Kapitel VII.

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Kapitel VII.

Die ganze Nacht quälten mich abertausende Gedanken und dennoch kam ich zu keinem Entschluss. Ich hatte das Gefühl mein Kopf würde platzen und deswegen schob ich irgendwann meine Bettdecke zur Seite und stand auf.

Alasdair schlief mal wieder vor dem Kamin im Wohnzimmer. Ich wusste das ich ihn niemals dazu bringen würde auf dem Sofa zu schlafen und deswegen hatte ich es einfach bleiben gelassen.

Nun schnappte ich mir jedoch meinen Mantel und meine Stiefel, schloss die Tür so leise es ging auf und schlich mich hinaus in die Kälte der Nacht.

Es tat meinem Kopf gut und zum ersten Mal in den letzten Stunden hatte ich das Gefühl wieder frei Denken und frei Atmen zu können.

Das Gras war nass und kalt an meinen nackten Beinen, aber es beruhigte mich und brachte meine erhitzte Haut dazu wieder auf Normaltemperatur zu kommen.

Ich lief ein paar Meter und blieb dann stehen, schob meine kalten Hände in die Taschen meiner Jacke und sah hinauf zum Mond, der mich in seiner vollen Pracht betrachtete.

Ich hatte das Gefühl zunehmend den Kopf zu verlieren und es machte mich wahnsinnig.

Wer war ich schon?

Nun, zumindest wusste ich wann ich sterben würde, dachte ich spöttisch und schüttelte mit dem Kopf um die wirren Gedanken zu verbannen.

Was wussten wir? Was wusste ich? Was wollte ich? So gerne ich hinein gegangen wäre und Alasdair an den Kopf geworfen hätte das er verschwinden und zusehen sollte wie er zurechtkam, so konnte ich es nicht.

Ich war abhängig von ihm, denn mein Herz hatte begonnen an ihm zu hängen. Meinem verrückten Schotten mit den langen Zotteln, dem spöttischen Unterton und dem ungepflegten Bart. Meinem Schotten im Kilt, dem Mann der mich ständig nur Mädchen nannte und der mir versprochen hatte auf mich aufzupassen.

Nur konnte er das auch? Wie sollte er es denn können!?

Wir lebten in einer Hoffnungslosen Situation, einem Ort der nichts mit sich brachte außer Angst und Ungewissheit.

Zumindest wussten wir jetzt das Großmutter tatsächlich in der Vergangenheit gewesen war. Sie hatte dort geheiratet, sie war da gewesen und es musste einen Weg geben Alasdair wieder dorthin zurück zu bringen.

Und ich würde ihm helfen zu diesem Weg zu finden, gehen würde er ihn wohl allein müssen.

Seufzend drehte ich mich herum und lief langsam zurück zu dem kleinen verwitterten Häuschen.

Alasdair schlief nach wie vor tief und fest und ich konnte nicht anders als mich einen Moment zu ihm zu knien und sein schlafendes Gesicht zu betrachten.

Er war nicht klassisch schön oder klassisch attraktiv. Im Gegenteil, sein Kinn war dazu wohl zu markant, die Augenbrauen zu kräftig und die Nase ein wenig zu groß, aber das machte sein Gesicht aus und zusammen mit all den anderen Faktoren wirbelte es sich zu einer faszinierenden Mischung zusammen.

Mit einem lautlosen Seufzen erhob ich mich, warf meinen Mantel auf die Couch und verschwand in meinem Zimmer. Einsamkeit wartete und ich hatte das Gefühl das der Wind vor meinem Fenster ein leises Lied sang.

Ein Lied von Verzweiflung und Einsamkeit, ein Lied von Angst und Hoffnung, ein Lied das mir vielleicht das wiedergeben konnte was ich verloren hatte.

Nämlich meinen Kopf.

Wir fuhren am nächsten Tag erneut zu der Gemeindeverwaltung von Glencoe und durften tatsächlich zurück in das alte Archiv. Wir mussten irgendetwas finden das uns vielleicht einen Tipp für den Weg geben konnte. Irgendetwas das uns einen Anhaltspunkt geben konnte wie Alasdair zurückkommen könnte.

22 Days;Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt