„Aufstehen!“, rief Jason und zog mir die Bettdecke herunter.
Fluchend und knurrend schlug ich mir mein Kissen über den Kopf, da mich das Licht, welches durch die nun geöffneten Fensterläden ins Zimmer drang, blendete.
Ich wünschte Camilla hätte mit mir begonnen, sie hätte mich bestimmt sanfter geweckt, vor allem da sie mich behandelte wie ein rohes Ei. Eine Träne und sie überschlug sich beinahe vor Muttergefühlen. Sie wäre mit Sicherheit eine unglaubliche Glucke als Mutter.
Jason dagegen kannte mein wahres Ich und wusste somit, dass ich nicht das schwache und hilflose Mädchen war für das ich mich ausgab. Und deshalb machte er sich auch gar nicht erst die Mühe etwas führsorglicher zu mir zu sein. Oder verständnisvoller. Oder einfühlsamer.
Eigentlich mochte ich so etwas gar nicht, ich war nicht der Typ der gerne bemuttert wurde. Außer wenn es ums Aufstehen ging.
„Johanna, jetzt beweg endlich deinen Hintern aus dem Bett oder ich zieh dich raus. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns.“, drohte er mir nun doch ich antwortete nur mit einem Brummen.
Natürlich, mit dieser Aussicht brachte er mich ganz sicherlich dazu aufzustehen.
„Miss Mason, noch einmal sage ich es nicht!“
Hoppla, waren wir jetzt schon bei Miss Mason angelangt? Belustigt sah ich unter dem Kissen hervor, doch nachdem ich sehe wie wutverzehrt das Gesicht von Jason war, beschloss ich doch aufzustehen. Und zwar schleunigst.
„Ist ja schon gut. Ich muss aber erst noch ins Bad.“, sagte ich schnell und sprang aus dem Bett.
„Du hast 10 Minuten.“
„10 Minuten? Kein Mensch schafft es in 10 Minuten! Ich brauche so lange wie nötig und komme dann zurück. Ich beeil mich ja eh schon.“
Ehe er anfangen konnte zu schreien, lief ich ins Badezimmer und schloss die Tür hinter mir. Der Tag konnte ja noch heiter werden. Damit sollte ich auch recht behalten.
Wie befürchtet war dieser Tag einer der schrecklichsten in meinem bisherigen Leben. Jason hatte die ganze Zeit auf mich eingeredet, mir gesagt was ich sagen durfte und was nicht. Ich musste ihm hundertmal irgendwelche Standartantworten wiederholen, ehe ich die restliche Zeit damit verbrachte, verschiedene Haltungen eines eingeschüchterten Mädchens einzunehmen.
Camilla dagegen hatte dann den restlichen Tag mit mir versucht eine selbstbewusste Haltung zu entwickeln, die ich, auch durch die Ermahnung von Jaosn zuvor, einfach nicht zustande brachte. Wieso er dann nicht gleich bestimmt hatte, dass ich ab jetzt frei haben konnte, verstand mich nicht und ich beschloss ihm das übel zu nehmen.
Camilla war leider viel zu geduldig, doch irgendwann gab sie glücklicherweise enttäuscht auf und kam mit einem ziemlich hohen Paar Schuhe zurück. Gerade als ich gedacht hatte, dass es nicht mehr schlimmer werden konnte.
Ich bemühte mich trotzdem und versuchte auf ihnen zu laufen, wobei ich mich gar nicht so dumm anstellte wie manch andere Tribute in den Jahren zuvor. Trotzdem hasste ich sie und beschloss einfach Plan B zu nutzen. Ich war eh schon der Idiot der Nation, da wollte ich nicht auch noch von der Bühne fallen. Johanna Mason, der heulende Tribut der sich selbst durch einen Sturz von der Bühne umbrachte, noch ehe er den Boden der Arena überhaupt betreten hatte. Kein schöner Eintrag ins Geschichtsbuch.
Ich begann zu schluchzen und konnte Camilla damit überzeugen, dass ich mich noch unsicherer in diesen Schuhen fühlte und ich Angst hatte noch zu fallen und gar von der Bühne zu stürzen. Sie versprach mir, dass es morgen nicht ganz so hohe sein würden.
Als ich endlich entlassen wurde und ich mir beim Abendessen wieder den Bauch vollgeschlagen hatte, sprang ich schnell noch in die Dusche. Anschließend ließ ich mich nur noch erschöpft auf mein Bett fallen und wollte nur noch meine Ruhe. Natürlich dauerte es nicht lange und jemand klopfte an meiner Tür.
Ich schwor, wenn Jason jetzt noch einmal auftauchte und mir irgendwelche Antworten eintrichtern wollte, würde ich ihm zeigen wie anders ich noch sein konnte!
Verärgert stand ich auf und öffnete die Tür. Doch es ar nicht Jason, der davor stand und mich ansah, sondern ein etwas verunsicherter Junge. Charly.
„Hi.“, sagte er und versuchte zu lächeln.
„Hi.“, gab ich genauso unsicher zurück. Was wollte er nur von mir? Noch dazu um diese Uhrzeit?
„Darf ich reinkommen?“, fragte er noch ehe ich darüber nachdenken konnte. Mist. Meine Mom hätte mich jetzt wieder getadelt wie unhöflich ich doch war. Valerie wäre dann in ihr übliches Gelächter ausgebrochen, woraufhin ich ihr die Zunge herausgestreckt hätte, was meine Mutter dazu veranlasst hätte noch finsterer zu schauen. Ich vermisste sie.
„Sicher.“, antwortete ich und ging zur Seite, damit er eintreten konnte.
Zögerlich kam er in mein Zimmer und blickte sich um, was mich sofort nervte. Es gehörte zwar nicht wirklich mir, noch befanden sich persönliche Dinge hier, und trotzdem war es irgendwie wie ein Einbruch in meine Privatsphäre.
„Willst du dich setzen? Stühle haben wir hier ja leider nicht, aber ich habe nichts dagegen wenn du auf meinem Bett platz nimmst, solange du die Füße unten lässt.“, bat ich ihm an.
Charly sah mich an und musste dann schmunzeln, setzte sich aber hin. Wieso grinste er jetzt so doof?
„Was führt dich zu mir?“, fragte ich weiter und konnte nicht verhindern, dass ich dabei ungeduldig auf den Boden tippte. Meine Geduld für diesen Tag war schon vor Stunden aufgebracht. Ich hatte heute eindeutig keine Lust auf Gesellschaft und wollte auch irgendwie gar nicht wissen was er wollte, zumindest sagte mir das mein Gefühl.
„Ich mache es kurz und bündig.“, meinte er und sieht nun auf seine Hände. Das war ja schon mal was!
„Johanna ich wollte fragen ob wir uns in der Arena verbünden.“
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Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin
FantasíaJeder weiß, wie sie die Spiele gewonnen hat. Jeder kennt sie. Oder glaubt sie zu kennen. Doch wer ist sie wirklich? Wie wurde sie zu der Frau, die sich vom Kapitol nichts mehr bieten lässt? Was ist die wahre Geschichte der Johanna Mason? Die Geschic...