Kapitel V.
Die Nacht war schrecklich. Ich hatte Angst das Alasdair wieder verschwinden würde, lauschte auf jedes Geräusch das an meine Ohren drang, grübelte über meine Mutter und den Brief meiner Großmutter nach und überlegte fieberhaft ob und wie ich Alasdair sagen sollte, was mir klar geworden war.
Seufzend drehte ich mich und sah einen Moment zum strahlendhellen Mond am Himmel. Was sollte ich nur tun? Ich konnte ihm das nicht einfach sagen, aber war es fair es ihm zu verheimlichen? Nein.
Seufzend schloss ich die Augen, vergrub meine Nase in der Bettdecke und versuchte meine lärmenden Gedanken auszuschalten.
Gleißend helles Licht blendete mich, silbrig und weiß, unerträglich.
Leanaim scáth an fhia is an tseabhaic, Líontar an doire lena héagmais, sang eine leise Stimme die ich noch nie in meinem Leben gehört hatte und die Helligkeit gipfelte in seichtem Nebel, welcher sich langsam löste.
Ich hoffe du bist nicht voller Angst, mein Kind? Sprach eine leise Stimme, dieselbe die soeben gesungen hatte und plötzlich wurde alles in tiefschwarze Dunkelheit gehaucht. Nein, bist du nicht, ich spüre es – du bist tapfer, Jean, ich weiß das. Du solltest mir nun genau zu hören.. Mir war es als spürte ich kühlen Atem an meinem Ohr.
Baum um Baum, Kiefer um Kiefer, Seite um Seite – drei entsteh’n, fühle die Erde, tiefer um tiefer, Gold und verziert, keine Liebe es jemals verliert, Hilfe kommt von allen Ecken, selbst der weiteste Weg darf dich nicht verschrecken.
Mut, mein Herz.
Die drückende Dunkelheit löste sich, die Stimme wurde immer leiser und schließlich war sie weg, genauso wie der Atem, genauso wie die Dunkelheit – und ich schreckte keuchend aus dem Schlaf.
Zitternd holte ich Luft, versuchte mein klopfendes Herz unter Kontrolle zu bekommen und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
„Mädchen!?“ knurrte es von der anderen Seite der Tür, „Alles in Ordnung bei dir?“
Weil ich nicht gleich antwortete, öffnete sich die Tür nur einen Spalt breit und Alasdair warf einen prüfenden Blick hinein. „Mädchen?“
„Ja“ murmelte ich zerstreut und sah ihn fragend an. Er schien unsicher, kam dann aber zaghaft näher. „Alles in Ordnung? Du hast geschrien.“
Hatte ich? Gott, das alles machte mich so wahnsinnig. Ich wollte das es aufhörte, ich wollte das er verschwand wo er hingehörte und ich wollte einfach nur wieder nach Hause nach Manchester. In mein altes Leben - auch wenn ich schon jetzt ahnte das ich das nie wieder so tun konnte.
„Ich hab nur schlecht geträumt“ versuchte ich ihn zu beruhigen und sendete ein Lächeln hinterher. Er brummelte irgendetwas und ließ das Messer wieder zurück in seine Messerscheide. „Wenn was ist, ruf.“
Damit war er verschwunden und ich musste zu meiner Schande gestehen dass sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen breit machte.
Dann jedoch erschienen die Worte aus meinem Traum wieder und das Lächeln verschwand schlagartig.
Baum um Baum, Kiefer um Kiefer, Seite um Seite – drei entsteh’n, fühle die Erde, tiefer um tiefer, Gold und verziert, keine Liebe es jemals verliert, Hilfe kommt von allen Ecken, selbst der weiteste Weg darf dich nicht verschrecken.
Was zum Teufel sollte das bedeuten?! Stöhnend griff ich nach meinem Handy, 4:03 – Klasse.
Aufgewühlt wie ich war wusste ich, dass ich nicht mehr würde schlafen können und so schob ich die Decke beiseite und schlich hinaus zur Tür. Vorsichtig öffnete ich sie und tatsächlich lag der Schotte wieder vor genau dieser Tür – nur diesmal war er auch wirklich da und ich heilfroh drüber. „Alasdair?“ flüsterte ich leise in die Dunkelheit und wollte herausfinden ob er schon wieder schlief.

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22 Days;
Historical FictionSchottland war unglaublich schön, vielleicht nicht für jedes Auge - aber vielleicht war es ja deshalb so schön? Wer wusste das schon. Jean war hier hoch gekommen um Urlaub zu machen und herauszufinden was ihre Großmutter Eilidh an dem rauen Land so...