am Ende war ich soweit zufrieden gestellt, dass sie erleichtert seufzte und mich dann im Eilschritt in den Raum brachte, von wo aus ich auf die Bühne gefahren werden sollte. Es ging schnellen Schrittes, da ich flache Schuhe anziehen durfte. Etwas, das ich nur mit einem bösen Blick durchgesetzt hatte. Langsam fand ich Gefallen daran.

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