Obwohl ich dank des Vorbereitungsteams, beziehungsweise dem Haufen an Praktikanten so wie meine Stylistin sie bezeichnete, bis auf den kleinen Zehn gründlich gesäubert wurde, beschloss ich trotzdem zu duschen. Sie war im Zug schon sehr angenehm gewesen, hier im Kapitol musste es also bestimmt noch ein wenig besser sein. Diesen Vorteil konnte ich also ruhig ausnutzen. Außerdem, wer konnte schon sagen, ob ich das jemals wieder tun konnte oder aber auch für wie lange ich darauf verzichten musste? Die Zeit die die Tribute in den Arenen verbrachten war immer unterschiedlich. Manchmal waren es nur wenige Tage, manchmal aber sogar mehrere Wochen. Je nach Art der Arena und Brutalität der Tribute.
Das Wasser prasselte angenehm auf meine Haut und ein wohlriechender Duft erfüllte meine Nase. Es war wirklich besser als im Zug, der Wasserstrahl massierte förmlich meinen Körper. Hier konnte ich es wirklich aushalten.
Meine Gedanken huschten zurück zur Parade und an die Tribute die mir in Erinnerung geblieben waren, doch leider waren das nicht viele. Und von den Karrieros hatte ich nicht einmal einen erkennen können. Zu sehr war ich damit beschäftigt meinen Vogel auf dem Kopf zu behalten und dabei trotzdem nicht genervt zu wirken. Nicht zu vergessen, dass ich ein dabei noch ein eingeschüchtertes Mädchen spielen musste, welches eigentlich vor allem hier Angst hatte.
Nach gut einer halben Stunde, als meine Haut schon leicht runzelig war, stellte ich das Wasser ab und stieg aus der Dusche um mich abzutrocknen. Danach ging ich zurück in mein Schlafzimmer um nach Klamotten zu suchen.
Anschließend ging ich, in brauner Hose und grünem Pullover, in den Speisesaal, wo ich auch schon von den anderen erwartet wurde.
Camilla plapperte wieder einmal vor sich hin, doch ich ignoriere sie. Jeder wusste, dass morgen dass Training anstand. Es war doch jedes Jahr das gleiche, wieso also musste sie es so detailliert beschreiben? Drei Tage Training und am dritten noch zusätzlich das Einzeltraining. Eigentlich würde ich mich ja auf alles stürzen, würde versuchen so viele Waffen wie möglich auszuprobieren und mir reichlich Überlebenstechniken aneignen, doch mit meinem neuen Image konnte ich das ja schlecht machen. Es würden also unglaublich langweilige Tage für mich werden.
„Johanna, ich würde mich später gerne mal mit dir unterhalten.“, meinte Jason und ignorierte die sich beschwerende Camilla, die unterbrochen wurde, und sah mich eindringlich an.
Konnte er etwa Gedanken lesen? Ein Tipp von ihm wäre jetzt wirklich hilfreich. Deshalb nickte ich schnell.
Nachdem wir uns alle, bis auf Camilla, die Bäuche vollgeschlagen hatten, wurde der Tisch abgeräumt. Ich entschuldigte mich und behauptete, unglaublich müde zu sein, ehe ich mich schnell erhob und dann auch schon in meinem Zimmer verschwand.
Ich machte mich auf den Weg zu meinem Zimmer und spürte sofort, dass mir jemand auf den Fersen war. Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte meine Vermutung. Jason wollte also gleich noch mit mir reden.
In meinem Zimmer angekommen schloss ich die Tür hinter uns und ließ mich dann auf mein Bett fallen, von wo aus ich die Schuhe von meinen Füßen kickte und sie achtlos damit im Zimmer verteilte. Endlich konnte ich aufhören meine Rolle zu spielen.
„Was möchtest du bereden?“, fragte ich Jason, der sich einen Stuhl geschnappt hatte.
„Hast du dir schon überlegt wie du vorgehen willst? Ich meine du kannst ja morgen schlecht von einer Waffenstation zur nächsten wandern.“, sagte er.
Soweit war ich auch schon. Konnte er vielleicht doch Gedanken lesen?„Keine Ahnung. Vielleicht mache ich es spontan?“, antwortete ich und zuckte mit den Achseln. Ich hatte wirklich keine Idee. Treen wenn jetzt hier wäre, er würde mir bestimmt schon einen neuen Plan vorschlagen. Er konnte sowas so wie es aussah ja doch. Mir aber blieb wohl nichts anderes übrig als darauf zu warten, dass die Eingebung noch kam. Oder eben dass mein Bauchgefühl die Lösung brachte.
„Du wirst dich hauptsächlich an den Überlebensstationen aufhalten. Versuch dir anzueignen wie man Fallen baut oder ein Feuer macht. Knüpf Netze, mach sonst irgendwas, aber halt dich von den Waffen fern. Deine Waffe ist die Axt, die schnappst du dir am Füllhorn, doch darüber reden wir wenn es soweit ist. Alles klar?“, begann da jedoch Jason und nahm mir die Überlegung und Entscheidung ab. Das klang gut, klang sogar sehr gut. Die Dinge konnte ich in der Arena mit Sicherheit auch gebrauchen und niemand würde Verdacht schöpfen, wenn ich mich dort aufhielt. Im Gegenteil, sie würden denken, dass ich mich nichts anderes traute. Falls sie mich überhaupt bemerkten.
„Alles klar.“, antwortete ich deshalb grinsend.
„Sehr gut, braves Mädchen.“, sagte er, woraufhin ich in sofort anfunkelte, was ihn zum Lachen brachte.
„Jetzt ab mit dir ins Bett, morgen beginnt der erste Trainingstag und du musst früh raus. Camilla wird gefährlich wenn man nicht tut was sie sagt. Du musst wissen sie hasst Unpünktlichkeit. Schlaf gut.“, meinte er dann und verließ daraufhin mein Zimmer.
Ich kroch sofort unter die Decke, da ich wirklich unglaublich müde war. Der Tag war lang und anstrengend und ich musste für die Zeit in der Arena ausgeschlafen und fit sein. Dort würde es keine Nächte mehr geben, in denen ich so einfach mal durchschlafen konnte.
Ich schloss die Augen und ließ den Tag noch einmal Revue passieren. Abgesehen von meinem Outfit war er gar nicht so schlecht verlaufen. Die Bewohner des Kapitols schienen mir meine Rolle voll abzukaufen und auch Charly sah in mir nur das kleine, hilflose Mädchen. Jetzt musste das nur noch bei den anderen Tributen funktionieren und der Plan konnte tatsächlich aufgehen. Dann konnte ich es schaffen wieder nach Hause zu kommen.
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Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin
FantasiJeder weiß, wie sie die Spiele gewonnen hat. Jeder kennt sie. Oder glaubt sie zu kennen. Doch wer ist sie wirklich? Wie wurde sie zu der Frau, die sich vom Kapitol nichts mehr bieten lässt? Was ist die wahre Geschichte der Johanna Mason? Die Geschic...