Kapitel 32

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Ich setzte mich langsam auf. Das Kabel der Infusion, die sie mir ebenfalls gegeben haben, baumelte neben mir.

„Mensch Lia was soll ich bloß mit dir machen?" sagte sie und zog den Stuhl zu mir rann. Ich schluckte.
„Es tut mir leid." murmelte ich. Sie zog eine Augenbraue hoch.
„Es war nicht korrekt, dass du dich in eine lebensgefährliche Situation gebracht hast, aber ich kann verstehen, dass das Verhalten von Luisa für dich nicht okay war.

„Nicht okay? Sie hat gesagt ich soll woanders sterben gehen!" rief ich aufgebracht. Ihre Augen weiteten sich.
„Warte, dass hat sie gesagt?" fragte sie überrascht. Ich nickte.

„Sie meinte nur, dass sie gesagt, dass es besser wäre, du solltest zunehmen und hier nicht richtig behandelt werden könntest." sagte sie überlegend.

„Ich schüttelte den Kopf. Nein Luisa hat das nie gesagt." antwortete ich.
„Das ändert natürlich deine Lage. Aber ich möchte dir keine Predigt halten, sondern fragen wie es dir geht." sagte sie. Sie schaute mich eindringlich an. Sie wollte die Wahrheit. Ich seufzte.
„Was denken Sie denn, wie es mir geht?" fragte ich.
„Lia darf ich dir eine Frage stellen?" fragte sie mich, anstatt zu antworten.
„Nur zu."
„Willst du nicht mehr leben?" ihr Blick war haftend.
„Keine Ahnung, aber dieses Leben habe ich mir nicht so vorgestellt. Ich wollte dünn und hübsch sein. Ich wollte eine gute Tochter und Schülerin sein. Gut in etwas sein. Aber all dies bin ich nicht. Ich bin einfach eine Enttäuschung." antwortete ich.

„Du hast recht Lia dünn bist du nicht. Du bist abgemagert. Deine Noten sinken, weil du nichts anderes als Kalorien im Kopf hast. Aber das heißt nicht dass du es nicht sein kannst." sagte sie.
Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen.
„Aber wie soll ich jemals all das erfüllen Frau Dohrmann ?" sagte ich leise. Sie lächelte.

„Fang an zu leben Lia. Wir werden das zusammen schaffen, auch wenn es lange dauern wird. Für mich bist du kein hoffnungsloser Fall, sondern ein ungeschliffener Diamant." sagte sie und schenkte mir ein Lächeln.

Ich schniefte.
„A-Also um auf ihre Frage zurück zukommen, nein mir geht es nicht gut. Ich hasse mich. Und ich sehe keinen Sinn mehr warum ich überhaupt noch lebe. Ich habe keine Angst mehr davor, ob ich früher oder später, an der Krankheit sterben werde. Aber das macht mir Angst!" sagte ich ehrlich. Ich spielte am Verband herum.

„War das heute?" fragte sie, vorauf ich nur wortlos nickte. Sie seufzte.
„Du hast eigentlich keinen Grund dich selbst so zu zerstören. Hinter dir stehen so viele Menschen, die dich lieben und wertschätzen. Ich werde veranlassen, dass du hier psychisch gut betreut wirst, bis du wieder in unsere Klinik kannst. Aber mit den Gewicht können wir dir nicht helfen. Probiere die 5kg aus. Stell dir vor, in dir wachsen wunderschöne Blumen, die ohne Nahrung eingehen würden." sie nahm mich in den Arm.

Ich kicherte.
„Vielleicht ist das machbar. Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar." ich lächelte.

Kurz danach ging sie und ich wollte erstmal schlafen. Ich glaube das tut mir gut.

Mitten in meinen Traum wurde ich auf die sanfteste und schönste Weise geweckt.
Ich kannte diese Lippen, die perfekt zu meinen passten. Gerade als er seine Lippen von meinen lösen wollte, umfasste ich mit meiner Hand seinen Kopf. Ich wollte Aidens Nähe spüren. Ich lächelte leicht.
Ich öffnete meine Augen und zwei meerblaue Augen schauten mich an.

„Auch hallo." sagte ich müde. Er setzte sich auf mein Bett.
„Hab ich dich geweckt?" fragte er. Ich nickte.
„Aber angenehm. Woher weißt du eigentlich, dass ich hier bin?" fragte ich ihn und kuschelte mich an ihn.
„Ach da war so ein verrücktes Mädchen, dass mich auf den Weg zur Uni angerufen hat und sagte du seist abgehauen und sie bräuchte meine Hilfe. Und dann fanden wir dich im Wald." er unterbrach sich und schaute nach unten.
Ich sah seine glasigen Augen. Aiden unterdrückte sonst immer seine Gefühle.
„Weißt du wie sich das anfühlt? Dich halb verhungert aufzufinden und das du anschließend von Maschinen am Leben erhalten wirst?" seine Stimme zitterte.
Ich musste kräftig schlucken. Es nahm mich einfach mit.

„Ich wollte dir nicht weh tun. Warum tue ich dir immer weh?" ich lehnte mein Gesicht an seine Schulter.

„Du tust mir doch nicht immer weh und wenn nie mit Absicht. Aber es ist eher meine Ohnmacht, die mich fertig macht, da ich einfach machtlos gegen die Krankheit bin." sagte er.
Er nahm mich in den Arm.

„Lia wann kämpft du für dich?" Aiden schaute mich an. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ehrlich gesagt sehe ich darin nicht wirklich einen Sinn." sagte ich leise. Ich verschwieg ihn ein großen Teil.
„Warum nicht Lia? Was ist passiert, dass du dich so verloren hast?" sagte er wehleidig.
Ich biss mir auf die Lippe.

„Es war damals. Ich habe die ja von meiner besten Freundin,Tyler, erzählt. Und Felix...hast du ja kennengelernt. Es war alles wegen einer unerwiderten Liebe. Jeder hasste mich aufgrund ihrer Gerüchte. Sie beleidigte mich und stalkte mich regelrecht. Sie wollte mich am Boden sehen. Sie nannte mich Veräterin, schlechteste Freundin, fett und hässlich. Und irgendwann gab ich auf gegen sie anzukämpfen und glaubte es. Seitdem bin ich einfach nicht mehr die selbe." ich wollte ihn alles erzählen aber das tat weh.

„ Hat sie dich zu irgendwas gedrängt?" fragte er.
Ich nickte. „Zu genügend. Sie hat mich mehrmals gedemütigt. Aber das war ja nicht mal das schlimmste." sagte ich und schnaubte.
„Sie hat mich meinen schlimmsten Ängsten ausgesetzt." sagte ich leise.

„Deine schlimmsten Ängste?" Aiden schaute mich kritisch an.

„Dunkelheit. Eingesperrt in einen stockdunklen Raum. Für Stunden." sagte ich.
Aiden schaute mich fassungslos an. Als würde er mir nicht glauben.

„Warum tut man jemanden bloß sowas an?!" sagte er aufgebracht.  Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Angeblich macht sie sowas öfters." sagte ich.
„Aber das ist noch lange kein Grund es zu tolerieren!" sagte er ernst.

„Man es machtlos. Bist du einmal in ihren Fäden, kommst du schwer raus." sagte ich gefühllos.

„Aber Schatz. Sie ist nicht mehr hier. Du bist jetzt sicher vor ihr." sagte er. Ich schüttelte energisch den Kopf.

„Nachdem Felix aufgetaucht ist wusste ich, dass etwas nicht stimmt." sagte ich und rieb mir die Schläfen.

„Lia hast du gemacht?" sagte Aiden und zog mein Handgelenk zu sich, wobei ich fast aufschrie. Wie dumm bin ich eigentlich! Er sollte es doch gar nicht erfahren!
Panik stieg in mir auf.

„Das ist nichts." log ich, aber ich wusste es würde nichts bringen.
„Hast du das schon öfters gemacht?" fragte er direkt.

„Was meinst du?" sagte ich leise.
„Verkauf mich doch nicht für blöd! Lia sich selbst zu verletzten, ist kein Weg der Besserung!" sagte er leicht aufgebracht.

„Das weiß ich! Und nein nicht in der Art." sagte ich. Er seufzte.
„Was heißt das genau?" fragte er.

„Aiden das spielt keine Rolle. Selbst wenn ich blaue Flecken oder am Ende Narben mit mir trage, es sind Zeichen meines Kampfes. Auch wenn es nicht der schlauste Weg für die ist." sagte ich.

Aiden stand auf. Ich schaute ihn irritiert an.
„So geht das nicht weiter Lia. Ich liege Nächte lang wach, weil ich Angst habe, dass jeden Augenblick stirbst und dir scheint das vollkommen egal zu sein!" sagte er und schaute mich traurig an.

„Es ist mein verdammtes Leben, aber ich kann nichts ändern!" sagte ich wütend.

„Nein Lia. Du willst nichts ändern, das ist ein großer Unterschied." warf er mir vor.

„Das stimmt überhaupt nicht! Warum mache ich hier wohl den ganzen Scheiß?!" rief ich.

Ich lachte verächtlich auf. „Da siehst du es. Wenn du gesund werden als Scheiße empfindet, dann willst du nicht. Möchtest du wirklich ewig in diesem Zustand sein? Wenn ja, weiß ich nicht ob ich bei dir bleiben kann." sagte er und ging.

Ich saß wie angewurzelt da und starrte ihm hinterher. Ist das tatsächlich gerade passiert?

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Hello people! 🐢

Ja neues Kapitel ist am Start, hihi.
Denkt ihr Aiden hat recht oder beschuldigt er Lia zu unrecht?
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen ☺️🙈

Liebe Grüße Rike ❤️🐥

Perfect for you! [Geschichte einer Magersucht]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt