3.2 Fragen und Antworten

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°°oCo°°

Dass ich einen funktionierenden Wecker hatte, interessierte den Hahn, der überlaut kikerikiete und halb Großbritannien aus den Betten schmiss, keineswegs. Er saß auf unserem Dach und kreischte – gefühlte drei Stunden zu früh. Ich rollte mich aus dem Bett, rannte durch das Haus, nahm ein Handtuch mit und marschierte auf den Rasen, auf dem in passender Entfernung zum Dach drei Tennisbälle lagen. Höchstens einer der Bälle flog auch nur in die Nähe des Hahns, der gänzlich unbeeindruckt von mir war und sich nicht stören ließ. Calidus meinte, dass meine „Mädchen-Wurftechnik" (wie er es nannte) eindeutig die falsche sei das Problem zu beheben. Aber dass er Höhenangst hatte und sich nicht auf das Dach wagte, um den Hahn zu verjagen, stand absolut nie zur Debatte. Angsthase – Kater!

Nachdem es mir erneut nicht gelang den Hahn zu verjagen, lief ich die wenigen Schritte zum Seeufer hinunter, dann direkt auf den schmalen Holzsteg, der noch verschlafen von dünnem Nebel umschlichen da lag. Hinter der weißen Wand aus Wolken war die Sonne zu erahnen und wenn sich der Nebel im Laufe des Vormittags löste, gäbe es noch einen fantastischen Frühlingstag.

Meinen Pyjama ließ ich am Ende des Stegs liegen, begab mich kopfüber ins Wasser. Ich genoss die eisige Frische des Wassers, die kleinen Bläschen die über meine Haut hüpften und die Energie die durch und in meinen Körper floss. Nach sechs kräftigen Zügen unter Wasser, tauchte ich wieder auf, darauf bedacht nicht zu lange zu tauchen, falls neugierige Nachbarn in der Nähe waren.

Als ich nach wenigen Minuten den Steg erreichte, erwartete mich Calidus.

„Dreh dich um", verlangte ich.

„Ich bin eine Katze!"

„Ein Kater!"

„Aber Chloe..."

„Calidus, ich schmeiße dich ohne zu Zögern in den See wenn du dich nicht umdrehst" Langsam wandte er sich dem Haus zu und ich konnte mich unbeobachtet am Holz aus dem Wasser ziehen.

„Du bist eine schöne Frau und solltest dich nicht verstecken"

„Schleimer! Was willst du?", fragte ich und wickelte mich in ein Handtuch ehe wir gemeinsam über die Terrasse ins Haus zurückkehrten.

„Ich möchte, dass du mich mit ins Café nimmst und mir etwas von deinem Schinken abgibst"

„Wenn es weiter nichts ist!"

„Ach und möglicherweise können wir etwas über dein zukünftiges Problem in Erfahrung bringen, ich habe da so eine Vorahnung"

„Ich dachte wir behandeln die Sache mehr oder minder passiv?"

„Du wirst doch nichts gegen minimale Maßnahmen haben?"

„Gewiss nicht", grummelte ich und sah wie er die Treppe hinauf eilte um zu schauen ob Holly bereits munter war. Meistens war sie auf bevor der Hahn krähte und das jeden Tag. Schon manchmal fragte ich mich, ob sie in der Nacht überhaupt ein Auge zu tat, sehr oft fiel ein feiner Strahl Licht durch das Schlüsselloch und den Türschlitz am Boden.

Calidus fand das außerordentlich normal („sie ist jung"), ich allerdings nicht, denn ich hatte die Befürchtung, dass sie statt in der Nacht tagsüber während des Unterrichts schlief. Das wäre weder für ihr soziales Leben noch für ihre Gesundheit förderlich. Dass sich ihr Lehrer bis jetzt nicht bei mir gemeldet hatte, beruhigte mich ein wenig. Ich hoffte es war nur eine Phase, die sie alsbald überstand.

Holly wartete bereits auf mich, kraulte Calidus den Nacken als ich aus dem Bad kam, einen rußfarbenen Pullover überziehend. „Lass uns frühstücken gehen", sagte ich und reichte ihr eine Jacke.

Unser Stammplatz lag in einer Nische neben dem Fenster und war glücklicherweise noch frei, da hier irgendwie jeder seinen Stammplatz hatte. Natürlich saß man so, dass man den neusten Tratsch bestmöglich hören, umdeuten und weiter verbreiten konnte. Heutiges Thema schien neben der gebärfreudigen Frau aus dem Nachbardorf (sieben oder acht Kinder) der Fremde im Cottage zu sein.

Holly rutschte mir gegenüber auf ihren Platz, während Calidus aus meiner Tasche schlüpfte und sich brav setzte. Zu achtzig Prozent benahm er sich wie ein Hund. Dass er sich benahm war Voraussetzung dafür, dass ich ihn mitnahm, ebenso dass er sein vorlautes Mundwerk hielt, ruhig blieb und so tat als sei er nicht da. Es war unüblich einen Kater mit in ein Café zu bringen und das dachten neben Holly auch alle anderen.

Was sollte ich tun? Calidus steckte im Körper eines Katers und war wie ein Bruder für mich, ich konnte ihm kaum etwas abschlagen, was zum größten Teil auf Gegenseitigkeit beruhte. Außerdem waren wir ein Team und hielten zusammen, komme was wolle. Als nächstes kam unser Frühstück, typisch Britisch und vor allem gewöhnungsbedürftig. Den Schinken, noch warm, legte ich vor Calidus' Pfoten auf eine Serviette.

„Du bist komisch!", sagte Holly, die uns misstrauisch beäugte und an ihrem Kakao nippte.

„Ich weiß!", sagte ich lächelnd.

‚Lass dir das von der kleinen Göre nicht gefallen, Chloe, du bist der Chef!', meinte Calidus unverzüglich.

‚Und du lässt es gefälligst deine parapsychischen Kräfte in der Öffentlichkeit mit mir zu messen, das kann ich hier wirklich nicht gebrauchen', gab ich zurück und hoffte er würde es in Zukunft lassen eine gedankliche Verbindung zwischen uns herzustellen.

‚Er kommt – dein dezentes Problem ist auf den Weg hier her'

‚Woher weißt du das?'

‚Ich kann ihn spüren, anscheinend besteht eine Verbindung zwischen euch, er hat eine kräftige Aura. Spürst du ihn denn nicht?'

‚Nein verdammt und zwischen uns besteht keine Verbindung, sonst hätte ich ihn längst vor dir bemerkt. Wo ist er, ich kann ihn nicht sehen?', wollte ich wissen während meine Augen systematisch die Umgebung absuchten.

‚Kommt gleich zur Tür rein'

Langsam drehte ich den Kopf in Richtung Tresen, neben dem sich die Tür befand.

‚Bist du sicher?', wollte ich wissen.

‚Ja'

Und dann kam er.

Es wurde still.

‚Los ruf ihn herüber!'


Feuermond | Johnny Depp Fan-FictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt