I. Ein fast perfekter Plan

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°°oJo°°

Missbilligend betrachtete ich die Meute, die Miss Sullivan hässliche Dinge nachrief und es war meine Schuld!
Ohne Holly verschwand sie in der Dunkelheit. Ich konnte mich nicht erinnern jemals auf so eine Art von einer Frau abgewiesen worden zu sein. Enttäuscht und überrascht, weil ich nicht darauf gefasst war, blieb ich am Feuer zurück. Es wäre auch zu mühelos gewesen, sie mit (k)einem einzigen Kuss zu erreichen, das schafften nur Frösche!

Da Miss Sullivan unauffindbar war, selbst nachdem die Schimpftiraden über sie verstummt waren, entschied ich Holly Heim zu bringen. Sie saß noch immer einsam auf der Schaukel. Ich hatte mich noch von Hazel verabschiedet und ihre Fragen, was mit Chloe sei und geschehen war, abgewürgt. Es spräche sich sowieso herum.

„Ich glaube sie mag mich nicht!", sagte Holly und lenkte mich um die Kurve.
„Nein Prinzessin, es ist meine Schuld!", gab ich zu. „Ich habe etwas Dummes getan"
„Was denn, hast du Chloe weh getan?"
„Vielleicht", sagte ich und deutete nach vorn, wo Miss Sullivan aus einer Einfahrt hechtete.

Sie bedankte sich bei mir und würgte eine überdrehte Verabschiedung heraus. Mehr als ihr schöne Träume zu wünschen brachte auch ich nicht hervor.
Durch die Dunkelheit marschierte ich meine Lippe kauend zum Cottage. Angekommen, verlagerte ich mein Bettzeug auf die Couch und ignorierte die Anrufe auf meinem Handy; an Allegra wollte ich in dieser Nacht nicht erinnert werden.
In dieser Nacht begegnete mir erneut Miss Sullivan in ihrem leuchtenden Gewand und dem Licht zwischen ihren Fingern. Ich war wieder nicht in der Lage es entgegen zu nehmen, viel weniger noch war es mir möglich den Traum zu verstehen.

Ich hatte die Befürchtung man würde wochenlang über den Nicht-Kuss des Deppen herziehen, aber vielmehr als über den Kuss, redete man über die Flucht der Miss Sullivan. Maggie, die mir auffallend häufig Kaffee an den Tisch brachte, grinste anzüglich und meinte: „Also ich, ich würde nicht davon rennen wenn Sie mich küssten!"
„Ich weiß, vermutlich würde das niemand tun!"
Das gesamte Dorf, inklusive Hähne und Katzen auf den Dächern, wusste bestens über uns Bescheid, was mich eigentlich gar nicht verwunderte, denn selbst hier im Café während meiner Anwesenheit, tuschelte man hinter meinem Rücken.

„Das ist typisch für Miss Sullivan, das einzige was sie interessiert ist ihr Motorrad; Sie sollten mal sehen wie sie durch die Gegend rast, da rutschen die Ziegel vom Dach!" Maggie echauffierte sich lauthals über Miss Sullivan.
„Oh ja, ich selbst bin schon einer Kostprobe ihrer Fahrkünste gewahr geworden, gleich an einem meiner ersten Tage hier"
„Ein Glück dass Sie noch leben!", zwitscherte sie. Dann senkte sie ihre Stimme und sich selbst herunter: „Ich habe gehört, dass ihre Schwester, die Mutter des Kindes, eine Kleptomanin sei und sie ihr deswegen das Kind weggenommen haben" Bedeutungsschweres Schweigen! Dann: „Der Vater ist auch nicht in der Lage sich um das Kind zu kümmern, deswegen haben sie es ihr gegeben! Aber glauben Sie mir, das wird nicht gut gehen!" Sie tippelte mit geschürzten Lippen davon. Zum Glück kannte ich die Wahrheit.

An einigen Tagen konnte ich sie, während meiner Spaziergänge, aus der Entfernung bei der Arbeit auf der Farm beobachten. Für mich war es beruhigend zu sehen dass sie blind ihre Arbeit verrichten konnte, eine ganz normale Arbeit. Die Schafe tänzelten im Nieselregen über die Wiese, blieben zumeist eine große zusammenhängende Gruppe die mich von der zähen Konsistenz her an Kaugummi erinnerte. Die Lämmer folgten ihren Müttern während der Hund alle zusammen durch ein Tor trieb und die Herde im Stall verschwand.
Manchmal, glaubte ich, dass sie mich sah wenn sie den Hof überquerte, den Kopf hob und stehen blieb in den Händen die Griffe einer Schubkarre. Zumeist setzte ich dann meinen Weg fort, nicht dass sie mich noch als Stalker betitelten.

Eines Abends stand sie unerwartet mit Holly an der Hand vor meiner Tür, mit der Bitte ich möge mich für eine Nacht um Holly kümmern. „Ich habe etwas zu erledigen und ich will sie nicht allein lassen! Vincent ist mit den Pferden beim Polo, er hat keine Zeit!"
„Natürlich!", sagte ich. „Kommen Sie rein"
Miss Sullivan überreichte mir einen riesigen Rucksack, der Schlafzeug, Decke, Kissen und Spiele, sowie zwei Bücher enthielt. „Steht Ihnen wieder eine Schafgeburt ins Haus?"
„Nein, ich habe ein paar familiäre Dinge zu klären", sagte sie. „Das hier ist ihre Lieblingsdecke, hat ihre Mama genäht, ohne die kann sie nicht schlafen" Sie reichte mir die Patchwork-Decke und fuhr fort: „Vermutlich bin ich morgen Vormittag zurück. Gegessen haben wir schon, gegen Zehn sollte sie spätestens schlafen. Die Geschichte von Cinderella hört sie am liebsten falls sie nicht schlafen kann. Hier ist meine Nummer, sollte es einen Vorfall geben" Sie überreichte mir einen Schnipsel Zeitungspapier auf dem sie mit roter Tinte die schwarzen Buchstaben mit Ziffern überkritzelt hatte, kaum lesbar.

„Erzählst du mir von dem Ort wenn ihr zurückkommt?", fragte Prinzessin und blickte erwartungsvoll in Miss Sullivans versteinertes Gesicht.
Ihr? Ich späte unauffällig aus dem Fenster, aber Draußen war niemand zu sehen. Während ich uns einen Tee in der Küche aufgoss belauschte ich ihr Gespräch und fragte mich was das für familiäre Dinge waren die mitten in der Nacht eine Lösung finden sollten. „Sei schön brav und kein Wort über du weißt schon"

Ich begleitete Miss Sullivan zu ihrem Motorrad hinaus und entdeckte den Schwanz des Katers der aus ihrer Tasche hing. Also war sie nicht allein. Würde Prinzessin denn von „Ihnen" sprechen und damit sie und den Kater meinen? Wohl kaum...
Das Letzte was ich von ihr sah nachdem ich ihr viel Erfolg gewünscht hatte, waren die Rücklichter der Honda als diese in einer Kurve verschwanden.

„Also Holly, möchtest du einen Film sehen?", fragte ich und rieb mir die Hände.
„Nein, ich möchte dass du Pirat spielst!"

Feuermond | Johnny Depp Fan-FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt