Nicht schon wieder! Verfolgte mich der Kerl oder wieso tauchte er nur immer wieder auf? Er nervte, merkte er das nicht?
„Hoppla, nicht so stürmisch Süße.“, meinte er und lachte, wodurch ich ihn sofort wütend anfunkelte.
„Nicht ich stand mitten im Weg.“, gab ich zurück, wobei ich für ein verängstigtes Mädchen viel zu feindselig klang. Verdammt, Jason würde mich umbringen, wenn ich die Tarnung jetzt auffliegen ließ. Ich musste das irgendwie gerade biegen!
„Ich… Es tut mir leid, ich hab nicht aufgepasst. Aber ich war so durcheinander, das Einzeltraining, dann das Interview das ansteht. Und dann müssen wir übermorgen schon in die Arena!“, begann ich deshalb. Meine Stimme ließ ich dabei so verzweifelt wie nur möglich klingen und wieder erzwang ich ein paar Tränen.
Ich blickte in das Gesicht von Finnick Odair und sah die Überraschung dort geschrieben. Glaubte er mir? Ich hoffte es, eine andere Ausrede fiel mir in diesem Moment nämlich nicht ein.
Plötzlich kam mir jedoch noch ein weiterer Gedanke und ehe ich ihn doch für bescheuert erklären konnte, warf ich mich in Finnicks Arme und begann dort dann richtig zu schluchzen. Es dauerte eine Weile, doch dann tätschelte er mir sogar etwas unbeholfen den Rücken.
Großartig. In seiner Nähe schaffte ich es nur mich zu blamieren. Doch leider blieb mir wieder nichts anderes übrig. Langsam konnte ich es wirklich nicht mehr in erwarten in die Arena zu kommen, denn dann hatte dieses Theater endlich ein Ende. Entweder ich war dann tot oder ich konnte endlich zeigen wie stark ich wirklich war und mir den Sieg erkämpfen. Das beste jedoch war, dass dann die Heulerei ein Ende hatte.
„Du hast dich in seine Arme geworfen?“, fragte Jason schmunzelnd und konnte sich nur gerade so beherrschen nicht zu lachen. Ich fühlte mich dadurch nur noch dämlicher.
„Was hätte ich tun sollen? Ich hatte das Gefühl er glaubt mir nicht! Er ist ein verdammter Karriero, er hätte es seinen Schützlingen sofort gesteckt und das kann ich nun wirklich nicht gebrauchen.“, brumme ich ein wenig beleidigt zurück.
„Ich sag doch gar nichts. Außerdem finde ich du hast das gut gemacht. Und gib es zu, du wolltest in den Armen des schönsten Mann Panems liegen.“, meinte er und nun konnte er es nicht mehr zurück halten, er brach in schallendes Gelächter aus.
„Schönster Mann? Er ist gerade mal ein Jahr älter als ich, noch total grün hinter den Ohren und mit Sicherheit hat er noch nicht einmal Bartwuchs. Da ist Charly noch mehr Mann als er.“
Kurz sah mich Jason an, doch nur um dann noch lauter loszulachen.
„Ach verschwinde doch.“, rief ich verärgert und warf ihm ein Kissen an den Kopf.
„Komm schon Johanna, das ist doch lustig.“
„Ist es nicht. Außerdem hab ich keinen Humor falls du das noch nicht bemerkt hast.“, grummelte ich. Ich hasste es, wenn man sich auf meinen Kosten amüsierte. Noch dazu, da ich das ganze nur machte um zu überleben. Mir selbst, also der wahren Johanna, wäre so etwas nie im Leben passiert.
„Na gut, ich lass dich ja schon allein. Aber vergiss nicht, in einer halben Stunde ist die Punktevergabe, die werden wir gemeinsam ansehen.“, gab er auf.
Da ich wusste, dass Protest eh nichts bringen würde, nickte ich nur. Camilla würde zur Furie werden wenn wir uns nicht alle gemeinsam vor den Fernseher versammeln würden. Ich hatte keine andere Wahl und so war es auch.
Wie erwartet stand Camilla nämlich pünktlich vor meiner Tür um mich abzuholen. Auf dem Weg ins Wohnzimmer hatte sie mir den Arm um die Schultern gelegt und mir Mut zugesprochen, was ich durch den Parfumschleier allerdings nicht wirklich mitbekommen hatte, da ich mich krampfhaft zurück halten musste um nicht wie ein Fisch nach Luft zu schnappen. Wie konnte man sich nur so einstinken? Das hielt doch niemand aus? Der Geruch, die Kleidung, das Verhalten… Die Männer im Kapitol mussten wirklich einen schlechten Geschmack oder wirklich geringe Ansprüche haben. Wobei, wenn man sich die Männer hier so ansah… Vermutlich war es anders herum genauso.
Im Wohnzimmer angekommen hatte ich mich auf meinen üblichen Platz gesetzt und kurz darauf wurden auch schon von Ceasar die Punkte verlesen. Zumindest kam dieses Mal nicht noch ewig Werbung davor.
Beide aus Distrikt 1 erhielten 10 Punkte, Dumm und Dümmer dagegen nur 8. Und das wollten Karrieros sein?
Finnicks Tribute hatten eine 9 und eine 10 erhalten und waren somit wieder stärker einzuschätzen. Alle anderen Tribute hatten durchschnittlich bis niedrige Punkte erhalten, außer der Junge aus 9 und das Mädchen aus 10, die bekamen beide eine 9.
Ich selbst hatte eine 4 erhalten, was wirklich schlecht und noch dazu sehr erniedrigend iwarst. Doch Jason hat nur zufrieden genickt. Es verlief alles nach Plan.
Charly bekam eine 6, war also auch nicht wirklich besser als ich und trotzdem hat sofort versucht mich ein wenig aufzubauen.
Da ich aber niemanden um mich haben und schon gar keinen Trost für dieses peinliches Erlebnis bekommen wollte, war ich so schnell es geht zurück in mein Zimmer gelaufen. Und hier lag ich nun auf meinem Bett, während meine Gedanken unweigerlich um den morgigen Abend kreisten. Das Interview. Was sollte ich da nur sagen? Was war, wenn Ceasar mich fragte wie es mir mit meinen mickrigen 4 Punkten ging?
Ich wollte diese Frage nicht beantworten müssen! Ganz Panem hielt mich im Moment für einen Schwächling!
Zwar erhielten wir morgen die Vorbereitung für das Interview, doch auf die Fragen konnte mich eh keiner vorbereiten, immerhin wusste auch Jason nicht, welche sie stellen würden.
Ich rollte mich zusammen und zog die Decke über meinen Kopf. Wieso musste ich nur hier sein? Wieso musste ich in diese dummen Spiele? Ich könnte jetzt zu Hause sein, mich mit Valerie oder Treen unterhalten, doch stattdessen wartete ich auf den möglichen Tod. Was war wenn ich sie alle nie wieder sah?
Ich schüttelte den Kopf und versuchte somit den Gedanken zu vertreiben. Doch die einzelne Träne die mir entwischte und nun über die Wange rollte war dieses Mal nicht erzwungen. Sie war echt.
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Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin
FantastikJeder weiß, wie sie die Spiele gewonnen hat. Jeder kennt sie. Oder glaubt sie zu kennen. Doch wer ist sie wirklich? Wie wurde sie zu der Frau, die sich vom Kapitol nichts mehr bieten lässt? Was ist die wahre Geschichte der Johanna Mason? Die Geschic...