Das passiert, wenn man nicht gehorcht

131 6 0
                                    

"EINE EINFACHE BESCHISSENE AUFGABE," brüllte Mirko und schlug in der Küche erneut auf Leo ein, die schützend die Arme vor den Kopf hielt. Als sie alle gegen fünf Uhr morgens zurück ins Haus gekommen waren hatte Mirko zuerst Kasse gemacht. Was hieß, alle mussten ihr Diebesgut abgeben, genauso wie das Dope, was sie nicht verkauft hatten und das Geld, was sie eingenommen hatten. Dann hatte Mirko alle nach oben geschickt, bis auf Leo. Zuerst wollte er nur wissen, wie es sein konnte, dass Samira abgehauen war. Und jetzt kassierte sie die Strafe dafür, dass die Kleine nicht mehr da war. Die meisten Schläge konnte sie mit ihren Armen ab wehren, dennoch dröhnte ihr der Kopf und ihre Arme wurden schwer, womit der nächste Schlag von Mirko auch ein Volltreffer war. Leo verlor das Gleichgewicht, knallte mit dem rechten Ellbogen gegen die Arbeitsplatte des Unterschrankes und spürte den stechenden Schmerz, der durch ihren Arm sauste, während sie hinfiel. Der erste Tritt ließ sie vor Schmerz schreien, doch das schien Mirko nur noch wütender zu machen.

"WAS GLAUBST DU EIGENTLICH, WER DU BIST? DU BESCHISSENE SCHLAMPE." Der zweite Tritt ließ sie nur noch wimmern und dann hörte sie, wie Mirko den Gürtel aus seiner Hose zog. Schützend schlang sie den linken Arm um ihren Kopf und krümmte sich zusammen, um so wenig Angrifsfläche wie möglich zu bieten. Den rechten Arm konnte sie vor Schmerzen kaum bewegen. Jeder Schlag mit dem Gürtel ließ sie zusammen zucken, bis Mirko von Jan aufgehalten wurde.

"Du kannst sie gerne tot prügeln von mir aus. Aber wer erledigt dann ihren Job?" sagte er ruhig.

"Schaff sie mir aus den Augen," rief Mirko daraufhin und Leo wurde unsanft von Jan hoch gezogen. In gekrümmter Haltung ließ sie sich von ihm aus der Küche sowie durchs Wohnzimmer zerren und in den Flur schubsen, wo sie gegen die Wand prallte und sich an ihr ab stützte. Ihr Magen krampfte sich zusammen und sie musste würgen. Torkelnd ging sie ins kleine Klo und ließ sich vor der Schüssel auf die Knie fallen, nachdem sie die Tür zu gestumpt hatte. Doch bis auf Magensäure kam nichts aus ihr raus. Schwer atmend stützte sie sich mit dem Ellbogen auf die Schüssel und legte ihren Kopf in die Hand ihres halbwegs gesunden linken Armes. Der rechte hing schmerzend an ihrem Körper runter. Sie wusste nicht, ob er gebrochen war. Oder irgend ein anderes Körperteil. Nachdem sich ihr Magen wieder etwas beruhigt hatte ließ sie sich auf ihren Hintern sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen die linke Wand.

Sie überlegte, was ihre Optionen waren. Mirko würde bestimmt wieder ein Mädchen anschleppen, welches Jenny und Marie unterstützen sollte. Und auf Dauer konnte sie nicht alle verschwinden lassen. Mirko war jetzt schon ausgerastet. Nochmal würde er das nicht durch gehen lassen und dann könnte sie auch kein Jan oder Tom retten. Angespannt biss Leo die Zähne zusammen und starrte zur Decke. Sie musste erst mal raus an die frische Luft, um nach zu denken und einen klaren Kopf zu bekommen. Mühsam zog sie sich mit der linken Hand am Waschbecken nach oben. Den Blick in den Spiegel mied sie, da sie ahnte, wie sie aussah. Leise öffnete sie die Tür des Klos und spähte nach draussen. Keiner da und die Tür zum Wohnzimmer war zu. Genauso leise schloss sie die Tür wieder und ging zur Haustür, die sie nicht weniger leise öffnete und schloss, nachdem sie draussen war. Ziellos ging sie erst etwas umher, bis sie sich dann nach fast einer Stunde an den Rhein begab. Mit der linken Hand in der Jackentasche saß sie da und spielte mit den zwei Euro, die sie noch in ihrer Tasche hatte. Das war alles, was sie an Geld hatte.

Der Himmel klarte langsam etwas auf und sie war noch immer genauso schlau, wir wor Beginn, als sie das Haus verlassen hatte. Ein Blick auf ihr Handy verriet ihr, dass es schon nach acht Uhr war. Somit hatte sie noch fast zwei Stunden, bis sie wieder im Haus sein musste, ohne dass ihr Verschwinden Mirko, Jan oder Tom auffallen würde. Die ersten Frühaufsteher und Sportbegeisterten tauchten auf, die am Rhein joggten oder spazieren gingen. Oder sich vielleicht zum Frühstücken in eines der Bistros verkrochen. Als sich eine Gestalt in ihr Sichtfeld schob schrak Leo zusammen und verzog vor Schmerz ihr Gesicht, da sie den rechten Arm ruckartig bewegt hatte.

Auf den zweiten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt