Auf der Flucht

492 11 0
                                    

Orientierungslos hetzte Leo die dunklen Straßen entlang. Immer wieder ein Blick nach hinten. Er holte auf.

"Scheiße, scheiße, scheiße," fluchte Leo in Gedanken. "Warum musste ich auch deses fuck Portemonaie klauen?" Wieder der Blick nach hinten, wahrend Leo vorwärts stolperte. Die Beine versagten langsam ihren Dienst, die Lungenflügel brannten, während der bullige und extrem wütende Verfolger aufholte. Kein Wunder - die Geldbörse war dick. Sicher befand sich eine menge Geld darin. Und Leo hatte einfach nicht widerstehen können. Hatte es mitgenommen und war dann geflohen. Dabei war es ein ganz klarer Auftrag gewesen: "Geb das Päckchen ab und komm wieder her." Genau das hatte Mirko gesagt. Mehr nicht. Leo steckte gerade ganz schön in der Klemme. Wieder stolperte Leo, konnte sich nur mühsam fangen, als diese Gedanken im Kopf routierten. Und noch was hatte Mirko immer gesagt: "Lasst euch nie erwischen. Sonst seid ihr auf euch gestellt. Und macht einer 's Maul auf, war es das Letzte, was er gesagt hat." Keiner brauchte zu fragen, was Mirko damit meinte. Sie alle wussten, dass er abgebrüht genug war, um sie dann kalt zu machen. Doch das würde der Verfolger auch machen, wenn er Leo in die Finger kriegen würde.

"Bleib stehn, du Hurensohn," schrie der Kerl, der immer mehr aufholte. Leo hatte nicht mal eine Ahnung, wie der Kerl hieß. Da vorne, da begann die Einkaufspassage. Sie war zwar um diese Uhrzeit menschenleer, aber vielleicht hätte noch eine Kneipe offen, in der sich Leo verstecken könnte. Ohne auf den Verkehr zu achten, mit der Annahme um zwei Uhr nachts könnte kein Auto unterwegs sein, sprintete Leo los. Mitten auf die Straße, um auf die andere Seite zu gelangen. Die erste Hälfte war geschafft, als Leos Kopf wieder links über die Schulter nach hinten ging. Auch der bullige Kerl war nun auf die Straße gerannt und Angst mobilisierte das Adrenalin in Leo, als mehrere Dinge auf einmal passierten. Reifen quietschen, Scheinwerferlicht blendeten worauf Leo den Kopf nach rechts drehte und vor Schreck erstarrte. Dieser kurze Schockmoment hatte gereicht und Leo wurde am Kragen des Shirts gepackt und auf die Straße geschleudert.

Vier Personen saßen in dem Auto. Vier Jungs, die gerade von einem Dreh kamen und eigentlich nur nach Hause wollten, um dort weiter zu arbeiten. Es war wie so oft viel zu spät geworden. Und eigentlich wollten Passi, Thomas, Julien und Marius schon längst an ihren Rechnern sitzen, um das aufgenommen Material zu schneiden und zu bearbeiten.

"Ich würde sagen, wir ziehen alles auf die Rechner und arbeiten morgen weiter," entschied Julien, der der eigentliche Arbeitgeber der drei anderen war. Er war es auch, für den die Jungs gedreht hatten, und dessen Name auf YouTube bekannt war. "Du musst morgen ja nicht mit Marius," fuhr Julien fort, während er sich im Beifahrersitz nach hinten drehte und Marius ansah, der hinter Passi saß, welcher das Fahzeug lenkte. "Dann könntest du schon mal ..."

"Scheiße, ist der bescheuert?" wurde Julien von Passi in seiner Erklärung unterbrochen, als dieser auch schon in die Eisen ging. Julien stützte sich mit der rechten Hand schnell am Fahrersitz ab und drehte seinen Kopf zur Frontscheibe. Er sah, ebenso wie die anderen, einen Jungen, der fast vor Passis Auto stand und frontal erwischt worden wär, hätte ihn nicht ein bulliger Kerl rum gerissen. Doch statt ihm zu helfen warf der Kerl ihn auf den Boden und beugte sich auch gleich über ihn, um auf ihn ein zu schlagen.

"Fuck, was geht denn hier ab?" platzte es irritiert aus Julien, der sich in seinem Sitz umdrehte und sofort abschnallte.

"Der schlägt auf den Jungen ein," kam es geschockt von der Rückbank und alle vier verließen sofort das Fahrzeug.

"Hey, sind sie bescheuert? Lassen sie den Jungen in Ruhe," rief Julien dem Kerl zu.

"Halt dich da raus Kleiner," blaffte der nur und trat noch einmal zu. Man hörte die Aggression, die in dem Kerl steckte, überdeutlich. Wie in Zeitlupe nahm Julien wahr, dass der Junge schützend die Hände vor sein Gesicht hielt und die Angriffe ab zu wehren versuchte.

Auf den zweiten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt