Drohung, Flucht und Täuschung

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Shit, was sollte sie nur machen? Sie konnte sie ihm doch nicht überlassen? In diesem Moment klingelte ihr Handy und erneut erschien Mirkos Name auf dem Display, welches Leo ängstlich ansah. Sollte sie ran gehen? Wenn sie es nicht tat würde er bestimmt noch saurer werden, also nahm sie das Gespräch entgegen.

Sie hielt sich das Gerät ans Ohr und rechnete mit einem Anschiss, der ihr das Trommelfell platzen lassen würde. Doch statt dessen sprach er sie ganz normal an, als wenn nichts gewesen wäre. "Hey Leo, warum bist du denn weg gerannt? Komm zurück, wir machen uns Sorgen um dich."

Verwundert runzelte Leo die Stirn und musste kurz auflachen. "Du wolltest mich an deine Kunden verschachern, genauso wie Jenny und Marie," zischte sie in ihr Handy. Sie war bedacht darauf, nicht zu laut zu sprechen, damit Julien sie nicht hören könnte. Auch wenn er sich augenscheinlich im Erdgeschoss befand, so war sie sich dessen doch nicht hundert prozentig sicher.

"Wir leisten hier alle unseren Teil zu der Gemeinschaft, da ist es doch wohl nicht zuviel verlangt, dass du auch deinen dazu beiträgst," meinte er in einem tadelnden Ton, was Leo schnaufen ließ.

"Ich leiste meinen Beitrag genauso, wie jeder andere von uns auch. Aber ich werde mit Sicherheit nicht mit einem von deinen Kunden vögeln. Das kannst du vergessen!" Sie hatte sich mit dem Po gegen die Fensterbank gelehnt und wippte nervös mit dem rechten Bein.

Nun ertönte ein Lachen aus dem Telefon, das Leo nichts Gutes ahnen ließ. "Weißt du Leo, du sorgst dafür, dass die anderen meinen, man könnte mit sowas bei mir durch kommen. Und das werde ich nicht zu lassen. Also entweder du bewegst deinen Arsch hierher, oder ich werde an deiner kleinen Jenny ein Exempel statuieren müssen."

"Lass Jenny da raus," schrie Leo schon fast, da sie Angst um das blonde Mädchen hatte. Leo wusste schließlich, wozu Mirko fähig war.

"Der Kleinen wird nichts passieren. Vorausgesetzt, du kommst zu uns zurück," meinte er und man hörte die Schadenfreude in seiner Stimme.

Fuck, was sollte Leo nur tun? Wenn sie nicht zu Mirko zurück ging würde sie vor ihm Ruhe haben, aber Jenny ... Leo wollte gar nicht daran denken, was er mit ihr anstellen würde. Kopf schüttelnd atmete sie durch und sprach dann wieder ins Telefon: "Okay, ich komm zurück. Ich bin in ein einhalb Stunden da. Und wehe, du krümmst ihr auch nur ein Haar ...," wollte sie ihm drohen, doch es ertönte wieder ein Lachen von ihm.

"Keine Sorge, deiner kleinen Freundin wird nichts passieren, wenn du wieder kommst. Sobald du da bist lass ich sie wieder frei." Und damit hatte er das Gespräch beendet, ohne dass Leo noch irgendwas erwidern konnte.

Während sie das Handy wieder in ihrer Hosentasche verstaute biss sie sich nervös auf die Unterlippe. Sie hatte Schiss. Sie hatte schon öfters in ihrem Leben Angst gehabt vor dem, was kommen würde, oder vor dem, was gerade passierte. Aber jetzt hatte sie richtig Schiss. Leo wusste, dass Mirko sie nicht einfach so wieder willkommen heißen würde und alles wäre wie vorher. Daher hatte sie auch kein gutes Gefühl, als sie zur Zimmertür gind, diese leise öffnete und nicht weniger leise die Treppen nach unten runter schlich. Durch die ganzen Fenster fiel das Licht der Nacht ins Haus und erhellte alles soweit, dass Leo nicht ihr Handy brauchte, um den Weg zu ihren Schuhen und ihrer Jacke zu finden. Es tat ihr leid, dass sie Julien verlassen musste, ohne es ihm zu erklären. Er war der Erste seit langem gewesen, dem sie vertraut hatte.

Leo schlüpfte in ihre Schuhe und wollte gerade ihre Jacke an ziehen, was ihr allerdings mit dem verbunden Arm schwer fiel, als sie hinter sich ein Räuspern vernahm. Erschrocken drehte sie sich in dem kleinen Flur um und sah Julien nun in Boxershorts in der Tür stehen, der sie fragend und mit hoch gezogenen Brauen ansah.

"Bist du dir sicher, dass du das tun willst?" fragte er sie ruhig.

"Es tut mir leid," erwiderte sie mit gesenktem Kopf. "Mirko hat Jenny in seinem Zimmer eingeschlossen. Ich muss zurück, sonst macht er wer weiß was mit ihr."

Auf den zweiten BlickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt