Kapitel XXXIIV.

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Als kleines Dankeschön für die vielen wunderbaren Kommentare (die mich wieder ein wenig aufgebaut haben, vielen Dank!), bekommt ihr schon wieder ein neues Kapitel. :)

Ich hoffe es gefällt euch, jetzt gehts nämlich riiiichtig los! ;)

XXXIV.

(07-08.02.1692)

Wir aßen eingewickelt in warme Stoffe im Bett. Hackbraten, Brot und köstlicher Käse. Dazu mehr als starken Rotwein und eisiger Wind der ums Haus wehte. Ich war tief in Gedanken, dachte über mein Verhalten und Als Schläge nach. Trotz allem … nun ja.
„Hör auf zu grübeln, Jean.“
Mit zusammen gekniffenen Augen sah ich ihn an und nahm ihm ziemlich grob den Becher aus den Händen. „In meiner Zeit gehst du dafür ins Gefängnis.“
„Wir sind nicht in deiner Zeit.“
Tuché. Er hatte mich geschlagen, sein Blick zeigte es mir. Ich war nicht Zuhause, ich war nicht in einer sicheren, friedvollen Welt in der unser einziges Problem die steigenden Benzinpreise und das Outfit für Samstagabend war.
Schnaubend nahm ich einen großen Schluck und hustete danach sogar, der Wein war einfach zu stark für meine Discounter-Wein-verseuchte Zunge.
Seufzend hatten wir uns schließlich in die warmen Bettdecken gekuschelt und schon war die Nacht über uns hinein gebrochen.
Der nächste Tag kam mit Pauken und Trompeten - der 8te Februar 1692. Fünf Tage vor dem geplanten Massaker von Glencoe, der Tag an dem sich Campbell und seine Asseln bei den MacDonalds einnisten wollten.
Wollten. Jetzt war ich hier.

Ich erwachte am Morgen vor ihm, Sonne fiel durch das gegerbte Leder und tauchte Als Schlafzimmer in seichtes Licht.
Ich strich mir träge eine der offenen Strähnen aus dem Gesicht und betrachtete ihn einen Moment. Sein Bart war wieder kürzer gestutzt, er sah mehr als nur attraktiv aus.
Als er die Augen aufschlug, wich ich erschrocken zurück. Als Mundwinkel verzogen sich zu einem gerissenen Grinsen, während er sich ausgiebig streckte.
Ich wusste welche Augenfarbe seine Pupillen hatten und ich wusste auch wie sehr mich diese Farbe regelmäßig von den Socken haute, aber heute … heute war es anders. Viel intensiver, nicht zu beschreiben. Kein Wort der Welt hätte dem gerecht werden können!
„Guten Morgen, meine Schöne“ murmelte er mit einer Stimme die mich stark an ein Reibeisen erinnerte. Er lehnte sich zu mir und gab mir einen hauchfeinen Kuss auf die Stirn. „Nun schau doch nicht so verschreckt, was ist?“
„Nichts?“ kam es langsam und fast schon fragend aus meinem Mund, während er mich grinsend an sich zog.
Wir blieben kuschelnd liegen, ich zog mit dem Zeigefinger gedankenverloren Kreise auf seinem nackten Brustkorb und genoss das Sonnenlicht das geradewegs auf mein Gesicht traf.
„Wann brecht ihr heute auf?“
„Zwei Stunden vor Sonnenuntergang.“ Sein Brustkorb vibrierte leicht und ich versuchte abzuwägen wie lang ich diesen schönen Brustkorb noch lebendig und kerngesund vor mir hatte.
Er durfte nicht sterben, nicht jetzt – nicht nachdem wir uns durch dieses Geflecht gekämpft hatten.

Gegen Mittag kämpften wir uns aus den warmen Laken und begegneten vor dem Haus Massen an Schnee. Er stand sicher ein Meter hoch – mindestens –  und Al nahm sich ohne zu Zögern eine der schweren Schaufeln um einen Weg durch den Fluch zu erkämpfen. Ich zögerte einen Moment, warf dann aber meinen Schal über die Schulter und griff nach der zweiten Schaufel.
„Jean? Was wird das?“
„Schneeschippen“ keuchte ich und sah ihn fragend an, „Nach was sieht es denn aus?“
„Das ist Männerarbeit.“, wandte er altklug ein und sah mich missmutig an.
„Falsch“ schnaufte ich außer Atem, „Das ist Drecksarbeit und die solltest du nicht allein machen.“
Al brummte unwirsch etwas in seinen Bart und wir schafften es in nicht mal einer halben Stunde einen ordentlichen Weg zur kleinen Hauptstraße durchzuschaufeln. Al grüßte ein paar Männer und scherzte mit ihnen, sie grinsten und sahen dann auffällig oft zu mir und ich wurde mir immer sicherer, dass ich das Thema ihres endlosen Amüsements war.
Blödmann.
Als MacIan zu Mittag bat, warf Al einen Blick zum Himmel und rammte dann die Schaufel in den Schnee. „Na komm erst mal, mein Vater will den Tag noch besprechen.“
Unsicher sah ich ihn an und legte meine Schaufel ebenfalls beiseite. „Was bedeutet das?“
„Anweisungen“ seufzte Al und sah den Horizont mit den Augen ab. „Er wird alle treibenden Kräfte zum letzten Mahl vor dem Aufbruch gerufen haben, um alles noch einmal genau anzuordnen. Fehler dürfen wir uns heute nicht erlauben.“
Ich nickte auch wenn ich nicht wirklich wusste wie das alles von statten gehen sollte und schmiegte meine Hand bereitwillig in Als, welcher mir seine hinhielt. Sie war ganz warm und das obwohl er ohne Handschuhe gearbeitet hatte. Verblüffend oder?
Er war selbst wie das Gebirge hier oben. Nein, er war nicht wie das Gebirge, er war es selbst. Jeder hier war es.
MacIans Haus war wieder wunderbar geheizt, das Feuer im Ofen flackerte hell und die Glut funkelte brennend heiß. Der Geruch nach Kräutern und Hoffnung hing in dem großen Holzgebäude und ich hätte am liebsten der Versuchung nachgegeben und mich hier irgendwo zusammen gerollt, in der Hoffnung morgen würde alles noch genauso sein wie es heute gewesen war.
Der Clanchief saß schon am dem mächtigen Holztisch, um ihn herum eine Hand voll Männer die aussahen als verstehen sie keinen Spaß.
Ich entdeckte Donald und Donnan, MacIans Frau Sidheag, Als Brüder, Pàdraig, Filibrath und Uilleam, an welche ich mich zumindest erinnern konnte.
„Ah da seid ihr ja“ brummte MacIan und deutete auf zwei freie Plätze. „Setzt euch und esst, heut stehen keine Regeln.“
Al runzelte die Stirn, ehe er sich langsam setzte. „Wo ist Calum?“
„Kundschaftet den Weg zum Coe im Norden aus.“
Al nickte konzentriert und griff hungrig nach dem Brotkorb, wo er einen breiten Kanten abriss und zweiteilte, ehe er mir ein Stück gab. Butter stand auf dem Tisch, Schinken und getrocknetes Fleisch, Käse und Äpfel, Wasser und Wein.
Während ich mein noch warmes Brot mit der kräftigen Butter beschmierte, verfielen die Männer in heiße Diskussionen über den heutigen Tag und die Vorgehensweise.
Ich ließ mich außen vor, schien sowieso keinen Anteil daran zu haben und widmete mich lieber meinem hungrigen Magen.
„…ist wenn wir uns aufteilen, drei verschiedene Schlachten in einem Krieg, dann hat“ – „MacIan, wie wäre es wenn ihr euch den wichtigeren Dingen zuwendet?“
Abrupt brachen alle Männer ihre Diskussionen ab und sahen MacIans Ehefrau mit großen Augen an. Sie blinzelte nicht mal im Geringsten. „Ihr alle wisst doch ganz genau wie ihr Vorgehen werdet, richtig? Lasst uns lieber über die Dinge sprechen, die noch nicht geklärt sind. Jean? Was sagt ihr dazu?“
Erschrocken sah ich von meinem Brot auf und mit vollem Mund in die Runde. „Iff?“
Sidheag schmunzelte und nickte. „Aye, ihr.“

22 Days;Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt