Kapitel 25

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Es war abends und Medienzeit. Also nahm ich mein Handy und machte es mir auf dem Sessel im Gruppenraum gemütlich. Ich tippte Aidens Nummer ein.
„Hallo?" hörte ich einen müden Aiden.
„Hey ich bin's. Hab ich dich geweckt?" fragte vorsichtig.
„Ja aber kein Problem. In einer halben Stunde wollte ich eh aufstehen. Der Schichtdienst ist härter als gedacht. Aber warum rufst du mich an?" sagte er und gähnte.
„Ich muss mit dir reden. Also nicht per Telefon. Es geht um deine Schwester und ich will das jetzt hier nicht laut sagen." sagte ich und ich wusste meine Stimme klang ängstlich.
„Ist was passiert ?" fragte er verwundert.
„ Kann man so sagen.Ich möchte wissen ob es stimmt." sagte ich. Das ich was ausließ muss er ja jetzt noch nicht wissen.
„Gut ich komme morgen vorbei. Wenn ich was aus dem Weg räumen kann , was dich bedrückt, dann tue ich alles was in meiner Macht steht." sagte er sanft. Ich lächelte.
„Wie süß. Was wäre ich wohl ohne dich?" sagte ich und kicherte.
„Ich liebe dich." sagte Aiden und ich musste sofort grinsen.
„Ich dich auch." sagte ich und strahlte. Auch nach all den kaputten Tagen brachte er mich zum Lächeln. Ich telefonierte noch eine Weile mit ihm, bis meine Medienzeit zu Ende war. Danach war die Teerunde, wovor ich mich schon fürchtete. Ich lief die Treppe runter zum Speisesaal und nahm mir ein Glas und schenkte mir Wasser ein. Langsam lief ich zum Tisch. Die anderen Mädchen saßen auch schon da.
„Heute wird es wieder schwierig." meinte Mell und klopfte mit ihren Fingernägeln auf den Tisch. Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Wieso?" fragte ich und hielt mein Glas krampfhaft fest.
„Heute ist Snackabend und das fällt mir besonders schwer." meinte Mell.
Ich schluckte. Das habe ich total vergessen!
Pfleger Denis kam mit unseren Snacks raus und ich wurde ganz panisch. Das letzte mal habe ich mich so lange geweigert, bis ich etwas anderes bekommen habe, doch das ist jetzt nicht möglich. Jess, die neben mir saß bemerkte meine Angst und nahm meine Hand.
„Du schaffst das Lia. Wir sind für dich da." sagte sie und lächelte. Die anderen nickten mir zu.
Denis stellte mir meine Zwischenmahlzeit hin. „Keine Tricks Lia." sagte er kalt. Er ging auf seinen Platz. Wenn er noch länger neben mir gestanden wäre, hätte ich ihn für diesen Spruch ein Auge ausgekratzt.
Ich schaute auf meine Zwischenmahlzeit und bekam noch mehr Panik. Sechs Oreo-Kekse starrten mich an. Dieser Druck war einfach zu viel. Das einzige was hilf was Jess neben mir, die meine Hand drückte.
Die Kekse verschwammen vor meinen Augen und zu ihnen gesellten sich kleine durchsichtige Tropfen, die von meinen Wangen liefen.
„Komm kurz mit Lia." flüsterte Jess zu mir. Sie zog mich einfach mit, gegen den Protest von Denis. Wir standen vor dem Speisesaal und Jess nahm mich in den Arm.
„Lia ich weiß es ist verdammt schwer, aber die Kekse wollen dich nicht ärgern. Sieh mal ich esse täglich ein paar Kekse und bin ich dick?" sagte sie, worauf ich den Kopf schüttelte.
„Na siehst du und du wirst von einmal ein paar Keksen dick. Kekse sind deine Freunde." sagte sie und grinste. Worauf ich lachen musste. Ich wischte mir über die Augen.
„Danke Jess." sagte ich und drückte ihre Hand.
Jess hat es geschafft mir etwas Angst zu nehmen. Also probierte ich die Kekse zu essen. Denis guckte ziemlich sauer als wir wieder reinkamen. Jess erklärte ihm, dass sie mir nur helfen wollte.
Ich nahm ein Keks in die Hand und teilte ihn. Ich musste erstmal ein Gefühl dafür wieder bekommen. Vorsichtig bis ich ab. Ein ganz komisches Gefühl bekam ich dabei. Erinnerungen und Angst, aber auch stolz, dass ich in den Keks gebissen habe.
„Das hast du toll gemacht Süße! Du hast fast alle Kekse geschafft. Sei stolz auf dich." sagte Jess und knuddelte mich.
„Ich stimme ihr zu." meinte Mia und lächelte.
„Ja dafür, dass es dir noch schwerer fällt als mir, Respekt Lia." sagte Mell.
Ich lächelte.
„Danke, dass ihr alle hinter mir steht." sagte ich. Auch wenn es innerlich ganz mies aussah, wollte ich die anderen nicht enttäuschen.
Ich glaube nicht, dass ich es für mich gemacht habe.

Bedrückt ging ich in mein Zimmer. Jess war noch nicht da.
Am liebsten würde ich die Kekse wieder los werden aber das hat keinen Sinn. Ich putzte mir die Zähne um diesen fettigen und süßen Geschmack aus den Mund auszuspülen. Mir liefen die Tränen dabei die Wangen runter.
Ich kann das einfach nicht. Warum habe ich das bloß gemacht? Wieso habe ich mich drauf eingelassen? Ich bin so blöd.
Bestrafe dich Lia! Du hast es nicht anders verdient!
Hallte eine Stimme in meinen Kopf, der ich nachgehen wollte. Auf den Waschbecken lag eine Haarnadel von mir. Ich nahm sie und setzte mich auf den Boden. Eine Weile beobachtete ich einfach nur die Haarnadel in meiner Hand.
Ich fuhr erst ganz sanft mit ihr über den Arm. Dann stärker bis ich ein wenig Schmerz spürte.
Als ich noch heftiger drücken wollte, nahm jemand meine Hand und entnahm mir die Haarnadel aus der Hand. Eine andere Person nahm mich hoch und trug mich zu meinen Bett.
Meine Sicht war durch die Tränen sehr verschwommen. Irgendwie konnte ich kaum was wahrnehmen. Ich war wie in einer Trance.
Sanft wurde ich abgesetzt und jemand setzte sich neben mich.
„Jess." sagte ich zaghaft. Ihre Augen guckte mich traurig an und nahm mich in den Arm.
„Ich wusste etwas stimmt nicht. Also habe ich Julien Bescheid gesagt. Tut mir leid." sagte sie und streichelte mir über den Rücken.
„Ist schon okay. Danke dass du es gemacht hast." sagte ich.
Julien kam wieder ins Zimmer mit Verbandzeugs.
„Tut mir leid." murmelte ich, als er sich vor mich hinkniete und mein Unterarm betrachtete.
„Ich weiß, dass dir das schwer fällt, dennoch ist dies keine Lösung Lia. Zum Glück ist es nur oberflächlich." sagte Julien und verband meinen Arm.
Als er fertig war verließ er das Zimmer.
„Lia ich möchte dir etwas zeigen." sagte  Jess. Ich nickte.
„Ich bin nicht stolz darauf, aber ich bin kein Vorbild. Ich will nicht, dass du dir das selbe antust." sie zog beide Seiten ihrer Ärmel hoch. Ich guckte sie erschrocken an. Sie waren übersät mit Narben.
„Ich folgte der Stimme viel zu lange." sagte sie traurig.
„Wolltest du damals dir das Leben nehmen?" fragte ich zaghaft. Sie nickte und zog ihre Armbanduhr ab. Darunter kam eine weitere Narbe zum Vorschein.
„Oh Jess. Das wusste ich nicht. Tut mir leid, wenn ich dich damit getriggert habe." sagte ich getroffen. Sie schüttelte den Kopf.
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich habe es dir nicht erzählt. Ich weiß der Selbsthass ist groß, dass es bringt nichts ihn nachzugehen. Man wird es nur bereuen." sagte sie und nahm mich in den Arm.
Was wäre ich wohl ohne Jess. Sie hat recht. Ich muss einiges Umdenken. Aber wie?
Vielleicht kann mir Aiden helfen.

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Hey ihr Lieben!🐣

Nachdem ich meine Klausuren endlich hinter mir habe , kann ich auch wieder schreiben. Ich weiß das Kapitel ist nicht lang aber es steckt viel Gefühl mit drin. Passt auf den Trigger auf! Ich weiß SV scheint manchmal als Ausweg aber das ist er nicht! Glaubt mir das habe ich selber erfahren müssen. Und das nicht mir einmal.

Ich wünsche euch schöne Ostern!

Liebe Grüße Rike 🐥❤️

Perfect for you! [Geschichte einer Magersucht]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt