III. Vertigo

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„Es ist sowieso zu spät, er mag dich offensichtlich, du hast mit ihm geschlafen und die Büchse der Pandora geöffnet!" Calidus stellte seine Ohren auf und sah mich neugierig an.

Gab es diese Pandora tatsächlich, hatte sie ein gutes Geschick bewiesen und stürzte mich ins Verderben. Ich versteckte den Brief und den Pass in meiner Tasche, ehe Holly beides in die Hände bekam und mich zu weiteren Dingen, die unvorhersehbare Konsequenzen nach sich ziehen würden, anstiftete. Aber ich brauchte mich nicht von ihr anstiften lassen, denn ich konnte mich nicht gegen den Drang, der meine Gedanken immer wieder zu ihm fliehen ließ, wehren.

Dass er mir ausgerechnet jetzt diesen Pass zusandte machte es mir nicht leicht, zu einer anderen Zeit hätte ich ihn einfach ignoriert. Holly war nächste Woche nicht da, um sie brauchte ich mir keine Gedanken machen, sie war versorgt und konnte mich anrufen, sollte es Probleme geben. Durfte ich es riskieren und ihn besuchen? Wo würde das enden? Wo würden wir enden?

Calidus konnte ich nicht alleine lassen und mitnehmen würde ich ihn keinesfalls. Er würde nur um unsere Füßen herum schleichen, schnüffeln und sich zwischen uns drängen. Vielleicht konnte Vincent auf ihn aufpassen. Oder Ann? Hazel? Hazel!

„Lass mich mit meinen Gedanken alleine, Calidus!", bat ich, da er sich schon wieder in meine Angelegenheiten mischte.
„Soll ich etwa einfach zusehen, während du deinen Niedergang erlebst? Sieh zu, dass du aus dem Mist wieder heraus kommst und stürze dich nicht noch tiefer hinein!", sagte Calidus und leckte seine Pfoten ab.

„Genau das werde ich tun, ich werde zu ihm fahren und du bleibst bei Hazel und wirst keinen Ton sagen oder lesen oder sonst was tun was Katzen normalerweise nicht tun! Verstanden?!" Er gab ein quälendes Miauen von sich. „Oder du bleibst hier und kannst dir dein Essen auf der Straße zusammen suchen, Mäuse, Vögel und Insekten! Wie klingt das?"
„Du bist garstig!", sagte er.
„Ich weiß, aber ich kann nicht anders. Außerdem bin ich von Boss dazu verpflichtet auf ihn zu achten!"
„Rede dir das nur ein meine Liebe! Früher oder später wirst du sehen was du von deiner Windbeutelei hast!"

Lieber später, als früher, dachte ich! Dass die Katastrophe nicht mehr abwendbar war, wusste ich ja noch nicht. Die folgenden Nächte schlief ich wenig bis gar nicht, nicht dass ich es nötig hatte, aber die Bedenken wieder zu ihm zu fahren, ihn wieder zu sehen, hielten mich wach und zerrissen mich. Ich meldete mich nicht bei ihm, machte ihm keine Hoffnungen, nur um mich selbst zurück zu halten und um meine eigenen Erwartungen an unsere Geschichte nicht zu groß werden zu lassen. Eigentlich sollte ich gar keine Erwartungen haben, aber ich hatte sie, weil er mir das Gefühl gab Mensch zu sein, ein Mensch der gebraucht wurde und zwar nicht nur von Schafen und einem Kater.

Dieses Gefühl in meinem Bauch war stärker als mein Kopf, es bereitete mir Bauchschmerzen, ließ mich schweben und zur gleichen Zeit weinen.
„Was ist denn mit dir?", fragte Calidus als ich mir an einem Abend Tränen aus den Augen wischte und zusammen gerollt auf dem Bett lag.
„Ich weiß nicht, es überkommt mich einfach", erklärte ich. „Ich kann es nicht abschalten"
„Emotionen, Chloe, sie kontrollieren dich!", meinte er. „Das ist seine Schuld!"
„Nein es ist allein meine Schuld", sagte ich.
„Ich denke du vermisst ihn und hast dieses Ding, wie nennen das die Menschen?", fragte er.
„Liebeskummer?", fragte ich, da es das einzige war was mir dazu einfiel.
„Ja, das könnte es sein", sagte Calidus und fuhr sich mit der Pfote über seine Ohren.
Der kleine Zettel kam vom Fensterbrett herüber geflogen und tätschelte leise raschelnd mein Ohr. Es kitzelte mich und grinsend drehte ich mich auf den Rücken und atmete tief durch.

Wir lieben nicht. Das war ein großes Aber was meinen vagen Verdacht zum Thema Liebeskummer ins Dunkel stürzte. Es war einfach nicht möglich. Daran dachte ich auch noch, als ich Holly am Montag Vormittag an der Schule absetzte, ihre Jacke schloss, ihren kleinen Koffer abgab und ihr den Rucksack aufsetzte.
„Viel Spaß in London", sagte ich und küsste ihre Wange. „Du wirst mir fehlen", flüsterte ich ihr zu.
Sie grinste nur und winkte mir zum Abschied, zog aber die Nase kraus als Oliver Cooper zu uns trat. Eilig gesellte sie sich zu einigen Mädchen.
„Passen Sie gut auf sie auf!", sagte ich zu ihm und winkte Holly als sie in den Bus stieg.
„Selbstverständlich", murrte er. „Als ob ich je etwas anderes tun würde!", sagte er. Ich drehte mich zu ihm und verkniff mir ein hässliches Lachen. Ich war mir absolut nicht sicher, ob die Kinder bei ihm in guten Händen waren.
„Nur damit Sie es wissen, ich würde Ihnen nicht mal meinen Goldfisch anvertrauen", sagte ich.
„Sie haben einen Goldfisch?"
„Nein!"
„Dann brauchen Sie sich auch keine Sorgen machen", sagte er. „Sagen Sie bitte Ann einen lieben Gruß von mir!"
Ganz bestimmt nicht! Ich wartete bis der Bus abgefahren war und begab mich dann, nachdem ich den zeternden Calidus bei Hazel abgegeben hatte, auf meine eigene ungewisse Reise. 

Feuermond | Johnny Depp Fan-FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt