Felix
Mein Gefühl für die Zeit war bereits komplett verschwunden. Ich wusste nicht, wie lange ich bereits vor dem Klavier saß und keine einzige Melodie spielen konnte. Egal, wie sehr ich es versuchte, ich konnte einfach nicht. Stattdessen kam mir immer wieder Changbin in den Sinn und wie sehr ich ihn vermutlich verletzt hatte. Er hatte mir seine Geschichte anvertraut und was tat ich? Ich warf ihn heraus und hatte ihn noch dazu aus meinem Leben geworfen. Alles in mir sagte, dass es falsch gewesen war und dass ich womöglich den größten Fehler begangen hatte, den man nur machen konnte.
Aber ich traute mich nicht, ihm etwas zu schreiben, ihn zu mir zu holen. Ich hatte Angst, dass er mich nun verabscheute, genauso wie alle anderen. Ich hatte Angst davor, dass er mich anschreien würde, was für ein schlechter Mensch ich doch war. Aber ja, es stimmte. Ich war ein schlechter Mensch, der keine Freunde verdient hatte und so kam es sogar dazu, dass ich jede einzelne Nachricht von Chan ignorierte. Es waren vermutlich schon ein paar Tage vergangen und in diesen Tagen stand er oft vor meiner Tür - aber öffnen tat ich sie nie. Und das würde ich auch nicht mehr.
Das Studium hatte ich auch seitdem nicht mehr besucht. Ich hatte zu sehr Angst davor, dass mir Changbin über den Weg laufen könnte. Denn vermutlich würde ich ihm dann um den Hals fallen und mich tausendmal entschuldigen und einfach alles sagen, was mir auf der Seele lag. Aber das konnte ich nun nicht mehr tun, weil ich ihn verloren hatte. Und das nur wegen dieser verdammten Angst und dieser Unsicherheit, die ich seit Jahren nicht ablegen konnte. Changbin verdiente jemand besseren. Jemand, der auch zu ihm passte und kein völlig isolierter Mensch war. Ich hatte ihn nicht verdient.
Diese Tatsache brachte mich wieder zum Weinen und langsam wusste ich wirklich nicht mehr, wie oft und wie lange ich schon am weinen war. Alles kam wieder auf mich zu. Die Gedanken schienen mich aufzufressen und ich war zu nichts in der Lage. Langsam bewegte ich ein Finger auf das Klavier zu und spielte einen einfachen Ton, der mich aber direkt wieder aufschluchzen ließ. Denn es war der Ton, den ich gespielt hatte, als Changbin das erste Mal bei mir war, als er mir das Notenbuch geschenkt hatte, welches ich in eine Schublade legen musste, weil es mich zu sehr an ihn erinnerte.
Ich war so jämmerlich geworden - so erbärmlich. Niemals wieder würde ich irgendwie raus gehen und wenn, dann nur um mir Essen zu kaufen und danach würde ich mich schnell wieder einschließen. Ich hatte Changbin verletzt und das würde ich mir niemals verzeihen. Ich war so ein schlechter Mensch. Einer, der nicht zu sich und seinen Gefühlen stehen konnte und welcher Angst hatte, von anderen geliebt zu werden. Und je mehr ich über mich selbst nachdachte, desto mehr kam ein Gefühl auf, was ich tatsächlich kein einziges Mal verspürt hatte. Und es war Hass.
Denn ich hasste mich dafür, dass ich so war, wie ich war.
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𝐒𝐲𝐦𝐩𝐡𝐨𝐧𝐢𝐞 𝐝𝐞𝐫 𝐋𝐢𝐞𝐛𝐞 ✦ 𝖢𝖧𝖠𝖭𝖦𝖫𝖨𝖷
FanficEin Autor und ein Musiker - füreinander bestimmt, ohne es zu wissen. Für sein neues Buch braucht Changbin eine Inspiration, eine Muse. Denn der Charakter seines Buches ist das komplette Gegenteil von Changbin's Persönlichkeit. Eines Tages trifft e...