VI. Ein fast perfekter Plan

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°°oJo°°

Mich verwirrte, dass sie nicht wusste dass zwei Tage nach ihrer Abreise vergangen waren, da sie behauptete bei Verwandten gewesen zu sein. Hatte sie sich so schwer verletzt dass ihr Gedächtnis darunter gelitten hatte? Und wie konnte der Kater bei ihrer Rückkehr im Baum gesessen haben, sie hatte ihn doch immer dabei!? Der Kater übrigens, starrte mich von seinem Kissen aus unentwegt an, als wolle er mich einschüchtern.
Ich bat sie darum sich auszuruhen, wenn sie sich nicht untersuchen lassen wollte, sollte sie wenigstens vor weiteren Gefahren sicher sein. Ehe ich Holly abholen fuhr, bereitete ich Miss Sullivan noch einen Tee und blieb einen Moment an ihrer Seite. Sie schlief mit einem entzückenden Schmunzeln auf den Lippen. „Sie haben mir ganz schön den Kopf verdreht!", flüsterte ich und schob ihr eine Locke aus dem Gesicht. Zu gern hätte ich mich neben sie gelegt, sie beim Schlafen beobachtet, beschützt und über ihre Träume gewacht.

Aber Holly wartete bereits an der Schule auf mich und als ich meinte dass sie mit ihrer Vermutung vom Vormittag richtig gelegen hatte, murmelte sie erhaben: „Sag ich doch! Chloe liebt dich Mr.Johnny, sie weiß es aber immer noch nicht und sie lässt uns nicht einfach allein" Holly griente mich an und warf ihren Rucksack auf die Rückbank.
„Ich weiß wirklich nicht was ich dazu sagen soll!", flüsterte ich mir selbst zu und ruderte am Steuer um die Parklücke verlassen zu können.
Im Supermarkt besorgte ich etwas für ein gemeinsames Abendessen und als wir zurückkehrten, lag Miss Sullivan noch immer auf der Couch. Holly stürmte zur ihr und warf sich in die bunten Kissen. „Geht es Ihnen besser?", erkundigte ich mich und spähte aus der Küche um die Ecke.
„Ja, viel besser!", meinte sie und sah sich abstützend herüber. „Was - was tun Sie denn da?", forderte sie zu erfahren.
„Ich revanchiere mich für Ihr Frühstück"
„Das müssen Sie nicht tun, es geht mir wunderbar! Wirklich!", rief sie.

Ich beachtete sie nicht und sortierte die Einkäufe für das Essen vor. Mit Pasta konnte man ja nichts falsch machen. Jeder mag Spaghetti. Schnell verschaffte ich mir in der fremden Küche einen Überblick und fand alles was ich benötigte, schnippelte das Gemüse klein, hackte Zwiebeln und gab alles in eine heiße Pfanne während die Spaghetti bereits im gluckerndem Wasser weich wurden. Zum richtigen Zeitpunkt gab ich das Hackfleisch in die Pfanne und briet es zusammen mit dem Gemüse weiter, ehe ich ein Drittel zur Seite nahm. Den größeren Teil löschte ich mit Rotwein ab und gab zuletzt noch etwas Peperoni hinzu. Aufgefüllt mit den Tomaten ließ ich den Inhalt beider Pfannen weiter köcheln.

„Wollen Sie mich mit Ihrem Essen verführen?", fragte sie und blickte neugierig über die Topfränder. Ich zuckte zusammen, weil ich zum einen erschrocken war, da sie so plötzlich hinter mir auftauchte und zum anderen, weil ich die Frage beinahe bejaht hätte.
„Vielleicht!", sagte ich, ließ ihre Frage ohne eine konkrete Antwort. „Ich hoffe Sie mögen es etwas schärfer?!", sagte ich grienend.
„Das hängt von der Qualität des Kochs ab!" Der Kater schlängelte sich zwischen unseren Füßen hindurch und als mir bewusst wurde dass es hier nicht mehr nur um Essen ging, war sie mit Tellern und Besteck im Wohnzimmer verschwunden.

„Ich habe mir euer erstes gemeinsames Abendessen anders vorgestellt", sagte Holly. „So ist das ja gar kein Date!" Miss Sullivan wickelte kommentarlos Spaghetti auf ihre Gabel. „Mr.Johnny kann echt toll kochen!" Prinzessin schmatzte und sog jede Spaghetti einzeln in ihren Mund, sodass auf ihrem Gesicht ein chaotischer Fleckenteppich aus Soße entstand. „Nächstes Mal esst ihr alleine und ganz romantisch in einem Hotelzimmer!", fuhr sie fort.
Miss Sullivans Wangen wechselten die Farbe und sie verpasste Holly einen sanften Fußtritt.
„Vielleicht sollten wir das tun?!", sagte ich fragend.
„Oh ja!", bemerkte Holly.
„Vielleicht!", sagte sie lächelnd ohne näher darauf eingehen zu wollen.

War es ihr unangenehm vor Holly oder hatte sie wirklich kein Interesse? Vielleicht hatte sie mein Kuss an Ostern überfordert und eingeschüchtert. Bis hierher hatten wir keine Gelegenheit darüber zu reden. Sie war davon gerannt, daher dachte ich, dass sie keine allzu große Meinung darüber hatte. Der Kater auf dem Kaminsims machte mich nervös und obwohl ich ihn versuchte zu ignorieren, war seine Präsenz unerträglich aufdringlich. Ich war aufgewühlt genug und hatte Mühe es zu verbergen. Vor allem vor ihr, da sie diese unheimlich wohligen Gefühle, denen ich mich zu gern hingegeben hätte, in mir auslöste. Ich fürchtete sie zu verschrecken wenn ich ihnen nachgab. Aber es blieb mir nichts anderes als sie herauszufordern, lieber war ich mir ihrer Abneigung bewusst, als wie ein Trottel auf ewig hinter ihr her zu stolpern. Das süße Verlangen in mir stieg wie eine Luftblase, langsam aber stetig, in mir nach oben und forderte Aufklärung.
Als sie Holly half sich bettfertig zu machen und ihre Sachen für den folgenden Schultag zu packen, widmete ich mich zur Ablenkung dem Piano und Chopins Nocturne, dem neunten Werk. Laut und kraftvoll erklang das Piano und die Töne durchflossen mich und die Zeit. Dieses Stück erinnerte mich immer an ein leises dahin sprudelndes unverwüstliches Wiesenbächlein, ich stellte mir vor das Wasser zu sein, ruhig, Steine umschmeichelnd, Grashalme kitzelnd und über mir ein klarer blauer von Vögeln durchkreuzter Himmel. Ich schwamm mit den Noten mit, war völlig eins mit ihnen, bis sie endeten. Inmitten der Melodie war auch sie wieder gekommen, sie und der Wind der mich ergriff während ich sie umgriff, sie mit einem Arm bei mir hielt. Sie und ihr Versprechen, beide hielt ich fest ohne Unterlass, sonst wäre sie mir erneut entlaufen und das hätte ich zutiefst bereut.
Ihre Augen leuchteten blauviolett im Mondschein, schienen sich mir offenbaren zu wollen und ich hätte sie die ganze Nacht im Arm gehalten und auch die nächste Nacht und die danach und all die anderen Nächte meines endlichen Lebens, nur um das mystische Leuchten in ihren Augen sehen zu können. Ihre Anziehungskraft auf mich war immens und ich konnte mich ihr nicht mehr entziehen, selbst wenn ich gewollt hätte. Sie roch nach süßen Himbeeren, so schmeckte auch ihr Mund, der mich zuerst nur geduldet hatte ehe er leise seufzte um sich dann fester an meinen zu pressen. Ihre Zweifel schienen verflogen, sie wand sich in meinen Armen wie ihre Zunge in meinem Mund und die listigen Spielereien, mit denen sie meine Lippen und all das was sich hinter ihnen befand neu vermaß, ließen ein Prickeln über meinen Rücken laufen.

Ihre Hände waren flink von meiner Brust verschwunden, ich spürte sie an meinem Hals und dann in meinen Haaren, die sie als Anker zu benutzen schien. Und obwohl ich annahm ihr Körper würde beinahe mit meinem verschmelzen, kam sie mir noch etwas näher. Dabei zitterte sie und balancierte auf ihren Zehenspitzen, sodass ihre Brüste bei der kleinsten Bewegung immer wieder über meinen Oberkörper streiften. Die Summe aus ihren hitzigen Küssen, den leisen Seufzern die sie dazwischen schob und den hungrigen Blicken aus ihren Augen erregte mich so sehr dass ich sie ungeduldig auf das Piano hob und mich neben ihr abstützte. „Ich möchte dass du mich verführst", flüsterte sie und umfasste mein Gesicht um ihre süßen Lippen wieder mit meinen vereinen zu können.
Ich hätte sie sofort von all ihren Kleidern befreit, hätte jede Wölbung und Senkung ihres Körpers erkundet, hätte sie bis zum Abgrund getrieben, darüber hinaus, bis sie schreiend hinunter gefallen wäre. Nur der Kater hielt mich davon ab, sie auf dem Piano zu nehmen, hier und jetzt. Als ich die Haut unter ihrem Ohr küsste schlugen die Pianotasten über mir zusammen und ein schwarzer Schatten stolzierte hinter Chloe über das Piano nachdem die Töne verstummt waren. Der Kater drängte sich wie ein bösartiges Geschwür zwischen uns, aufgebracht packte ich ihn am Nacken, warf ihn aus dem Haus auf die Terrasse und schloss die Tür bevor er wieder hinein kommen konnte. Kreischend rannte er davon.

Wie ich den Kater ausschloss, so wurde auch ich ausgeschlossen. Zwar zerrte sie mich nicht an den Haaren hinaus, aber ihre Worte waren eindeutig sodass ich es mit einem Knacken meiner Kiefermuskeln quittierte und versuchte zu lächeln. Der Kater war auch schon wieder da, wahrscheinlich war er durch die Katzenklappe herein gekommen, schlich zwischen unseren Beinen umher. „Sei bei deiner nächsten Kletterstunde bitte etwas vorsichtiger!", witzelte ich und gab ihr einen Kuss auf die Nase. „Bis später", verabschiedete ich mich von ihr und ließ nur widerwillig ihre Hand los.

Leider wurde es viel später.
Fast zu spät.

Feuermond | Johnny Depp Fan-FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt